Kommentar Studienanfänger: Das Zwischenhoch nutzen
Auch wenn die Zahl der Studienanfänger gestiegen ist, müssen Bund und Länder dringend Bedingungen dafür schaffen, dass Deutschland wieder mehr Akademiker hervorbringt.
So etwas nennt man wohl eine glückliche Fügung. Erst im Oktober hielten sich die Länderchefs und Angela Merkel auf ihrem Bildungsgipfel gegenseitig vor, dass Deutschland mehr Akademiker brauche. Zwei Monate später meldet das Statistische Bundesamt schon: mehr Studienanfänger eingeschrieben. Die Zahl der Erstsemestler, die nach 2003 einbrach, ist in diesem Wintersemester wieder auf das Niveau von damals gestiegen.
Doch das jetzige Studentenhoch haben die Kultusminister längst vorausgesagt, denn in den letzten Jahren legte eine wachsende Zahl von Schülern Abitur oder die Fachhochschulreife ab. Durch verkürzte Gymnasialzeiten werden in den nächsten Jahren zudem immer zwei Jahrgänge auf einmal ans Immatrikulationsbüro klopfen - die auslaufenden 13. Klassen und die neuen 12. Klassen. Ab 2013, so sagen die Kultusminister voraus, wird das aktuelle Hoch wieder deutlich abflauen. Statt sich also jetzt auf die Schultern zu klopfen, sollten Bund und Länder besser dafür sorgen, dass die Studienanfängerzahlen auch anhaltend hoch bleiben.
Diese Zeit müssen Bund und Länder nutzen, um Bedingungen zu schaffen, damit Deutschland wieder mehr Akademiker hervorbringt - und sich so im globalen Wettbewerb behauptet. Eine Möglichkeit dafür hat Bildungsministerin Annette Schavan bereits aufgezeigt, als sie sich und ihre Politik lobte. Offenbar war es erfolgreich, das Bafög zu erhöhen und den Kreis der Berechtigten auszuweiten. Würden Bund und Länder die finanziellen Hürden weiter senken, statt sie durch Studiengebühren zu erhöhen, könnten die Unis tatsächlich um die besten Köpfe wetteifern - und nicht nur um die dicksten Portemonnaies.
Gleichzeitig muss das Angebot an ausfinanzierten Studienplätzen erhöht werden. Das heißt, die Unis brauchen mehr Personal und mehr öffentliche Mittel. Nie war der Zeitpunkt dafür so günstig wie jetzt. Es gibt nicht nur ausreichend Studienbewerber, sondern auch eine öffentliche Debatte über Konjunkturprogramme und staatliche Investitionen. Diesen Augenblick darf die Politik nicht verschlafen.
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