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Kommentar SteueroasenGoliath ist der Gute

Hannes Koch
Kommentar von Hannes Koch

Peer Steinbrücks Beleidigungen gegen Luxemburg bei seinen Attacken gegen Steueroasen müssen nicht sei. Aber in der Sache hat der Finanzminister recht!

Bild: taz

HANNES KOCH ist Taz-Autor.

Als David im Kampf gegen den Goliath Deutschland inszeniert sich Luxemburgs Regierungschef Jean-Claude Juncker. "Wir waren schon einmal besetzt", sagt Juncker in Anspielung auf den Einmarsch der Wehrmacht vor 69 Jahren - und wehrt sich damit gegen den aktuellen Vorwurf des großen Nachbarn, das kleine Luxemburg unterstütze die Steuerhinterziehung. Während in der biblischen Geschichte David das Prinzip des Guten vertritt, ist es im wahren Leben jedoch oft umgekehrt.

Bundesfinanzminister Peer Steinbrück, der Luxemburg als Steueroase attackierte, ist intelligent und rüde. Mit der Arroganz des Schnelldenkers findet er immer neue beleidigende Vergleiche. Erst kürzlich hatte er Luxemburg bezüglich seiner Rechtsstaatlichkeit auf eine Stufe mit dem Entwicklungsland Burkina Faso gestellt. Das muss nicht sein. Aber in der Sache hat Steinbrück recht. Mit Unschuldsmiene bereichern sich Staaten wie die Schweiz und Luxemburg auf Kosten der großen Nachbarn.

Der Schaden lässt sich nur schätzen. Nicht unwahrscheinlich ist es, dass deutschen Finanzämtern 20 Milliarden Euro pro Jahr fehlen, weil Steuerflucht-Staaten die Konten von Ausländern geheim halten. Die relative öffentliche Armut in Deutschland ist auch eine Folge von Steuerhinterziehung - weniger Steuern, weniger Lehrer. Umgekehrt basiert der Reichtum von Steueroasen gerade darauf, dass sie hunderte Milliarden Schwarzgeld beherbergen. Warum sonst könnte es sich die Schweiz leisten, jeden Liftmast in Davos mit Blattgold zu überziehen?

Sicher, bis 2005 hat sich Deutschland ähnlich wie die Steueroasen verhalten. Darauf hat Juncker hingewiesen und damit hat er recht. Aber die Zeiten ändern sich. Die Steueroasen stehen unter Druck, auch Luxemburg muss sich anpassen. Die Rollen haben gewechselt: Jetzt ist Goliath der Gute.

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Hannes Koch
Freier Autor
Geboren 1961, ist selbstständiger Wirtschaftskorrespondent in Berlin. Er schreibt über nationale und internationale Wirtschafts- und Finanzpolitik. 2020 veröffentlichte er zusammen mit KollegInnen das illustrierte Lexikon „101 x Wirtschaft. Alles was wichtig ist“. 2007 erschien sein Buch „Soziale Kapitalisten“, das sich mit der gesellschaftlichen Verantwortung von Unternehmen beschäftigt. Bis 2007 arbeitete Hannes Koch unter anderem als Parlamentskorrespondent bei der taz.

2 Kommentare

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  • LP
    Ludwig Paul Häußner

    Durch Ausgabensteuer zum Steuerparadies

     

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    Die Besteuerung von Einkommen und Erträgen aus aus dem Feudalismus - und istin Zeiten der globalen Arbeitsteilung ein Anachronismus.

     

    Umdenken und Umsteuern ist angesagt.

     

     

    Die EU lässt einen MwSt-Satz von 25% zu. Ziel sollte eine MwSt-Harmonisierung auf eben diesen Prozentsatz sein. Länder wie Frankreich 19,5%, Spanien 16% und Italien 20% könnten damit ihre Haushalte sanieren.

     

    Im Gegenzug ließen ich in den EU-Staaten die veralteten Steuersysteme reformieren und vereinfachen.

     

    In der Folge würden Länder mit solch hohen MwSt-Sätzen tendenziell zu Steuerparadiesen. Die Schweiz wäre z. B. von Steueroasen umzingelt. :-)

     

    Würden auch die Energiesteuern - als konsumnahe Steuern - EU-weit harmonisiert, dann wäre das Gerede über Steueroasen praktisch hinfällig.

     

    Zum sozialen Ausgleich wird ein MwSt-Bonus bzw. ein Öko-Bonus auf Energisteuern bzw. Öko-Abgaben pro EU-BürgerIn eingeführt.

     

     

    Ludwig Paul Häußner

    Universität Karlsruhe (TH)- IEP

  • I
    immerlockerbleiben

    Ich gehe davon aus, dass das Thema Steueroasen nach der Bundestagswahl folgenlos in der Versenkung verschwinden wird, so wie es vor der Finanzkrise auch für die SPD kein Thema war. Steuererhebung ist Ländersache, und da habe ich noch nichts von der massenhaften Einstellung von Betriebsprüfern und Steuerfahndern gehört, vor dem Beitritt der Schweiz zum Schengen-Abkommen wurden die Zöllner an der Grenze aufgefordert, nicht so erfolgreich beim Finden von Schwarzgeld zu sein, die Staatsanwältin in der Liechtenstein-Affäre wurde unter dubiosen Umständen versetzt. Die Wähler sollen jetzt das Gefühl bekommen, dass sie die Krise nicht allein finanzieren müssen, sondern dass die "Großen" zur Verantwortung gezogen werden und auch zahlen müssen. Wir werden langfristig sehen, dass das nicht der Fall sein wird.