Kommentar Steuersenkungen: Eine Steuerhitliste
Die Parteien sind sich alle einig: Die Steuern sollen gesenkt werden. Nur leider hat jede Partei ein eigenes Konzept zur Steuerreform vorgelegt.
A n die Bürger werden demnächst Milliarden Euro verschenkt. So viel steht fest. Denn inzwischen haben sich alle Parteien ein Konzept zur Steuersenkung zugelegt - oder eines angekündigt. Gleichzeitig ist das Wirrwarr an Vorschlägen enorm. Wie mit Unübersichtlichkeit umzugehen ist, hat der britische Schriftsteller Nick Hornby vorgeführt: Hitlisten anlegen. Bei Hornby ging es zwar um Lieblings-Platten und -Frauen - aber warum nicht auch die Lieblings-Steuervorschläge auflisten? Also:
Ulrike Herrmann ist Meinungsredakteurin der taz.
Platz 1 geht an die Idee, gar nicht die Steuern zu senken - sondern die Sozialabgaben. Denn was gern übersehen wird: In Deutschland zahlen viele Arbeitnehmer überhaupt keine Steuern. So muss ein allein verdienender Familienvater mit zwei Kindern auf ein Jahreseinkommen von rund 26.000 Euro kommen, bevor er einen Cent an den Fiskus abführt. Ihm bringt es daher nichts, wenn an der Pendlerpauschale herumgebastelt wird. Wer keine Steuern zahlt, kann nichts absetzen.
Allerdings ist Platz 1 abrutschgefährdet: Es kommt sehr darauf an, wie die Sozialabgaben gesenkt werden. Grüne und SPD stellen sich offenbar vor, den Arbeitnehmer- und Arbeitgeberanteil zu reduzieren. Damit würden jedoch auch die Unternehmer entlastet, was völlig unnötig wäre, denn die Firmengewinne sprudeln bereits üppig. Ziel muss sein, nur den Arbeitnehmeranteil zu drücken.
Platz 2 geht an einen Vorschlag, vom dem alle profitieren würden, die ein wenig mehr Gehalt als der oben erwähnte Familienväter bekommen und deswegen Steuern zahlen: Diese Durchschnittsverdiener werden bisher vom "Mittelstandsbauch" erdrückt. Damit ist gemeint, dass die Steuerprogression gerade am Anfang besonders steil ansteigt. Sie zu strecken ist sinnvoll.
Und was ist mit den Plätzen 3 bis 5? Darunter hat es Hornby doch auch nie gemacht. Aber Steuervorschläge sind dann eben doch keine Schallplatten. Zu viele Präferenzen verwirren nur - und würden verhindern, dass man die sinnvollsten Ideen im parlamentarischen Tauschgeschäft auch tatsächlich durchbekommt.
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