piwik no script img

Kommentar SteuerversprechenSchulden, Schulden, Schulden

Kommentar von Ralph Bollmann

Sparen eröffne keine Chancen, erklärt Merkel. Und so soll das Minus unter Schwarz-Gelb hemmungslos ausgebaut werden. Jetzt kommt es auf den Bundesrat an, Maß zu halten.

D en Versprecher des Tages lieferte der saarländische Ministerpräsident. Als "Diskussionsvertrag" bezeichnete Peter Müller die schwarz-gelbe Koalitionsvereinbarung am Montag auf dem kleinen Parteitag der CDU. Dieser Offenbarung hätte es gar nicht bedurft, um zu erkennen, wie in der Partei über die Vereinbarung mit der FDP gedacht wird.

Ausführlich kamen die Kritiker von Kopfpauschale und größeren Steuersenkungen zu Wort, außer dem notorischen Kanzlerinnen-Kritiker Josef Schlarmann von der Mittelstandsvereinigung bot ihnen niemand wirklich Paroli.

Noch nie hat eine neue Regierung ihre Koalitionsvereinbarung derart zerredet, bevor sie überhaupt unterschrieben war. Noch nie ist eine neue Regierung allerdings auch mit einem derart offensiven Bekenntnis zu hemmungsloser Schuldenpolitik gestartet. "Sparen, Sparen, Sparen" eröffne keine Chancen, sagte Kanzlerin Angela Merkel vor den CDU-Delegierten.

Bild: taz

Ralph Bollmann ist Parlamentskorrespondent der taz.

Sie hätte das Programm auch anders formulieren können: Schulden, Schulden, Schulden. Was vor wenigen Tagen noch unschön Schattenhaushalt hieß, verwandelte sich flugs in einen Schutzschirm für Arbeitsplätze. Die Sache aber bleibt die gleiche: Die laufenden Sozialausgaben werden bis auf Weiteres mit neuen Krediten in zweistelliger Milliardenhöhe beglichen.

Es ist eine Politik, wie sie sich nur Konservative leisten können. Jede SPD-geführte Regierung wäre für solche Etatpläne geteert und gefedert worden, selbst in der Krise. Jeder sozialdemokratische Kanzler, auch der gern verklärte Willy Brandt, verlangte Maßhalten und wirtschaftliche Vernunft. Merkel begibt sich nun in die Tradition ihrer christdemokratischen Vorgänger Konrad Adenauer und Helmut Kohl, die sich mit ungebremster Ausgabenpolitik Wählerzustimmung erkauften.

Das wird nicht ewig gut gehen, darauf stimmt Merkel das Publikum mit Appellen zur Ernsthaftigkeit bereits ein. Dass in einer solchen Lage weitere Steuersenkungen größeren Ausmaßes ausgeschlossen sind, erst recht, wenn von den Ankündigungen in der Bildungspolitik auch nur ein Bruchteil umgesetzt werden soll: Das weiß jeder ernsthafte Politiker in Deutschland. Dem neuen Finanzminister werden bei der Umsetzung dieser Erkenntnis die klammen Länder im Bundesrat behilflich sein. Auch darauf hat Peter Müller am Montag schon mal hingewiesen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

4 Kommentare

 / 
  • EN
    Emil Neustadt

    Rob Savelberg, Berlin-korrespondent der niederländischen tageszeitung "De Telegraaf", hat die zeitweilige unfähigkeit Frau Kanzlerin Merkels, kritische fragen kompetent, kontrovers und offen zu beantworten, auf einer pressekonferenz zu beginn dieser woche auf vortreffliche weise entlarvt. Ihr EISERNES SCHWEIGEN ist unter folgendem link audiovisuell für die weltöffentlichkeit dokumentiert: Merkel zu finanzminister Schäuble und den 100.000 Mark

    http://www.youtube.com/watch?v=XaWE8K2nRVs

  • C
    carolus

    entscheidend ist,dass jetzt die weichen gestellt wurden,dass aufgrund massiver verschuldung der spielraum für die öffentlichen haushalte in den kommenden jahren(jahrzehnten?)immer enger wird und damit eben dem jetzt begünstigten klientel auch im zukunft in die hände spielt!

    wer wird die schulden von morgen,die dieses land aufnehmen muss denn finanzieren und sich damit einen goldene nase verdienen?durch steuerentlastungen entsteht doch immer mehr spielgeld,dass nach anlage auf den finanzmärkten sucht.

  • EN
    Emil Neustadt

    Rob Savelberg, Berlin-korrespondent der niederländischen tageszeitung "De Telegraaf", hat die unfähigkeit Frau Kanzlerin Merkels, überhaupt fragen kompetent zu beantworten, auf einer pressekonferenz auf vortreffliche weise entlarvt. Ihr EISERNES SCHWEIGEN ist unter folgendem link audiovisuell für die weltöffentlichkeit dokumentiert: Merkel zu finanzminister Schäuble und den 100.000 Mark

    http://www.youtube.com/watch?v=XaWE8K2nRVs

  • M
    Mistral

    Ach so, da die schwarz-gelbe Regierung jetzt eine (beinahe) keynesianische Wirtschaftspolitik betreibt, ist es nun angezeigt, dass das "linke Lager" im Umkehrschluss die konservative Verschuldungshysterie a la Meinhard Miegel und Arnulf Baring endgültig verinnerlicht? Tolle Logik!

     

    Nein, es war ein Fehler, dass die Schröder-SPD und die Proto-Jamaika-Grünen seinerzeit sämtliche Keynesianer aus ihren Parteien vergrault haben, um dem damaligen neoliberalen Zeitgeist genüge zu leisten!

     

    PS: Allerdings sind Eiunkommensteuersenkungen in der Tat ein schlechter Konjunkturstimulus und gehören eher in die Rubrik "Klientelpolitik"