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Kommentar Stuttgart 21Letzte Hoffnung Volksbegehren

Kommentar von Richard Rother

Für die Grünen gibt es nur noch eine Möglichkeit, aus dem Stuttgart-21-Konflikt zu kommen: die Volksabstimmung. Ansonsten müssen sie den Bahnhof bauen.

D er Stresstest des umstrittenen Bahnhofsprojektes Stuttgart 21 kommt zu einem für die Deutsche Bahn AG erfreulichen Ergebnis – so sickert es aus Bahnkreisen durch.

Dieses – vorläufige – Ergebnis des Leistungstests überrascht kaum. Schließlich ist schwer vorstellbar, dass die Bahn einen Test macht, bei dem sie selbst schlecht aussieht. Viel interessanter ist daher, ob das Testergebnis auch einer unabhängigen Prüfung standhält, die noch aussteht.

Sollte diese positiv ausfallen, was wahrscheinlich ist, bleibt den Gegnern nur noch eine Volksabstimmung im Herbst, um das Projekt zu kippen. Für die Grünen, die die Landesregierung in Stuttgart anführen und das Projekt vehement ablehnen, ist diese Abstimmung die letzte Möglichkeit, aus dem Konflikt zu kommen.

Sollten die Gegner die Volksabstimmung gewinnen, stünden die Grünen als strahlende Sieger da. Schließlich waren sie es, die den Protest gegen das Projekt, das vor allem der Bauwirtschaft im Ländle nützt, jahrelang unterstützt haben. Sollten die Gegner bei der Abstimmung scheitern – sei es am Quorum oder am Votum –, müssten die Grünen das Ergebnis akzeptieren – und bauen. In diesem Fall hätten sie verloren, weil ihre Gegenargumente ja offenbar nicht gut genug waren, die Baden-Württemberger vom Ausstieg zu überzeugen.

Auch wenn die Chancen bei einer Volksabstimmung fifty-fifty stehen – die Grünen müssen das Risiko einer Niederlage eingehen. Das sind sie dem Widerstand gegen Stuttgart 21 schuldig. Würden sie vorher einknicken und den Bau akzeptieren, würde ihnen das als Verrat ausgelegt. Aus Berlin wird es jedenfalls keine Unterstützung für die Grünen geben. Im Gegenteil: Die schwarz-gelbe Bundesregierung, die die bundeseigene Bahn stoppen könnte, schaut genüsslich zu, wie sich die Grünen im Ländle abstrampeln. Ein teurer Spaß. Denn natürlich weiß man in Berlin, dass die Stuttgarter Milliarden für sinnvollere Bahnprojekte fehlen.

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Redakteur für Wirtschaft und Umwelt
Geboren 1969 in Ost-Berlin. Studium an der FU Berlin. Bei der taz seit 1999, zunächst im Berliner Lokalteil. Schwerpunkte sind Verkehrs- und Unternehmenspolitik.
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5 Kommentare

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  • H
    Hasso

    Das ist die Diktatur der herrschenden Klasse!Daran wird sich nichts ändern, solange immer wieder die gleiche Kamarilla gewählt wird.

  • V
    vic

    Was für ein plumper Betrug. Das Ergebnis des Stresstests für S21 war ebenso klar, wie der für AKWs.

    Auch der vielleicht nett gemeinte Versuch Geißlers war von vorn herein hoffnungslos.

    So traurig und verrückt das ist, S21 wird realisiert. Daran wird nichts mehr etwas ändern.

    Das haben Merkel, Mappus, Ramsauer und Grube geschickt eingefädelt, nachdem die Niederlage des Dicken deutlich abzusehen war.

  • M
    Mark

    Obwohl, andererseits - beweisen würde das hinsichtlich der ursprünglichen Entscheidung auch nix. Das Volk wählt auch erst Schwarz-Gelb und ist anschließend beleidigt, dass die schwarz-gelben Wahlversprechen in punkto Atompolitik gehalten werden.

     

    Dass eine Volksabstimmung, nur weil sie jetzt evtl scheitern würde, auch zu dem Zeitpunkt gescheitert wäre, zu dem die letzte rechtlich bindende Entscheidung zu S21, kann man also nicht wissen.

     

    Es ist allerdings extrem wahrscheinlich. Denn vor dieser ganzen Aufregung wär's doch erst recht allen sonstwo vorbeigegangen.

  • M
    Mark

    Das fänd ich ja ZU geil, wenn eine Volksabstimmung gegen Stuttgart 21 scheitern würde - die ach so undemokratische Entscheidung vom Volk selber nochmal ausdrücklich legitimiert.

     

    Au ja, ne Volksabstimmung, ne Volksabstimmung!

  • S
    Schorse

    Widerspruch!

     

    Es nutzt der Bauwirtschaft in Baden-Würtemberg nichts, wenn Stuttgart 21 gebaut wird! Denn wie der Kommentator an anderer Stelle richtig feststellt, das Geld würde an anderer Stelle fehlen. Und zwar an Stellen, wo man eine deutlich effektivere Verkehrsinfrastruktur, Energieerzeugungs- und einsparungsinfrastruktur und Bildungsinfrastruktur gestalten könnte als mit S21. Vom Tunneltiefbahnhof profitieren nur wenige Menschen, und die wollen gar nicht nach Stuttgart, sondern vielmehr möglichst schnell durchfahren nach Bratislava, Paris und sonst wohin.

     

    Wir müssen weg von Bauprojekten, die einen Haufen Geld kosten und von denen nur wenige profitieren, hin zu solchen Projekten, von denen viele Menschen etwas haben. Dazu gehört der Ausbau eines attraktiven ÖPNV-Netzes, die Verlagerung des Güterverkehrs auf die Schiene und auf's Wasser, der Bau von alternativen Stromerzeugungsanlagen* und nicht zuletzt massive Investitionen in Ganztagsschulen und -Kindergärten!

     

    *Hat schon mal wer berechnet, wie viel mehr Geld am Bau von Windkraftanlagen die Bauwirtschaft und die metallverarbeitende Industrie verdienen kann als am Bau von Atomkraftwerken?