Kommentar Streubombenkonferenz: Rüstungslobbyisten in Wien
Das Ergebnis der Streubombenkonferenz ist erfreulich. Deutschlands Haltung aber ist zynisch.
N orwegen gab den Anstoß, Österreich lud ein und eine weltweite Koalition von Nichtregierungsorganisationen machte Druck. Mit Erfolg: Immerhin 138 der 192 UNO-Staaten versammelten sich, um sich auf ein Verbot eines der heimtückischsten Mordinstrumente zu einigen, die seit dem Zweiten Weltkrieg entwickelt wurden. Über 100.000 Opfer haben Streubomben inzwischen gefordert - davon zu 95 Prozent Zivilisten, die meisten Frauen und Kinder. Das Ergebnis der Wiener Streubombenkonferenz ist daher größtenteils sehr erfreulich.
Andreas Zumach (52) ist Uno-Korrespondent der taz mit Sitz in Genf.
Die moralisch und politisch einzig denkbare Antwort haben im letzten Jahr Belgien und am Donnerstag auch das österreichische Parlament gegeben: ein sofortiges, vollständiges Verbot nicht nur des Einsatzes ausnahmslos aller Varianten von Streubomben. Sondern auch ihrer Entwicklung, Produktion, Lagerung und des Exports. Die Streubombenbestände der österreichischen Armee sollen innerhalb von drei Jahren vernichtet werden.
Die schlechte Nachricht aus Wien ist, dass von den 138 dort vertretenen Staaten etwa ein Dutzend gegen ein Totalverbot von Streubomben sind: Sie wollen angeblich "ungefährliche" Varianten mit Selbstzerstörungsmechanismen weiterhin zulassen. Besonders zynisch ist dabei die Haltung der deutschen Regierung. Anders als etwa die britische Regierung vertritt sie gar nicht erst die längst widerlegte Behauptung, Streubomben seien aus militärischen Gründen unverzichtbar. Stattdessen tritt die Regierung Merkel ganz offen als Handlanger der deutschen Rüstungsindustrie auf, die weiterhin "ungefährliche" Streubomben produzieren und weltweit verkaufen will.
Eine ähnlich zynische Haltung vertrat die Bundesregierung auch Mitte der Neunzigerjahre, als im Rahmen des "Ottawa-Prozesses" um das Verbot von Antipersonenminen verhandelt wurde. Bleibt zu hoffen, dass Deutschland und andere sich nicht durchsetzen werden, wenn spätestens im August nächsten Jahres ein internationales Abkommen über das Verbot von Streubomben vorliegt. Vorbild dafür sind die Parlamentsbeschlüsse von Wien und Brüssel.
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