Kommentar Thailand: Keine Chance auf Aussöhnung
Thailand droht ein Bürgerkrieg. Der gesellschaftliche Riss geht mitten durch das Militär, die Polizei, durch die Gemeinschaft der buddhistischen Mönche.
Nicola Glass ist Thailand-Korrespondentin der taz.
Thailands politische Zukunft steht auf Messers Schneide. Viele sehen das Land auf einen Bürgerkrieg zusteuern. Die Gefahr besteht durchaus, auch wenn die jetzigen Auseinandersetzungen zwischen beiden rivalisierenden Lagern noch nicht in Massaker ausgeartet sind. Wie sich die Lage in dem zerrissenen Land weiterhin entwickeln wird, hängt weniger von den Demonstranten beider Seiten ab. Sondern eher davon, wie die Anführer der verfeindeten Gruppen die Massen künftig zu mobilisieren gedenken.
Schon in den vergangenen Wochen hatte sich die Tonart verschärft. Immer massiver wurden die Angriffe von Sondhi Limthongkul, dem Medienmogul und einem der Hauptanführer der sogenannten Volksallianz für Demokratie (PAD), gegen die zunehmend kopflos agierende Regierung unter Premier Somchai Wongsawat. Und im Gegenzug meldete sich Somchais Schwager, der 2006 vom Militär gestürzte Expremier Thaksin Shinawatra: Er wolle nun zurückkehren und mit seinen Feinden abrechnen, sagt er.
Es ist absehbar, dass sich die verfeindeten Lager auch weiterhin unversöhnlich gegenüberstehen. Denn die Regierungstreuen haben längst erklärt, sich unter einem neuen politischen Banner zu sammeln und einen neuen Premier zu ernennen, als würde sie das Urteil des Verfassungsgerichtes nicht im Mindesten stören. Trifft dieser Fall ein, würde die PAD ihre Proteste wieder aufnehmen. Auch sammeln sich an den Rändern beider Gruppen immer mehr bewaffnete Extremisten.
Damit nicht genug: Der gesellschaftliche Riss geht mitten durch das Militär, die Polizei, durch die Gemeinschaft der buddhistischen Mönche. Die Unterstützer beider Seiten erscheinen indoktriniert. Und jede Seite hat bereits erklärt, keine Kompromisse eingehen zu wollen. Das macht eine nationale Aussöhnung unmöglich, jedenfalls zurzeit. Und je länger dieser Konflikt dauert, desto mehr wachsen Enttäuschung und Wut - und damit eben auch die Bereitschaft zur Gewalt. Thailand befindet sich noch nicht im Bürgerkrieg. Aber es könnte einer werden. NICOLA GLASS
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