Kommentar Steinbrück-Pläne: Topverdiener müssen zahlen
Der Bundesfinanzminister hat eine originelle und zwingende Idee: Er will die Besserverdienenden zahlen lassen. Schade nur, dass die Ärmsten davon nicht profitieren.
Achtung Steuerzahler, die nächste Reform naht! Diesmal sorgt Finanzminister Peer Steinbrück mit einer Ankündigung in der Bild-Zeitung für Aufsehen. Erwerbstätige sollen ab 2010 deutlich mehr als nur 1.500 Euro steuerlich geltend machen können, wenn sie in die Kranken- und Pflegekasse einzahlen. Originell ist vor allem Steinbrücks Vorschlag zur Gegenfinanzierung: Er will die Besserverdienenden belasten.
Diese Idee ist zwingend. Denn von der sogenannten Vorsorgepauschale profitieren vor allem die Top-Einkommen. Es ist wie bei der Pendlerpauschale: Wer viel verdient und einen hohen Grenzsteuersatz aufweist, der spart am meisten, wenn er von seinem zu versteuernden Einkommen eine Pauschale abziehen darf. Da ist es nur gerecht, wenn ein Teil dieses Zusatzgewinns bei den Besserverdienenden wieder abgeschöpft wird. Zumal die Vorsorgepauschale überhaupt nur erhöht werden soll, weil das Bundesverfassungsgericht dekretiert hat, dass die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung das Existenzminimum sichern. Da wäre es schon ironisch, wenn dieses "Existenzminimum" bei Besserverdienenden deutlich höher ausfallen würde als bei Niedriglöhnern.
Allerdings hat jeder Steuernachlass eine grundsätzliche Tücke: Von Pauschalen kann nur profitieren, wer Steuern abführt. Doch selbst viele Durchschnittsverdiener zahlen kaum noch Steuern, wenn sie allein eine Familie mit zwei Kindern unterhalten. Stattdessen drücken die Sozialabgaben. Eine alleinstehende Verkäuferin, die jährlich 20.000 Euro verdient, muss als Arbeitnehmeranteil fast 4.000 Euro an Sozialabgaben aufbringen - aber nur rund 2.000 Euro an Steuern.
Die erhöhte Vorsorgepauschale illustriert die typische Neigung im deutschen Steuerrecht, von hinten um die Ecke zu denken: Statt durch Steuerzuschüsse an die Kassen gleich die Belastung bei der Sozialversicherung zu senken, bleibt diese Belastung erst einmal hoch, um sie hinterher durch individuell angerechnete Pauschalen wieder zu senken. Doch davon profitieren dann längst nicht mehr alle. ULRIKE HERRMANN
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!