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Kommentar Syrien-AgendaAlles hört auf Assad

Ines Kappert
Kommentar von Ines Kappert

Iran tritt auf den Plan – und statt dem syrischen Staatspräsidenten entscheidende Fragen zu stellen, lässt die Welt ihn gewähren.

Assad spricht, die Welt lauscht: Hier mit US-General Ramsey Clark (r). Bild: ap

D er neue iranische Präsident lächelt, groben Antisemitismus hat er nicht nötig, er twittert und findet, die Syrer sollten wählen können, wen sie wollen. Ja, falls gewünscht, würde er im Konflikt auch vermitteln!

Heißt das nun auch, keine Waffen mehr nach Syrien zu schicken und keine Elitekämpfer? Dazu fällt kein Wort. Aus der Öffentlichkeit fragt auch niemand nach. Man begrüßt verwundert die neue Verbindung von Mullahtum und Charme. Und was macht der verbündete Assad, jetzt, wo er dank Giftgaseinsatz wieder Akteur in Sachen Weltdiplomatie ist? Der lächelt weiterhin nicht, sondern gibt den kühl rechnenden Staatsmann: Eine Milliarde werde die Entsorgung der C-Waffen kosten, die syrische Wirtschaft jedoch liege am Boden. Botschaft: Der Westen will die Vernichtung der Giftwaffen, dann soll er sie auch bezahlen. Ach ja, und ein Jahr Zeit brauche er für die Aktion auch noch.

Munter schlägt Assad Kapital aus dem Giftgas-„Zwischenfall“. Und es ist bizarr, wie sich die westlichen Entscheider jetzt die Agenda diktieren lassen: Die Diskussionen ums Giftgas nützen Assad, also redet er darüber, und alle anderen auch. Fragen zu den täglichen Bombardements mit rund 80 Toten verbittet er sich, also werden sie zu Randmeldungen im Nachrichtengeschäft. Wie Assads systematischer Kampf gegen Krankenhäuser und medizinisches Personal. Obwohl Weltgesundheitsorganisation, Ärzte ohne Grenzen und das Rote Kreuz immer wieder darauf hinweisen.

Aber auch die westliche Öffentlichkeit interessiert sich nicht für das, was „am Boden“ in Syrien passiert. Stur richtet sie ihren Blick auf die Führungsfiguren: Lächelt der Mullah? Stehen Assads Ohren immer noch ab? Das sind Fragen, die sich mit einem schlichten Ja beantworten lassen. Und die Welt ist wieder übersichtlich.

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Ines Kappert
Gunda-Werner-Institut
leitet seit August 2015 das Gunda-Werner-Institut für Feminismus und Geschlechterdemokratie der Heinrich-Böll-Stiftung.   Mich interessiert, wer in unserer Gesellschaft ausgeschlossen und wer privilegiert wird - und mit welcher kollektiven Begründung.   Themenschwerpunkte: Feminismus, Männlichkeitsentwürfe, Syrien, Geflüchtete ,TV-Serien.   Promotion in Allgemeiner und Vergleichender Literaturwissenschaft zu: "Der Mann in der Krise - oder: Konservative Kapitalismuskritik im kulturellen Mainstream" (transcript 2008).   Seit 2010 Lehrauftrag an der Universität St. Gallen.
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6 Kommentare

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  • heißt daß nun auch keine Waffen mehr nach Syrien zu schicken und keine Elitekämpfer ?

    ich hoffe diese frage geht auch an die anderen arabischen Länder die zig zweifelhafter Gruppierungen unterstützen und ausrüsten, daß selbe gilt für CIA und Konsorten...,

    VENCEREMOS

  • S
    SchwarzerMagier92

    Wenn das so ist, sollten wir uns fragen: was passiert eigentlich, wenn assad den Giftgasangriff nicht verübt hat? Werden dann die Rebellen vom Westen bombardiert? Wohl kaum. Was ist mit den Scharfschützen der Opposition, die aus Kilometern Entfernung Menschen als mögliche assadunterstützer einschätzen und ausknipsen? Und welche Alternativen bleiben uns in einem Land wie syrien, wenn assad Abtritt und die zweitstärkste Kriegskraft 'Al-qaida' heißt? Schicken wir doch am besten westliche Streitkräfte zur komplett Säuberung rein und die westlichen Journalisten bitte gaaanz vorne.

    • M
      Marcus
      @SchwarzerMagier92:

      Aber nicht Doch. Obama hat von ersten Tag gesagt das seine rote Linie der Einsatz von giftgas ist, egal durch wen. Auch wenn sich heute niemand mehr daran erinnern will, war die Drohung das Eingegriffen wird sobald irgendjemand Giftgas einsetzt. Die Argumentation bestand darin das nur Assad das Gas hat und wenn er seine Bestände nicht mehr vor den Rebellen schützen kann und diese es einsetzen, müssen die Beständer gesichert werden ,egal wer sie kontroliert. Ergo Assad ist daran schuld wenn die Rebellen Gas einsetzen würden, weil er nicht verhindert das sie welches bekommen. Ich weis natürlich nicht wer das Gas eingesetzt hat aber mitlerweile scheint auch bwi Obame angekommen zu sein das es etwas schräg ist den eventuell angegriffenen für den Agriff durch seinen Feind verantwortlich machen zu wollen. Solte aber wieder erwarten, zweifelsfrei festgestellt werden, dass der Angriff von den Rebellen ausging, könnten sich die USA auf ihre ursprüngliche Position zurückziehen und Assad trotzdem Angreifen. Natürlich nur wenn nicht gleichzeitig bewisen wird dass das Gas nicht aus syrischen beständen stammt.

  • U
    USA-Anhängsel

    Ja Frau Kappert. Schreiben Sie doch einmal einen Artikel über die Historie der Taliban, Al Quaida, Al Nusra und PKK. Sie werden bei USA, CIA und GB landen. Also wenn sie ernsthaft danach recherchieren. Aber das trauen Sie sich nicht! Und ja, an Assads Stelle würde ich es genauso machen. Zuerst schickt die USA und GB tonnenweise Al Quaida und Al Nusra Kämpfer auf ein souveränes Land,dann soll USA jetzt auch zahlen. Außerdem könnten Sie auch einmal die Situation in Lybien beleuchten, ob da jetzt alles so dolle ist. Natürlich, versteht sich, wir die Taz kämpfen ja für Demokratie und Menschenrechte, ich lach mich tot. Die geschissene US-Demokratie kann man sich in den Arsch schieben. Nur mächtige Banken, Konzerne und Seilschaften bestimmen dort die Politik. Das sehen Sie schon daran, dass Mc Cain im ganzen Land herumreist um Unterstützer für seinen ehemaligen Kokurrenten Obama aus dem anderen Parteilager zu finden. Die amerikanische Öffentlichkeit ist gegen den Krieg. Aber weil Hr. Obama vor kurzem zur Show was für Homosexuelle gemacht hat, sind Sie sein Freund. Ich weiß. Haben Sie je recherchiert, wie Homosexuelle in den USA verfolgt werden? Bringen Sie je Artikel in Bezug auf Guantanamo und dass überwiegend Schwarze ohne faire Verhandlung im Knast dort sitzen usw.? Solche naiven Armleuchterjounalisten braucht die Welt nicht. Und ihre geschissene Demokratie in Deutschland ist nichts weiter als ein USA-Anhängsel.

  • "Aber auch die westliche Öffentlichkeit interessiert sich nicht für das, was „am Boden“ in Syrien passiert."

    falls rau kappert mit öffentlichkeit die herren obama, kerry, putin, hollande und co meint, könnte sie recht haben. falls sie die restliche öffentlichkeit der welt meint, hat sie offenbar keine einzige zeitung in den letzten 2,5 jahren gelesen und lebt in einem bunker abgeschieden vom rest der welt. angesichts der anderen artikel von frau kappert tipe ich auf letzteres.

  • D
    danke

    Danke liebe TAZ , ich hoffe es melden sich nicht zuviele Assadunterstützer die den Artikel schlechtreden ...