Kommentar Stiftungsprofessuren: Unis ohne Ego
Das Verhältnis von Wissenschaft und Wirtschaft ist alles andere als okay. Die Industrie knausert. Die Unis schaffen es nicht, gegenüber Mäzenen stark aufzutreten.
S o so, jetzt soll also alles wieder in Butter sein. Die Deutsche Bank hatte zwei Unis diktiert, wie Forschung auszusehen hat. Nun hat der Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft einen Alles-Paletti-Kodex veröffentlicht, bei dem man sich die Augen reibt. War da was? Ja klar, daher haben die Stifter ja publiziert. Aber der "Code of Conduct" behauptet nun frech, dass Geldgeber "keinen Einfluss auf Forschung und Lehre" nähmen.
Bitte nicht für blöd verkaufen, werte Stifter. Das Verhältnis von Wissenschaft und Wirtschaft ist alles andere als okay: Die Industrie gibt nicht zu viel, sondern zu wenig Geld für Forschung aus. Und die Hochschulen, vom Staat auf Grundmittel herunterdrückt, sind nicht stark genug, um Auftraggebern und Mäzenen gegenüberzutreten.
Deswegen kann ein so mächtiger Player wie die Deutsche Bank Kooperationsbedingungen aufzwingen, die unseriös und forschungsfeindlich sind. Dass genau jene Bank an dem "Code of Conduct" mitgeschrieben hat, der jetzt alles prima findet, spricht Bände.
ist Bildungsredakteur der taz.
Wir erleben einen paradoxen Prozess. Die Forscher verlieren mehr und mehr an Selbstbewusstsein - obwohl sie gefragt sind wie nie. Wir essen keine Sprosse und nutzen kein Smartphone, ohne dass Wissenschaftler durchleuchtet, optimiert und reloaded hätten. Wir sind eine Wissensgesellschaft - aber die Wissenschaftsfunktionäre taumeln in die Bedeutungslosigkeit. Sie vergeben Doktorhüte für Plagiate und exekutieren willfährige Stresstests. Sie lassen sich eine hirnrissige Föderalismusreform aufzwingen, ohne aufzumucken.
Einfache Auswege gibt es nicht. Von oben aufgedrückte Kodizes nützen nichts. Die Antwort kommt eher von unten - wie etwa die Petition von Forschern, die zum Rücktritt des Zitatfälschers Guttenberg führten. Nur, wie überträgt man dieses Selbstvertrauen auf unterfinanzierte Hochschulen?
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Greenpeace-Mitarbeiter über Aufrüstung
„Das 2-Prozent-Ziel ist willkürlich gesetzt“
Selbstzerstörung der FDP
Die Luft wird jetzt auch für Lindner dünn
Rücktritte an der FDP-Spitze
Generalsekretär in offener Feldschlacht gefallen
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Iran als Bedrohung Israels
„Iran könnte ein Arsenal an Atomwaffen bauen“
Keith Kelloggs Wege aus dem Krieg
Immer für eine Überraschung gut