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Kommentar Stalker-AppSchlampenlogik im Sozialen Netz

Kommentar von Frédéric Valin

Die App „Girls around me“ nutzt öffentlich abrufbare Daten um zu zeigen, welche Frauen sich wo aufhalten. Sie offenbart, wie im Netz Identitäten zerlegt und verkauft werden.

Offline-Protest gegen das „Selbst Schuld“-Argument. Bild: reuters

Girls in Deiner Nähe!“ Womit jeder zweite miserable Sexcam-Anbieter wirbt, genau das hat kürzlich eine App aus der Pornografie in die Wirklichkeit geholt: „Girls around me“ ist eine Anwendung, die es dem Nutzer dank der Auswertung öffentlicher Daten erlaubt, Örtlichkeiten mit für ihn besonders interessanten Frauen in seiner Nähe zu finden.

Ist eklig, entsprechend fiel das Medienecho aus. Die New York Times titelte, das sei eine App mit einer neuen Qualität von Gruseligkeit. Apple reagierte und warf die App aus seinem Store.

Die App erinnert nicht von ungefähr an iSonular: Ein Dienst, der es Anglern und Jägern erlaubt, die erfolgsversprechendsten Orte und Tageszeiten für ihr Hobby herauszufinden. Über „Girls around me“ konnte man zwar auch Männer finden, aber sogar die Programmierer hielten dieses Szenario offenbar für den Ausnahmefall – hätten sie den Dienst „People around me“ genannt, wahrscheinlich gäbe es ihr Produkt dann noch im App-Store.

So aber regt sie ein paar ekelhafte Fantasien an, wenn man sich überlegt, wer so etwas nutzen könnte; und also hat sich ziemlich schnell die Beschreibung „Stalker-App“ durchgesetzt.

Claudia Thomas
FRÉDÉRIC VALIN

ist Autor der taz.

Wiederkehr des zynischen alten Slut-Arguments

„Girls around me“ kombinierte ausschließlich öffentlich zugängliche, für jeden einsehbare Daten. Da stellt sich die Frage, ob die Frauen selbst nicht verhindern könnten, zu Freiwild zu werden, wenn sie zurückhaltender mit ihren Daten umgingen.

Zurückhaltender als Männer, versteht sich, und das heißt auch: unsichtbarer als sie. Denn Frauen zuzurufen, sie sollten sich halt bei Diensten wie Foursquare nicht anmelden, und wenn doch, dann halt bitte mit allen Risiken, heißt: Entweder ihr werdet unsichtbar, oder ihr habt es halt selbst so gewollt. Es ist die Wiederkehr des zynischen alten Slut-Arguments: Wer einen Minirock trägt, braucht sich über eine Vergewaltigung nicht beklagen.

Aber das grundsätzliche Problem sind nicht die Stalker und Vergewaltiger, die sich damit einen digitalen Kompass zulegen könnten. Die sind bloß eine beredte Metapher für das, was gerade flächendeckend passiert: Vergewaltigung als Sinnbild des allgegenwärtigen Kontrollverlustes, der aber nicht von den potenziellen Nutzern ausgeht, sondern von den App-Entwicklern.

Die besten Kinos, Brötchen und Frauen

Dazu muss man ein wenig ausholen: Eine Online-Identität ist die Geschichte, die man im Netz von sich erzählt. Idealerweise selbstbestimmt – aber das ist eine Vorstellung, von der man heute sehr weit entfernt ist: Tatsächlich fragmentieren und zerlegen Dienste und Applikationen diese Identität in kleine, marktkompatible Ausschnitte, die man dann weiterverkaufen kann, Einkommensklasse, Beziehungsstatus, Wohnort, Geschlecht.

Identität ist online ein Rohstoff, der – zerlegt und aufbereitet – vertrieben wird. Die besten Kinos in Deiner Nähe, die besten Brötchen, die besten Frauen: Das ist ungefähr die gleiche Logik, der Markt macht da keinen Unterschied.

Das Dilemma ist also Folgendes: Einerseits braucht man diese Dienste, um online zu kommunizieren, sich sichtbar zu machen und stattzufinden. Andererseits kann man sich nicht sichtbar machen, wenn man beliebig in Einzelteile zerlegt werden kann: in Geschlecht, Einkommen, Interessen, soziales Umfeld, und man am Ende ein völlig zerrissenes, kubistisches Porträt abgibt.

Die Kritik an solchen Diensten bleibt immer in der Defensive, wenn er dem Nutzer vorschreiben will, wie er seine Geschichte im Netz zu erzählen hat. Das Credo der Datenschützer ist viel zu oft: Ihr müsst bewusster werden, ihr müsst besser aufpassen, ihr müsst einfach alle viel besser sein als ihr es gerade seid. Sie tun ethisch, sind aber bloß moralisch.

Das Problem ist nicht die Offenheit im Internet, sondern die Marktlogik, die einen derart zerreißt. Solang Datenschutz und Kulturpessimisten nicht fortschrittlicher werden und an ihre Kritik eine Absage an den Markt anschließen, bleiben sie Bedenkenträger, mehr nicht. Solang wird man von da auch keine Alternativen erwarten dürfen, nur Belehrung.

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28 Kommentare

 / 
  • P
    pjotr

    Was für ein Argument!? Ja, lasst uns mal eben den Kapitalismus abschaffen, um damit dann auch die Datenschutzprobleme zu erledigen. Warum die Segmentierung von Persönlichkeit (die mE auch ständig und zwangsläufig ganz systemunabhängig im Alltag passiert) im Kommunismus (/...ismus) weniger problematisch sein soll, bleibt indes schleierhaft.

  • GG
    Grummel Griesgram

    Sehr richtig!

    Ebenso fordere ich schon seit Jahren, in diesen unsäglichen Telephonbüchern die Namen und Anschriften alleinstehender Frauen nicht mehr abzudrucken. Viel zu riskant!

    Auch Frauennamen an Klingelschildern gehören verboten. Das öffnet den unersättlichen Sextätern, die wir Männer alle sind, schließlich Tür und Tor. Da müssen wir eben auch mal ehrlich in uns gehen und offen zugeben:

    Wir vergewaltigen einfach alles und jeden.

     

    Zu ihrer eigenen Sicherheit müssen wir Frauen daher aus dem öffentlichen Leben verbannen.

  • D
    donna

    Komisch, die meisten Kommentator(inn)en hier haben wohl den Artikel nicht genau gelesen - der Autor sagt: Frauen müssten nach der "selber schuld"-Argumentation unsichtbarER und vorsichtigER sein als Männer bei der Weitergabe von Daten. Wer wie viele hier einfach mehr Vorsicht einfordert, verortet die Verantwortung ausschließlich im Individuum - sexistische Strukturen, die unsere Gesellschaft (und damit auch die Marktlogik/Apps...und umgekehrt) nach wie vor durchziehen, können auf einer solchen neoliberalen Eigenverantwortungs-Schiene nicht kritisiert werden.

    Guter Artikel, danke!

  • J
    Josch

    "... ob die Frauen selbst nicht verhindern könnten, zu Freiwild zu werden, wenn sie zurückhaltender mit ihren Daten umgingen. Zurückhaltender als Männer, versteht sich ..."

     

    Es ist ganz unabhängig vom Geschlecht eine gute Idee, mit seinen Daten sorgsam umzugehen. Es ist ein Zeichen von Medienkompetenz, sich nicht bei Diensten anzumelden, die privaten Daten in der Welt verteilen.

  • R
    RedHead

    @emma:

     

    Hier geht es nicht um Frauen, die ohne zutun Opfer von irgendwas werden, hier geht es um Frauen, die der ganzen Welt ihren Aufenthaltsort mitteilen und sich darüber beschweren, dass das auch jemand liest. Das ist bescheuert. Das gleiche mit Facebook, ich würde mich dort niemals anmelden, ich halte das für absoluten Wahnsinn. Gerade wegen dieser Dinge, die hier ja thematisiert werden. Jetzt betrifft es halt Frauen, aber deswegen sind die "Opfer" noch lange nicht weniger selbst schuld. Und nein, auch Frauen müssen nicht 110% bei Facebook sein, dass ist totaler Humbug! Ich bin übrigens so ziemlich das was man einen Internet native nennt, es ist keine Technikfeindlichkeit, wenn ich mich gegen Facebook äußere, im Gegenteil kenne ich mich selbst sogar sehr gut mit Technik aus und weiß auch, wie man bei Facebook Daten abgräbt wenn man das will.

     

    @Locke:

    Wenn ich mit freiem Oberkörper herumlaufe, dann gibt es regelmäßig Kommentare, Neid, Häme. Das ist keine Erfindung von mir. Und eine Frau hat auch nicht zu erwarten, dass sie vergewaltigt wird, wenn sie mit einem Minirock herumläuft, nicht in der so genannten zivilisierten Welt.

    Warum gibt es keine "boys around me" app? Es hat sie halt keiner Programmiert, so wie ich das verstehe müsste aber nur die "girls around me" app umbenannt werden. In der patriarchalen Welt leben die meisten (zum Glück nicht alle) Männer und Frauen mit der Vorstellung, der Mann hat die Frau anzusprechen und demzufolge hat die Frau möglichst (optisch) attraktiv zu sein. So gesehen ist der erhöhte Bedarf an einer "girls around me" app absolut folgerichtig. Ich finde das auch nicht gut, ich teile auch nicht die zugrunde liegende Vorstellung (mich können auch gerne Frauen ansprechen), aber auch ich muss damit umgehen. Trotzdem hab ich kein Interesse an einer solchen App, weil ich mit dummen Menschen sowieso nicht gut klar komme. Intelligente Menschen betrifft diese App auch gar nicht.

  • A
    anke

    Mittelalter mit Internet-Anschluss: Alle Frauen sind potentielle Opfer. Immer. Egal, ob sie aktiv oder passiv sind. Und alle Männer sind potentielle Täter. Immer. Unabhängig davon, was sie sonst noch so tun.

     

    Offenbar bedingt hier mal wieder eins das andere. Und umgekehrt. It‘s Marktwirtschaft, stupid! Made in China: Wer von Risiken leben will, der muss sie zum Massenprodukt machen. Am besten rechnen sich solche, die in der Herstellung billig sind und nach richtig viel ausschauen.

     

    Tja, liebe taz-ler, ihr braucht die technikaffinen Konservativen von der CDU eigentlich gar nicht zu thematisieren. Was die können, könnt Ihr doch schon lange.

  • I
    Individuum

    Das klingt ja gerade so als seien Frauen willenlos und könnten einfach so "geangelt" werden.

  • JS
    Jens Schlegel

    ? war das erste das mir in den Sinn kam, beim Lesen des Artikels.

     

    Hier werden Gedanken krude durchgemischt, die nur scheinbar etwas miteinander zu tun haben.

     

    Wer Daten ins Netz stellt macht sie öffentlich. Bei FourSpuare will man sogar, dass andere wissen, wo man ist. Das ist der Sinn.

     

    So, die App zeigt also wo viele Frauen sind. Und jetzt das Problem? Weshalb sollten Vergewaltiger ausgerechnet dort hin gehen? Sind die nicht in den Parkhäusern und einsamen Parks unterwegs?

    Nein halt, die Frau wird ja zum Freiwild, gejagt in der Analogie des Autors, wie das Tier, das durch die App für den Jäger gefunden wird.

    Irgendwie ganz schön Rückständig, die Frau mal wieder zum passiven Opfer zu machen.

    Gefunden werden wollen Frauen nämlich sicherlich nicht!

     

    Dass der Bezug zwischen Minirock und Vergewaltigung als Folge lächerlich ist, weiß hoffentlich bald jeder. Dass der Vergleich dieser Lächerlichkeit mit der App mehr als hinkt, so stark, dass ich gar nicht weiß wo Anfangen um es zu erläutern, wird dem Autor hoffentlich selbst bewusst.

     

    "Die besten Kinos, Brötchen und Frauen" steht da als Überschrift. Liefert das die App? "Die besten Frauen?", besser den Ort wo sie zu finden sind? Nein. Nur wo die meisten sind. Und alleine wegen dieses Denkfehlers wird auch der ganze folgende Abschnitt zur reinen (logischen) Farce. Denn diese Info kann ja gar nicht geboten werden. Nur Quantität, wo also viele sind, kann ich erfahren.

     

    Was passiert also, wenn eine solche App erfolg hat? Nun, dort wo viele Frauen hingehen, werden viele Männer hingehen. Es wäre dann ja wohl eine völlige umkehr der Situation von heute. Jeder Abend, den ich ausgehe, bin ich in Bars, Clubs und Kneipen, in denen nur Männer sind. Frauen haben sicherlich spezielle Orte. Denn sie wollen ja nicht gefunden werden.

     

    Der Versuch, dann noch ein kleines Datenschutztechnisches "Ach Gott!" hervor zu rufen ist derart jämmerlich und oberflächlich, dass es des Lesens - bezüglich Informationsgewinn - nicht wert ist. Sprachlich übrigens auch nicht.

  • H
    Hanfpiratin

    Selbst schuld - ich kann die uralte Leier nicht mehr hören. Wir sollen immer schön die Schere im Kopf und den Rock über den Knien haben. Klar, Datenschutz gilt für Männer wie für Frauen gleichermaßen. Mit einem kleinen Unterschied: Im Social Network wie im Real Life müssen Frauen hundertzehnprozentig sein, wenn Männern allenfalls 90 Prozent abverlangt werden. Man reiche mir einen Tschador und einen Maulkorb!

  • L
    Locke

    @ Björn Bäuchle, n.n.,

    An vielen Kommentator_innen sieht mensch wieder deutlich die menschenverachtende "Täter-Opfer-Umkehrung". Nur weil Menschen, die als Frauen/Mädchen in der Gesellschaft wahrgenommen werden und in diese Rolle hineinerzogen wurden an der Online-Kommunikation teilnehmen wollen oder auch beruflich müssen, ist es okay daß sie wie Ware behandelt werden und es solche sexistischen Scheißprodukte gibt? Schön, wie einfach es sich priviliegerte nicht betroffene "Männer" da machen.

     

    @RedHead

    Der Vergleich mit den nackten Oberkörpern hinkt, weil im Patriarchat "Männer" die sich ausziehen in der Öffentlichkeit keine Vergewaltigung von "Frauen" erwarten müssen. Warum gibt es denn dann keine "boys around me" app wenn alles so gleichberechtigt ist?

     

    @andi

    "Männer" sind auch nicht besessene abhängige Idioten, viele machen es sichs nur bequem in dieser primitiven Rolle und sie können das auch.

     

    @Anton Gorodezky: Die Datenkrake, wie sie bei der Acta-Kampagne als Bild verwendet wurde, ist höchst problematisch. Weil die Nationalsozialist_innen sie auch schon für antisemitische Propagandea verwendet haben.

    http://allophilia.blogsport.de/2012/02/10/samstag-11-02-2012-anti-acta-demo-in-muenchen/

  • P
    Philipp

    Selbst wenn die genannte App mehr als nur fragwürdig ist, zieht das alte "Slut-Argument" in diesem Fall nur halb: Selbst wenn die Frauen ihren Aufenthaltsort im Netz bekannt geben, macht sie das nicht zu legitimen Belästigungsopfern.

     

    Davon ab hat der Autor an entscheidendem Punkt unrecht: Nicht nur Frauen, sondern alle Menschen sind tatsächlich selber Schuld, wenn sie Foursquare, Facebook und Co nutzen. Denn die Öffentlichmachung des Privaten, inklusive und bei Foursquare sogar explizit des Aufenthaltsortes, ist Funktionsprinzip und Reiz dieser Angebote.

     

    Übertrieben gesagt: Wenn SexyGirl84 bei Foursquare im "schlecht beleuchteten Bahnhofsparkhaus" eincheckt und ihren Account mit ihrem Facebook-Profil, das ein Bikinifoto ziert, verknüpft hat, darf sie sich nicht wundern, wenn diese Informationen tatsächlich gelesen werden. Dafür stehen sie ja im Netz.

     

    Einen sexuellen Übergriff rechtfertigt dies aber nicht einmal implizit.

     

    Selbiges gilt übrigens auch für sämtliche männliche A-List-Blogger, die durch permanente Foursquare-Nutzung ebenso wenig implizit zustimmen, durch Kleinkriminelle ihre teuren MacBooks abgezogen zu bekommen.

     

    Es ist schlicht dumm, vom Geschlecht ganz unabhängig, semipermanent seinen Aufenthaltsort im Internet herauszuschreien. Auch wenn dies keine Slut-Argument-mässige implizite Einwilligung/Rechtfertigung/Provokation von Übergriffen darstellt, macht es mensch verwundbar, sowohl übelmeinenden Individuen als auch Staat, (potenziellem) Arbeitgeber und anderen gegenüber.

  • E
    emma

    @ Kommentatoren

     

    Jungs, werdet einfach im nächsten Leben mal als Frau geboren - dann - hoffentlich- versteht ihr was der Autor versucht zu thematisieren.

     

    Solange Männer solche Apps (und Miniröcke) als generalaufforderung verstehen und sich Frauen nicht mit einem einfachen "nein danke" aus der Situation retten können - sondern eben dann dauernd ziemlich ätzende Diskussionen am Hals haben (und das noch der glimpfliche Fall ist) - ist alles sch***, dass Frauen ohne deren Zutun als Ware umfunktioniert.

     

    Dieses Problem haben Männer nicht - und haben es i.d.R. noch nie gehabt.

     

    Das ist der Punkt.

     

    Und zu empfehlen, dann halt Facebook und (seit der neuen "Datenschutzbestimmungen") auch Google nicht mehr zu nutzen ist ja wohl arg zu billig und gipfelt dann irgendwann in: Hey, wenn ihr euch nicht dauernd blöd anlabern lassen wollt, bleibt doch zuhause - oder- wahlweise könnten wir dann hier ja auch die Einführung der Burka empfehlen.

  • V
    Vincent

    vielleicht sollte der autor mal etwas mehr seinen sinn für die realität scharfen, als wunschdenken nachzurennen. wer seine daten öffentlich macht, braucht sich nicht zu(!) wundern, wenn diese gesammelt und benutzt werden.

    ausserdem, Frédéric Valin: wer brauchen ohne zu gebraucht, braucht brauchen erst gar nicht zu gebrauchen!

  • T
    Tigerritt

    Schnell alle "gefällt mir" drücken!

     

    Mir fällt da immer der alte Limerick ein, von der Dame, die lächelnd auf dem Tiger ritt und schließlich im Tiger landet. Mit ihrem Lächeln auf dessen Gesicht!

    Das ist die Facebookgeneration.

  • C
    Crisssie

    Interessanter Kommentar, danke.

     

    Alle rufen immer nach Medienkompetenz, aber wie viel Medienkompetenz müssen Internetnutzer denn haben? Die Geschäftemacher werden immer mehrere Schritte voraus sein. Ist doch klar, solange das Geld lockt.

  • FU
    Fleisch und Blut

    Ich habe übrigens auch schon prädigital stattgefunden. Und tu es noch.

  • AD
    aus dem Schlachthaus

    Sagt ein Schwein zum anderen "Der Metzger sieht irgendwie nicht nett aus. Ob der's gut meint? Geh mal schneller da vorne, andere müssen auch noch an die Reihe."

  • P
    Pharisäer

    So was muß ich mir nicht von einer Gazette erzählen lassen, die einen "gefällt mir"-Idiotenbutton auf ihren Seiten hat.

     

    Schade eigentlich.

  • T
    tim

    Wer seine Daten im Internet preis gibt, muss mit den Konsequenzen leben. Und wie man hier sieht, sind diese kaum abzuschätzen. Wer weiß was noch alles für "Apps" auftauchen, die anfangen Nutzerdaten von diversen Diensten zu verknüpfen und damit irgend etwas anstellen, was wir uns heute noch gar nicht vorstellen können?

     

    Leider muss ich dem Autor widersprechen. Man braucht keinen dieser "Dienste". Kommunikation war und ist auch immer noch ohne Facebook und Co. möglich. Was allerdings stimmt ist, dass diese Dienste die Kommunikation vereinfachen und neue/andere Möglichkeiten bieten. Diese erkauft man sich jedoch mit der Preisgabe seiner Daten. Wem das nicht bewusst ist, der sollte das Internet und diese Dienste meiden. Ein Vergleich zum realen Leben ist auch hier sehr interessant, wer Online ohne zu zögern sämtliche Daten veröffentlicht, würde höchstwahrscheinlich nie eine Visitenkarte mit Foto, privater Anschrift und privaten Telefonnummern auf der Straße an Fremde verteilen.

     

    Aber auch hier gibt es Abhilfe. Über die Zeit haben sich viele Dienste entwickelt, die kein Interesse an den Daten der User haben. Diese fristen jedoch ein Nieschendasein, da die Großen Dienste wie Facebook und Co. ihre Nutzer quasi abhängig gemacht haben. Aussagen wie "Wie du bist nicht in Facebook? Aber da sind doch alle!", "Alle meine Bekannten sind da, da kann es ja nicht so schlecht sein", oder "Alle meine Bekannten sind da, da kann ich ja nicht weg", spiegeln das Problem ziemlich exakt wieder. Unter dem Druck, ihre sozialen Kontakte halten zu müssen, lassen die User dann so ziemlich alles über sich ergehen.

     

    Es liegt also im Endeffekt an den Nutzer selbst, ob sie weiterhin mit solchen Diensten und den Gefahren leben wollen oder nicht.

     

    Von daher: "Ja, diese Frauen sind selbst schuld!"

  • FK
    Fritz Klein

    Es ist erfrischend, dass Valin auf die materielle Basis dieser pseudosozialen Anwendungen hinweist: das Verwertungsinteresse. Und dem ist es in der Tat im Prinzip egal, womit es sein Geld verdient. Notfalls auch mit nicht-sexistischen, nicht-rassistischen etc. Haltungen und Produkten. Da kann es auch ganz politisch korrekt sein, das Profitinteresse. Besser läuft es natürlich wenn nicht, wie wir an der Pornoindustrie und der Pornografisierung des Alltagslebens sehen.

    Insofern ist der Appell, sich zu solchen Produkten der "sozialen Netzwerke" moralisch zu verhalten, ob als Produzent oder als Konsument, gleichermaßen naiv.

     

    Wahr ist allerdings auch, dass, soweit mir bekannt ist, noch niemand gezwungen wird, sich den Datenfressern auszuliefern. Natürlich weiß man, dass man sich nackt auf den Webmarktplatz stellt, egal welchen Geschlechts. (Das "Slut"-Argument gehört allerdings in eine andere Kategorie; hier ist die selbst-Schuld-Leier integraler Bestandteil der Rechtfertigung der Vergewaltiger.)

     

    Nebenbei: der Einwurf, dass man sich durch Abstinenz solcher Netzwerek in allen ihren Erschienungsformen vom sozialen Leben ausschlösse, kommt mir als eine groteske Sicht auf unsere Welt vor. Dort leben nämlich 7 Milliarden Menschen, und wieviele davon haben ihr sog. soziales Leben auf Smartphones, Facebook etc. eingedampft? - Wie, "ich lebe aber in keinem afrikanischen Dorf"? Stimmt, aber *von* ihm.

  • E
    EnzoAduro

    Ähh, ist das nicht der Sinn von Foursquare? Man kann doch nicht sein aufenthaltsort öffentlich posten und dann blöd finden wenn den andere mitbekommen.

  • L
    lounger

    "Sie tun ethisch, sind aber bloß moralisch."

     

    Gesunder Menschenverstand ist weder das eine noch das andere.

     

    Da ich versuche in Datenschutzdingen das Beste aus dem mir gegebenen Menschenverstand zu machen, weiß ich leider noch nicht mal, was foursquare ist bzw. wofür es andere benutzen. Eine kurze Erklärung im Artikel wäre für Volk wie mich eine echte Hilfe.

  • R
    RedHead

    @Björn Bäuchle: Gut auf den Punkt gebracht.

     

    Wer nicht will, dass jeder weiß wo man ist, der darf es halt nicht der ganzen Welt erzählen. Es gibt da auch keinen Unterschied zwischen Mann und Frau wie die taz hier behauptet, dieser einfache Grundsatz gilt für alle. Und wer sich explizit sichtbar machen will, der kann eben auch gesehen werden, wo ist das Problem? Wenn eine Frau einen Minirock trägt, braucht sie sich auch nicht darüber aufregen, dass man ihre Beine sieht. Ich würde sogar unterstellen, dass die viele Frauen im Minirock dies sogar wollen, einigen ist vielleicht auch einfach nur warm, aber sie alle nehmen das in Kauf. Wenn ein Kerl mit freien Oberkörper herumläuft, muss er auch damit leben, dass Frauen (und auch andere Männer) auf sein Sixpack starren oder aber sich über seine Speckrollen lustig machen. Und das völlig unabhängig davon, ob der freie Oberkörper der Selbstdarstellung dienen soll oder nicht. Und nun?

     

    Es bringt nichts, gegen solche Apps vorzugehen, so etwas ist schnell programmiert, davon wird es auch in Zukunft mehr geben. Und was Apple in seinem Store für Zensur betreibt interessiert auch niemanden mit jailbreak. Das Problem ist doch vielmehr die mangelnde Medienkompetenz, wenn sich hier einige Menschen offenbar nicht im klaren darüber sind, was es heißt, Informationen über sich zu veröffentlichen. Liebe taz, das ist eine völlig unpassende Gelegenheit, mal wieder allgemein über Männer zu hetzen und Frauen zu opfern zu degradieren. Hier geht es um was ganz anderes.

  • AG
    Anton Gorodezky

    Selbst schuld, genau dieser Satz trifft hier zu. Und es ist eben nicht die Wiederholung des Slut-Arguments.

     

    Wer sich heutzutage bei einer Datenkrake anmeldet, der weiß genau, was er tut und kann die Konsequenzen einer Anmeldung notfalls in den AGB nachlesen: was man reinschreibt, wird verwertet. Damit erklärt man sich einverstanden.

     

    Dementsprechend kann man sich auch nicht bei der Datenkrake beschweren, wenn man durch solche "Girls around"-Dienste angeboten wird und dann an einen Vergewaltiger gerät - es käme ja auch niemand auf die Idee, H&M für eine Vergewaltigung verantwortlich zu machen. An Vergewaltigungen trägt immer der Vergewaltiger die schuld. Nicht die Frau, die Klamotten trägt, nicht der Produzent, der die Klamotten in Bangladesch produzieren ließ.

     

    Um mal im Bilde zu bleiben: sich über Facebook & Co. aufzuregen wäre dann in etwa so: Frau spricht Kerl an. Kerl sagt: "Ich will nur was mit dir zu tun haben, wenn ich dich pimpern darf!" Frau stimmt zu und wird (unter anderem) gepimpert. Frau findet das nicht toll und schreit "Vergewaltigung!"

  • A
    andi

    tja was soll man nur dazu sagen

    männer sind halt besessen und abhängig von frauen aber irgendwann reicht es auch.

    die app-entwickler haben wohl einige flirtprobleme...

     

    ps. ich halte das für ein problem die vergewaltigung als einen kontrollverlust zu degradieren. nach der logik dürften ja dann auch frauen in den arabischen ländern frei von vergewaltigungen sein und dies ist definituv nicht der fall (siehe film cairo 678 ). ebenfalls wehren sich die opfer zumeist schreien weinen und trotzdem kümmert es dem mann der vergewaltigen will wenig. vergewaltiger sind eher auf die macht aus. eine vergewaltigung ist ein selbstsüchtiges machtinstrument. den täter als armen opfer hinzustellen zeigt wie sehr unsere gesellschaft aufgeklärt ist....

  • N
    n.n.

    "girls in deiner nähe"?

    es müsste wohl eher "dumme girls in deiner nähe" heißen. denn wer seine daten derart gedankenlos spreadet verdient es nicht besser. egal ob mann oder frau.

  • G
    gesche

    die Frage ist, was Anbieter von Diensten mit den Daten der NutzerInnen anfangen - gilt für die nicht auch der Datenschutz? Muss man nicht erst in die Weitergabe von Daten einwilligen, damit das passieren kann? Diese Anbieter setzen sich über sowas bedenkenlos hinweg, hier mit einer Art Zuhältersoftware, bei der die angebotenen "girls" gar nicht wissen, dass sie angeboten werden.

     

    Scheint sinnvoll, solche Datenkraken (wie auch Facebook) konsequent zu meiden. Soweit ich weiß, ist diaspora eine akzeptable Alternative.

  • BB
    Björn Bäuchle

    Ist das ein verspäteter Aprilscherz? Ich halte die Analogie zu Miniröcken und Vergewaltigungen extrem weit hergeholt:

     

    Nicht an einer Vergewaltigung sind Frauen selbst schuld, wenn sie Miniröcke tragen, sondern daran, dass man ihre Beine sehen kann. Wenn ich mich auf die Einkaufstraße stelle und rumbrülle, bin ich selbst schuld, wenn mich jemand hört. Wenn ich mich auf foursquare einlogge, bin ich selbst schuld, wenn jemand herausfindet, wo ich bin.

     

    Wenn ich bei der taz einen Leserkommentar mit meinem Klarnamen unterschreibe, bin ich selbst schuld, wenn man nachher weiß, dass ich es war.

     

    Egal, ob ich Mann oder Frau bin.