Kommentar Steueroasen: Goliath ist der Gute
Peer Steinbrücks Beleidigungen gegen Luxemburg bei seinen Attacken gegen Steueroasen müssen nicht sei. Aber in der Sache hat der Finanzminister recht!
Als David im Kampf gegen den Goliath Deutschland inszeniert sich Luxemburgs Regierungschef Jean-Claude Juncker. "Wir waren schon einmal besetzt", sagt Juncker in Anspielung auf den Einmarsch der Wehrmacht vor 69 Jahren - und wehrt sich damit gegen den aktuellen Vorwurf des großen Nachbarn, das kleine Luxemburg unterstütze die Steuerhinterziehung. Während in der biblischen Geschichte David das Prinzip des Guten vertritt, ist es im wahren Leben jedoch oft umgekehrt.
Bundesfinanzminister Peer Steinbrück, der Luxemburg als Steueroase attackierte, ist intelligent und rüde. Mit der Arroganz des Schnelldenkers findet er immer neue beleidigende Vergleiche. Erst kürzlich hatte er Luxemburg bezüglich seiner Rechtsstaatlichkeit auf eine Stufe mit dem Entwicklungsland Burkina Faso gestellt. Das muss nicht sein. Aber in der Sache hat Steinbrück recht. Mit Unschuldsmiene bereichern sich Staaten wie die Schweiz und Luxemburg auf Kosten der großen Nachbarn.
Der Schaden lässt sich nur schätzen. Nicht unwahrscheinlich ist es, dass deutschen Finanzämtern 20 Milliarden Euro pro Jahr fehlen, weil Steuerflucht-Staaten die Konten von Ausländern geheim halten. Die relative öffentliche Armut in Deutschland ist auch eine Folge von Steuerhinterziehung - weniger Steuern, weniger Lehrer. Umgekehrt basiert der Reichtum von Steueroasen gerade darauf, dass sie hunderte Milliarden Schwarzgeld beherbergen. Warum sonst könnte es sich die Schweiz leisten, jeden Liftmast in Davos mit Blattgold zu überziehen?
Sicher, bis 2005 hat sich Deutschland ähnlich wie die Steueroasen verhalten. Darauf hat Juncker hingewiesen und damit hat er recht. Aber die Zeiten ändern sich. Die Steueroasen stehen unter Druck, auch Luxemburg muss sich anpassen. Die Rollen haben gewechselt: Jetzt ist Goliath der Gute.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Comeback der Linkspartei
„Bist du Jan van Aken?“
Streit um tote Geiseln in Israel
Alle haben versagt
Nach Taten in München und Aschaffenburg
Sicherheit, aber menschlich
Soziologische Wahlforschung
Wie schwarz werden die grünen Milieus?
Klimaneutral bis 2045?
Grünes Wachstum ist wie Abnehmenwollen durch mehr Essen
Nach Absage für Albanese
Die Falsche im Visier