Kommentar Stuttgart 21: SPD auf totem Gleis
Drexlers Solidarität mit seiner Partei kommt zu spät. Wenn er dem Lockruf für diesen Job von Anfang an widerstanden hätte, wäre ihm viel Ärger erspart geblieben.
I n der Auseinandersetzung um das Milliardenprojekt "Stuttgart 21" versucht die SPD einen Spagat hinzulegen, der nicht gelingen kann. Auf der einen Seite bekräftigen die Sozialdemokraten ihre Haltung pro Bahnhofsbau, die sie von Anfang an hatten. Doch da nun die Stimmung in der Bevölkerung gekippt ist und die Landtagswahl näher rückt, wollen die Genossen plötzlich eine Volksabstimmung. Wie die rechtlich möglich wäre, erklärten sie vor eineinhalb Wochen. Wie der Schlingerkurs, den sie selbst hinlegen, funktionieren soll, hingegen nicht.
Denn wenn alles so vereinbar wäre, wie es die Parteispitze gerade zu verkaufen versucht: Baustopp fordern, aber für Stuttgart 21 werben - warum musste dann ihr "Mister Stuttgart 21" von Bord gehen? Wolfgang Drexler hat der SPD mit seinem Rücktritt als Kommunikationschef des Projekts selbst bescheinigt, dass es so nicht geht: Da sowohl die Landtags- als auch die Bundestagsfraktion einen Baustopp fordern, könne er das Sprecheramt nicht länger ausführen.
Dass die Kombination nicht glaubwürdig ist, hat die Öffentlichkeit schon längst erkannt. Ihr Umfaller-Image wird die SPD so schnell nicht mehr loswerden. Die Union schlägt bereits in diese Kerbe, der Rücktritt sei ein erneutes Zeichen für die innere Zerrissenheit der SPD. Auch die Häme der Projektgegner wird Drexler und seiner Partei sicher sein.
ist Baden-Württemberg-Korrespondentin der taz.
Sie haben - wie viele andere - den Protest der Bürger unterschätzt und kamen mit ihrer jüngsten Kehrtwende einfach zu spät. Wer jetzt für Stuttgart 21 ist, wählt die CDU. Wer dagegen ist, wird gedanklich sein Kreuz längst bei den Grünen machen. Auch Drexlers Solidarität mit seiner Partei kommt zu spät. Wenn er dem Lockruf für diesen Job von Anfang an widerstanden hätte, viel Ärger wäre ihm erspart geblieben.
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