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Kommentar StudiengebührenLänder hindern Jugendliche am Lernen

Kommentar von Christian Füller

Die Bundesländer gehen extrem lässig mit internationalem Recht um. Vielleicht hilft's, wenn sie ins Genf mal eine auf die Mütze bekommen.

Es hat etwas von Petzen. Die Studierenden und die GEW haben gerade einen Bericht an die Vereinten Nationen nach Genf gesandt, dessen Inhalt sich ungefähr so beschreiben lässt: Hallo, liebe UN, wir können uns gegen die bösen, bösen Wissenschaftsminister hier nicht mehr helfen. Also helft uns im Kampf gegen das Bezahlstudium!

Was die organisierten Studierenden nicht verstanden haben: Die Sache mit dem Bezahlstudium ist durch. Auch die Vereinten Nationen werden keine Blauhelmtruppen nach Deutschland entsenden, um Gebühren zu verhindern. Dafür sind, mit Verlaub, die Studienpreise in Höhe von 83 Euro monatlich ein bisschen zu lächerlich. Es gibt weiß Gott schlimmere Verletzungen des Rechts auf Bildung - auch in Deutschland.

Das ist aber nur die eine, gewissermaßen die geschmackliche Seite des Brandbriefs nach Genf.

Die andere Seite ist: Die Bundesländer gehen in der Tat extrem lässig mit internationalem Recht um. Wenn die Bundesrepublik den UN-Pakt für soziale und kulturelle Rechte unterzeichnet - und das hat sie getan -, dann sollte sie ihn gefälligst auch durchsetzen. Aber in Sachen Bildung gilt das Völkerrecht für Deutschland offenbar nicht: Die Länder verstoßen reihenweise gegen internationale Konventionen. Sie führen also gerade munter das Bezahlstudium ein, obwohl die Bundesrepublik versprochen hat, mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln Studiengebühren abzuschaffen. Sie sperren behinderte und besondere Kinder in ein pädagogisch miserables Sonderschulwesen, obwohl Deutschland international garantiert hat, dies nicht zu tun. Und die Länder verweigern Flüchtlingskindern das Recht auf Schulbesuch, obwohl die Bundesregierung die Kinderrechtskonvention unterzeichnet hat.

Es ist der Bundesrepublik zu wünschen, dass sie in Genf mal ordentlich eins auf die Mütze bekommt. Vielleicht nehmen dann auch die nationalen Gerichte völkerrechtliche Vereinbarungen ernst. Es würde den Jugendlichen helfen, die von den Ländern direkt oder indirekt am Lernen gehindert werden. CHRISTIAN FÜLLER

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3 Kommentare

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  • S
    student

    Tja, dass zeigt mal wieder den Realitätsverlust von TAZ-Redakteuren. Für euch sind 1000 Euro kein Geld. Als ihr studiert habt vielleicht auch nicht (Hattet halt reiche Eltern oder einen guten unbefristeten Job). Aber die Tatsache, dass es Studenten gibt die 300 Euro Miete zahlen und mit 7,50 ? die Stunde gerade einmal 20 Stunden arbeiten dürfen (Befristet, die Zeit ohne Einkommen gibt es auch), große Probleme mit 83 Euro im Monat haben kommt ihnen nicht in den Sinn?

     

    Wer das als lächerlich tituliert, sollte sich fragen ob er nicht doch besser bei der Welt aufgehoben ist.

  • IK
    Igor Kandziora

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    Erdöl

     

    Sehr geehrter Herr Füller, es gibt in diesem Land ( was selstamerweise immer als ach so reich bezeichnet wird) durchaus genau DAS Problem , daß 83 Euro pro Monat eine unüberwindbare Hürde sind !

    Oder vielmehr sein können für diejenigen , die nicht aus reichen oder neureichen Verhältnissen stammen. Hinzu kommen noch Bücher , der ganz normale Wahnsinn mit schlechtgelauntem Personal an der Uni , Desinteresse allenthalben....

    Als ich angefangen habe , die Taz zu lesen , so ausgangs der achtziger Jahre , da war es noch ein sehr links orientiertes Blatt ....da war sogar noch die Süddeutsche Zeitung einigermaßen vernünftig....leider hat sich das in beiden Fällen sehr geändert.

    Bedauerlioch an diesem , vor allen Dingen von der eben erwähnten anderen Zeitung seit Jahren geführten Kampagnen gegen Studierende ist vor allem, daß einerseits die wirklichen und namentlich die wirklich absurden Verhältnisse ( wenn wir denn schon ein so reiches Land sind ) an den Bildunsgeinrichtungen kaum bis gar nicht realistisch dargestellt werden und was noch viel schlimmer ist ....ich mich des Eindrucks nicht erwehren kann , Deutschland verfüge über große Mengen Erdöl...weshalb es sich um Bildung wenig zu kümmern braucht.

    Norwegen hat Erdöl...aber Norwegen hat auch ein besseres Bildunssystem.

    Ein Kanzlerdarsteller der ausgehenden neunziger Jahre hat mal ganz zu Anfang seines Engagements gesagt; eben weil Deutschland keine Bodenschätze dem Sinne habe , müsse es auf den Geist als Rohstoff setzen.Leider geschieht seitdem genau das Gegenteil.

    Deutschland fehlen genau drei Dinge; Erdöl, gute Ideen und eine Presse, die das Vorhandene auch realistisch abzubilden vermag.

  • D
    D.Frick

    Rund 1000 Euro pro Jahr sind nicht lächerlich !