Kommentar Syrien-Geberkonferenz: Da geht noch mehr
Die Geberkonferenz wird als Erfolg gefeiert. Das Geld muss rasch gezahlt werden, auch wenn es den Gesamtjahresbedarf nicht deckt.
I nszenierung ist die halbe Miete. Auch bei der humanitären Hilfe. „Über 9 Milliarden Euro für syrische Flüchtlinge“ hätten die Geberländer zusagt, berichten Agenturen von der Londoner Geberkonferenz am Donnerstag. „Noch nie erbrachte eine Konferenz so hohe Zusagen“, jubelt UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon. Und die Regierung Merkel feiert sich mit der Summe von 2,3 Milliarden Euro als der größte Geber unter den 70 Teilnehmerstaaten der Konferenz.
Die nüchterne Realität: 8 Milliarden Euro hatte die UNO vor der Konferenz als Bedarf allein für das Jahr 2016 angemeldet, um die humanitäre Versorgung der insgesamt 17 Millionen Flüchtlinge sowie hilfsbedürftigen Menschen innerhalb Syriens zu gewährleisten.
Doch für dieses Jahr wurden in London lediglich 5,3 Milliarden versprochen. Die restlichen 3,7 Milliarden sind für die Jahre 2017 bis 2020 bestimmt. Auch Berlin will für dieses Jahr nur 1,2 Milliarden Euro geben, den Rest erst bis Ende 2018.
Bleibt zu hoffen, dass die verbleibende Differenz zum Gesamtjahresbedarf der UNO doch noch aufgebracht wird. Und dass die zugesagten Gelder anders als nach den drei Syrien-Geberkonferenzen der Jahre 2013 bis 2015 auch tatsächlich vollständig und nicht erst gegen Ende des Jahres an die humanitären Organisationen der UNO überwiesen werden.
Schlechte Aussichten für Waffenstillstand
Ob dann 2016 tatsächlich substantiell weniger syrische Flüchtlinge nach Deutschland und in andere europäische Länder kommen als im letzten Jahr, wie von der Regierung Merkel erhofft, hängt in erster Linie davon ab, ob die zunächst gescheiterte Genfer Syrien-Konferenz wieder in Gang kommt und möglichst bald zumindest einen Waffenstillstand erbringt. Und dafür stehen die Chancen derzeit nicht gut.
Weit mehr als 8 Milliarden Euro allein aus dem Bundeshaushalt wird es 2016 kosten, die bereits in Deutschland befindlichen syrischen Flüchtlinge zu versorgen. Diese Ausgaben wären zum größten Teil nicht angefallen, wenn die Bundesregierung schon früher auf die Not der Flüchtlinge in Syriens Nachbarländern reagiert hätte.
Bereits im Herbst 2014 musste die UNO wegen Geldmangels die Nahrungsmittelversorgung für 1,7 Millionen syrische Flüchtlinge im Libanon zunächst um ein Drittel kürzen und dann ganz einstellen. Vor diesen drastischen Maßnahmen hatte die UNO auch die Bundesregierung mehrfach dringend, aber vergeblich um mehr Geld gebeten.
Die Regierung Merkel reagierte erst, als die syrischen Flüchtlinge im Frühsommer letzten Jahres an den Grenzen Deutschlands ankamen – die allermeisten nicht direkt aus Syrien, sondern aus den inzwischen völlig unterversorgten Flüchtlingslagern der Nachbarländer. Dort hätte die anständige humanitäre Versorgung dieser Flüchtlinge nur etwa ein Achtel der Summe, die für die Versorgung dieser Menschen jetzt in Deutschland erforderlich ist.
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