Kommentar Stuttgart 21: Merkels Stuttgart-Fluch
Die Chancen stehen gut, dass Stuttgart 21 ein Fall für die Staatsanwaltschaft wird. Dieses Desaster könnte auch eines für die Kanzlerin werden.
D as Ende von Stuttgart 21 könnte Angela Merkel die Kanzlerschaft kosten. Doch der Reihe nach: Stuttgart 21 am Ende? Was denn bitte sonst.
Die grün geführte Landesregierung in Baden-Württemberg kann ein Jahr vor der Bundestagswahl nicht ihr größtes Wahlversprechen brechen und sich an den Mehrkosten beteiligen. Auch der Bund schließt bis dato aus, noch weitere Milliarden in den Südwesten zu pumpen. Bei der Bahn pfeifen sie die erwartete Kostenexplosion mittlerweile aus jedem Büro.
Nächste Woche tagen Aufsichtsrat und Vorstand. Sie können das Projekt natürlich weiterhin schönrechnen. Allerdings kann das kaum geschehen. Die verantwortlichen Manager, allen voran Technikvorstand Volker Kefer, stehen möglicherweise mit einem Bein im Knast. Sollte sich nachweisen lassen, dass Manager wie er wider besseres Wissen über Jahre hinweg die Risiken ignorieren, nennt sich das: Untreue.
Die Chancen stehen gut, dass Stuttgart 21 ein Fall für die Staatsanwaltschaft wird. Das wäre all den Verantwortlichen zu wünschen, die für die teilweise Zerstörung des Stuttgarter Schlossparkes verantwortlich sind. Ohne Not, denn Stuttgart 21 hat so viele Planungsfehler, dass sich die Bauarbeiten ohnehin verzögern.
Das alles geht auch Angela Merkel an. Das Desaster von Stuttgart 21 ist das Desaster der CDU, die noch heute so dummdreist ist, auf den Volksentscheid von vor einem Jahr zu pochen – damals votierten die meisten Baden-Württemberger für das Bahnprojekt, ohne allerdings die wahren Kosten zu kennen.
Ein Volksentscheid unter Vorspiegelung falscher Tatsachen verhöhnt die Demokratie und ist wertlos. Merkel selbst hat sich offensiv hinter Stuttgart 21 gestellt. Scheitert das Projekt, rutscht die CDU im Südwesten ins Bodenlose. Es könnten die Stimmen sein, die Merkel im Herbst nächsten Jahres bei der Bundestagswahl fehlen.
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