Kommentar Tierschützer kriminalisiert: Den Boten zum Bösen gemacht
Der niedersächsische CDU-Chef Bernd Althusmann bezeichnet Tierschützer als kriminelle Einbrecher. Dabei sollte er ihnen dankbar sein.
D er niedersächsische CDU-Landeschef, der Wirtschaftsminister, der Wurstesser Bernd Althusmann hat das Problem nicht verstanden. In einem Pressestatement spricht er davon, dass die bisherigen Tierschutzmaßnahmen an Schlachthöfen Tierquälereien „leider nicht verhindert“ hätten. Jetzt solle der Staat Verantwortung übernehmen – und nicht diese „kriminellen Einbrecher“. So nennt Althusmann die Tierschützer*innen, die Skandale in drei niedersächsischen Schlachthöfen aufgedeckt haben.
Zur Erinnerung: Mitarbeiter*innen der Veterinärämter sind nicht eingeschritten, wenn Rinder gestrampelt und gebrüllt haben, weil sie offensichtlich nicht ausreichend betäubt waren.
Und Althusmann? Der kritisiert in seinem Statement nicht die Landwirt*innen, die die Milchkühe so verschleißen, dass ihnen die Kraft fehlt, einen einzigen Schritt zu machen. Er kritisiert nicht die Transportunternehmen, die diese Tiere trotzdem in die Schlachthöfe karren. Er kritisiert auch nicht die Schlachthöfe, die die Tiere statt sie noch im Transporter notzuschlachten, bei vollem Bewusstsein an Ketten in den Schlachtraum schleifen. Nein, er kriminalisiert die Tierschützer*innen ohne deren Engagement etwa der Schlachthof in Bad Iburg wohl noch lange nicht geschlossen worden wäre. Dabei sollte er ihnen dankbar sein.
Es ist ein Akt von Zivilcourage, einzuschreiten, wenn staatliche Kontrollen offensichtlich versagen. Es stimmt, das Land Niedersachsen muss die Kontrollmechanismen in den Schlachthöfen verbessern. Ob Videoüberwachung durch die Betriebe selbst dabei hilft, ist fraglich, aber zumindest ein Ansatz. Dass er überhaupt von Politiker*innen diskutiert wird, die sich so offensichtlich auf die Seite der Landwirt*innen und Schlachthofbetreiber*innen schlagen, ist nur dem Einsatz der Tierschützer*innen zu verdanken.
taz Salon zum Thema „Schöner töten“ über Tierschutz in Schlachthöfen am 12. Februar um 19 Uhr in Bremen, Kulturzentrum Lagerhaus
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