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Kommentar SyrienDie UNO darf nicht länger zögern

Kommentar von Georg Baltissen

Das schleichende Massaker an der Bevölkerung in Syrien ist ein Alarmruf an die internationale Gemeinschaft. Sie muss aktiv werden und militärische Gewalt ernsthaft androhen.

A lle Appelle sind nutzlos. Das syrische Regime tötet weiter, ungehemmt und ungehindert. Niemand ist vor der Brutalität des Assad-Clans sicher. Das ist die Botschaft, die mit dem Mord an dem syrisch-kurdischen Oppositionspolitiker Maschaal Timo der Nation und der Welt vermittelt werden soll.

Gegen dieses blutige Fanal ist die Besetzung syrischer Vertretungen in Berlin, Hamburg und Genf ein legitimer symbolischer Akt des Widerstands. Er soll zeigen, dass das Regime angreifbar ist - und von der internationalen Gemeinschaft endlich angegriffen werden muss.

Doch keine Macht der Welt scheint bislang willens oder in der Lage, sich der regierenden Verbrecherbande in Damaskus tatsächlich in den Weg zu stellen. Seit mehr als einem halben Jahr demonstrieren die Menschen in Syrien für ihre Freiheit und zahlen dafür einen hohen Preis. Mehr als 3.000 Tote hat die Opposition bislang zu beklagen. Im Falle des Anschlags auf die Twin Towers in New York hat eine vergleichbare Zahl von Toten zwei Kriege ausgelöst und zwei Regime zum Einsturz gebracht.

Bild: privat
GEORG BALTISSEN

ist Redakteur im Auslandsressort der taz.

Das schleichende Massaker an der Bevölkerung in Syrien ist ein Alarmruf an die internationale Gemeinschaft. Bislang konnte diese sich nicht auf ein gemeinsames Vorgehen gegen das mörderische Regime einigen. Wenn Russland und China im UN-Sicherheitsrat weiterhin jede Aktion gegen Damaskus blockieren, dann muss die übrige Welt eben ohne diese Staaten und ohne eine Resolution des Sicherheitsrats handeln. Die rechtlichen Möglichkeiten dazu sind vorhanden.

Bislang scheiterte ein Eingreifen an der strategischen Lage Syriens, die für das nahöstliche Stabilitätsgefüge als fundamental gilt. Doch ein wild um sich schlagendes Regime, das in den Grundfesten erschüttert ist, kann selbst auf kurze Dauer keine Stabilität mehr garantieren.

In kleinen Dosierungen haben die EU, die USA und andere Staaten Sanktionen gegen Partei, Militär und einzelne Regierungsmitglieder in Syrien verhängt. Sie wurden nur zögerlich umgesetzt, wirken können sie ohnehin nur sehr langsam. Der Schutz der syrischen Bevölkerung vor dem eigenen Regime verlangt energischere Schritte.

Dazu gehört letzten Endes auch die Androhung militärischer Gewalt. Und die Anerkennung des syrischen Nationalrats als legitime Vertretung des Volkes. Die Außenminister der EU könnten beim Treffen am Montag ein Zeichen setzen - ähnlich wie die Botschaftsbesetzer am Sonntag.

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Auslandsredakteur
61, ist Redakteur im Ausland und gelegentlich Chef vom Dienst. Er arbeitet seit 1995 bei der taz, für die er schon in den 80iger Jahren geschrieben hat. Derzeit ist er zuständig für die Europäische Union und Westeuropa. Vor seiner langjährigen Tätigkeit als Blattmacher und Titelredakteur war Georg Baltissen Korrespondent in Jerusalem. Noch heute arbeitet er deshalb als Reisebegleiter für die taz-Reisen in die Palästinensische Zivilgesellschaft. In den 90iger Jahren berichtete er zudem von den Demonstrationen der Zajedno-Opposition in Belgrad. Er gehörte zur ersten Gruppe von Journalisten, die nach dem Massaker von 1995 Srebrenica besuchte.
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9 Kommentare

 / 
  • MK
    Michael Kruse

    In der Taz wird nach dem Militär gerufen?

     

    Das sind doch die Bösen, die mit Waffen auf andere Menschen schießen!

    Die Luftschläge anfordern und Bomben werfen lassen.

     

    Wer sagte das doch damals?

     

    "Der Krieg ist die Fortsetzung der Politik, nur mit anderen Mitteln."

  • R
    robby

    Es ist wohl eher so, dass die NATO zur Zeit gar keine Bomben mehr hat, um in Syrien einzugreifen.

     

    Schon in Libyen wurden die High-Tech-Waffen knapp und die NATO hat alles zusammengekratzt was so über den Globus noch zerstreut war.

     

    Jetzt müssen Halliburton und dessen Kollegen erst mal Überstunden schieben; wenn sie nicht noch in Preisverhandlungen stecken.

     

    Der Alte Waffenmist ist verschossen, in den Geldbeuteln der Staaten ist ebbe.

     

    Einzig die Türkei ist wohl noch politisch wie militärisch in der Lage dort einzugreifen. Sie haben ja auch keine Probleme mal schnell beim Nachbarn aufs Grundstück zu gehen. Aber wehe wehe, der öffentliche Aufruhr der folgt... !!

     

    Also warten sie, bis die ganze Welt: "Bitte, bitte....!" ruft.

  • SK
    Sascha Kienzle

    Sehr geehrter Herr Baltissen,

     

    selbstvertsändlich sind wir alle schockiert von der Brutalität, mit der das Regime in Syrien tagtäglich gegen die eigene Bevölkerung vorgeht und diese abschlachtet. Dennoch bin ich über Ihre Forderung nach einem nicht-mandatierten und somit völkerrechtswidrigen Eingreifen überrascht. Wo sie rechtliche Möglichkeiten der Androhung militärischer Gewalt gegen das syrische Regime ohne eine Resolution des Sicherheitsrates sehen ist mir ein Rätsel. Artikel 2 Absatz 4 der Charta der Vereinten Nationen verbietet ausdrücklich bereits die Androhung von Gewalt gegen einen Staat. Dass Sie nun auf Seite 1 der TAZ die Androhung von Gewalt gegen Syrien ohne Sicherheitsratsbeschluss und somit ein völkerrechtswidriges Vorgehen fordern, erschreckt mich. Wollen Sie wirklich die Buchse der Pandorra öffnen, das Völkerrecht weiter verkommen lassen und Staaten ohne UN-Mandat intervenieren lassen? In diesem Fall erübrigt sich das Gewaltverbot der Vereinten Nationen und wir befinden uns wieder im Hobbes'schen Naturzustand und dem regellosen Kampf aller gegen alle.

     

    Jegliche Anwendung und Androhung von Gewalt kann nur unter Bezugnahme auf die Charta der Vereinten Nationen erfolgen. Zwangsmaßnahmen, wie die Androhung von Gewalt können nur durch eine Resolution des Sicherheitsrates erfolgen, die leider nunmal die Zustimmung Russlands und Chinas verlangt. Auch wenn das Verhalten des syrischen Regimes untragbar und nicht akzeptabel ist, darf dies nicht dazu führen, dass wir uns aus einer vermeintlich moralisch überlegenen Position das Recht heruasnehmen, Völkerrecht zu brechen um unmandatiert zu intervenieren.

  • HK
    Hejaro Kardox

    Nur wenn Assad Gaddafi gewesen wäre, hätte die NATU und USA schon längst zugeschlagen.

     

    Wann hat die Menschenrechte die NATO oder die USA und manchmal sogar EU interesiert.

     

    Man braucht sich nur die Nachbarn die Türkei und Iran anschauen.

     

    Da schweig die NATO nicht erst seit heute.

     

    MFG

  • HL
    Hauke Laging

    Die Rechtslage hätte in diesem Fall wirklich viel einfacher als eine UNO-Resolution sein können. Immerhin hat Assad seinem Nachbarland Türkei, einem NATO-Staat!, mit Krieg gedroht. Den hätte er haben können. Lieber ein Ende mit Schrecken.

     

    Wie es wohl um die Loyalität seiner Militärführung ausgesehen hätte, im Angesicht der sicheren vernichtenden Niederlage und der folgenden Anklagen wegen des Massakers an der Bevölkerung? Gut möglich, dass Assad ratzfatz gestürzt und ausgeliefert worden wäre, in der Hoffnung, die neue syrische Führung so beeinflussen zu können, dass man selber nicht auf Jahrzehnte in den Knast geht.

  • S
    Stefan

    Die UNO ist - und das sollte der Autor eigentlich wissen - eine Interessenvertretung der REGIERUNGEN, nicht der Völker oder der Menschenrechte.

    Ein korrupter Saustall, der von der zweifelhaften Mehrheit der Mitglieder instrumentalisiert wird.

    Wer bitte, lieber Autor, sollte sich um das verhasste Israel kümmern, wenn sich die UNO um die richtigen Verbrecherstaaten kümmert?

  • HK
    Henner Kroeper

    Hallo aufwachen liebe TAZ Redakteure

    Die meisten Morde finden zur Zeit in LIBYEN und nicht in Syrien statt.

  • JO
    Jürgen Orlok

    Wohl wieder im Geiste bei der Ermordung von Timo dabeigewesen ?

    Als Journalist die Qualität von Quellen zu ignorieren ist schon eine gute Leistung.

    Es ist doch wirklich eine Schande, daß die "Brutalität des Assad-Clans" nicht das edle Mittel des Ermordens von Feinden und Verdächtigen außerhalb des Kriegsgebietes durch Drohnen wie der geliebte Heiland und Vorreiter aus den USA umsetzt.

    Aber vielleicht überzeugen sie die Syrer ja noch entsprechende Heilsmaßnahmen ihnen gegenüber zu ergreifen. DANN bin ich vielleicht auf ihrer Seite.

    Welch Ehre für sie, dann im Krieg gefallen zu sein !!

  • T
    taztest

    DIE UNO DARF NICHT LÄNGER ZÖGERN!

     

    Herr Baltissen, Sie treffen den Nagel auf den Kopf mit allem, was Sie sagen. Gratulation!

     

    Es bleibt abzuwarten, wie dynamisch sich die innersyrische Situation weiterentwickelt. Ein zunehmender miitärischer Widerstand aus Syrien heraus ist durchaus möglich.

    In der Tat ist nicht ersichtlich, wieso dieses totalitäre Syrien in irgendeiner Form Stabilität darstellt. Im Gegenteil: Es ist mit Ursache für die hoffnungslosen Verwerfungen im Nahen Osten und es wäre ein Segen, wenn dieses Regime verschwinden würde. Mit neuen Chancen übrigens dann auch für den Israel-Palästina-Konflikt, by the way.

     

    Russland und China sind hier natürlich wie üblich zu geisseln - diese Staaten schauen einfach zu sehr in ihre eigenen "Tiananmen"- und "Tschetschenien"-Spiegel und bekommen entsprechende Gesichtszuckungen was zu entsprechend idiotischen Veto-Abstimmungen in der UNO führt.

    Baltissen hat Recht, wenn er darauf insistiert, dass allenfalls die UNO eben ignoriert werden muss.

     

    Viele Grüsse aus dem Kosovo!