Kommentar Thailand: An Wahlen führt kein Weg vorbei
Nur Neuwahlen können eine weitere Eskalation der Gewalt in Thailand verhindern. Doch Premier Abhisit Vejjajiva verweigert sich dem Urnengang, weil er mit einer Niederlage rechnen muss.
In Bangkok stehen die Zeichen auf Sturm. Zwei Wochen nach den Straßenschlachten mit 25 Toten könnte sich das Blutbad wiederholen - mit womöglich noch mehr Opfern. Die am Donnerstag verübten Anschläge mit Granaten sind ein Vorgeschmack. Es gibt auf beiden Seiten Provokateure. Doch inmitten des erbitterten Machtkampfs finden sich glücklicherweise auch Zeichen von Vernunft und Zurückhaltung. Dazu gehört die Einsicht von Armeechef Anupong Paochinda, vorgezogene Wahlen könnten ein Weg aus der Krise sein. Anupong amtiert nur noch bis September und will keinen blutigen Abgang.
Wahlen, über deren Termin noch zu diskutieren wäre, kommen den Rothemden entgegen. Denn diese kritisieren zu recht, dass die jetzige Regierung nicht vom Volk gewählt wurde. Allgemeine Wahlen nach den bisherigen Gesetzen würden auch das von Unterstützern der Regierung in Frage gestellte Grundprinzip "ein Mann/eine Frau - eine Stimme" gegen Machtansprüche der Elite verteidigen.
ist Asienredakteur der taz
Premier Abhisit Vejjajiva verweigert sich dem Urnengang, weil er eine Niederlage fürchtet. Doch ist er durch die Unruhen so geschwächt, dass er nicht mehr glaubwürdig regieren kann. Ein Rücktritt wäre der beste Dienst, den er Thailand noch erweisen kann. Das mag er nicht einsehen, doch droht seiner Partei ohnehin ein Verbot wegen einer Spendenaffäre. Neuwahlen wären deshalb erst recht die sauberste Lösung. Früher hätte vielleicht das Militär geputscht. Doch das ist zerstritten und hat sich bereits durch den letzten Staatsstreich, der Thailands Probleme nur verschärft hat, diskreditiert.
Fraglich ist, ob die derzeitige Polarisierung einen friedlichen Wahlkampf zulässt. Vielleicht braucht es dafür eine Übergangszeit mit Machtteilung - eine Einsicht, die sich hoffentlich ohne weitere Gewalt durchsetzt.
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