Kommentar Spreeufer: Das Dilemma mit dem Ufer
Eine öffentliche, am Gemeinwohl orientierte Nutzung der Ufer ist nur garantiert, wenn die Flächen in der Hand der Allgemeinheit sind. Sie müssten dem Staat gehören. Der aber versagt komplett.
U nd schon wieder geht eine Brache an der Spree flöten. Schon wieder streiten sich die Zwischennutzer mit den Endverbrauchern eines leeren, wunderbar gelegenen Grundstücks.
So ganz einfach ist das nicht. Denn beide Projekte sind irgendwie gut. Und dann doch wieder nicht lupenrein. Beide Projekte versprechen den offen Zugang zum Fluss. Und können es dann doch nicht so ganz einhalten. Hier die Betreiber einer Strandbar, die aus einer verborgen gelegenen Müllkippe einen der spannendsten Orte der Stadt gemacht haben. Allerdings nehmen sie Eintritt, wenn auch nur einen Euro. Lupenrein gemeinnützig ist das nicht. Genausowenig wie die Baugruppe. Deren Experiment mit Erbbaurecht und kreativ-öffentlicher Strandnutzung sind zwar allemal spannender als jedes andere glasglatte Neubauprojekt in Mitte. Aber letztlich geht es auch hier um den Traum einiger weniger. Und wenn deren Träume durch lärmende Ufergäste gestört werden, dürfte klar sein, wessen Nutzungsrechte hier auf Dauer eingeschränkt werden.
Eine öffentliche, am Gemeinwohl orientierte Nutzung der Ufer ist nur garantiert, wenn die Flächen in der Hand der Allgemeinheit sind. Sie müssten somit dem Staat gehören. Der aber versagt komplett. Denn ihm gehören viele der Grundstücke. Doch es fällt ihm nichts weiter ein, als sie zu verscherbeln. Um einen finanziellen Bankrott zu vermeiden, wird auf der Gestaltungsebene der Bankrott erklärt. Der politische Wille, das zu ändern, ist da. Zumindest bei den Wählern. Das hat der Bürgerentscheid gegen die Spreeuferbebauung vor zwei Jahren gezeigt. Solange das nicht auch die Gewählten kapieren, wird es weiter Streit um die Ufer geben.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Entlassene grüne Ministerin Nonnemacher
„Die Eskalation zeichnete sich ab“
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Rückzug von Marco Wanderwitz
Die Bedrohten
Repression gegen die linke Szene
Angst als politisches Kalkül