Kommentar Sportnation Russland: In Sotschi wird es schlimmer
Die Ausbeute bei den Spielen von Vancouver hat Russland bis ins Mark getroffen. Der Misserfolg zeichnet sich seit Jahren ab, bei der Sportförderung regiert Kreml-Willkür.
D er Empfang für die Rückkehrer aus Vancouver wird in Moskau frostig ausfallen. Das schlechte Abschneiden der Olympioniken hat die einst große Sportnation bis ins Mark getroffen. Parlamentarier wollen Köpfe rollen sehen, und die Boulevardpresse wittert antirussische Verschwörungen am Werk. Sportliches Versagen wird dort zur militärischen Niederlage, wo Leibesübungen einem Feldzug gleichen.
Die Schmach sitzt so tief, dass Kremlchef Medwedjew gar der Abschlussfeier der Spiele fernbleibt. Eigentlich wollte er als Goldmedaillengewinner im Eishockeyfinale in Nordamerika Russlands Größe demonstrieren. Nach dem Debakel der einstigen "Roten Maschine" bleibt nun der olympische Geist auf der Strecke. Eine fragwürdige Geste für den Veranstalter der nächsten Winterspiele.
Der Misserfolg der russischen Sportler zeichnete sich seit Jahren ab. Nicht das Geld fehlte. Statt es jedoch in den Ausbau des Breitensports zu stecken, wurden Prestigeobjekte hochgezogen und Sportler im Leistungszenit mit großzügigen Zuwendungen versehen. Der Kreml folgte politischem Kalkül. Zur Legitimation der Macht umgab er sich mit glamourösen Sportskanonen. Dass deren Stern sinken könnte und außerhalb Russlands nicht alles käuflich ist, hatte man nicht bedacht. Kurzum: Der Sport offenbart den Realitätsverlust der politischen Führung und die Ineffektivität des Systems. Das Ende der Talfahrt ist nicht abzusehen.
ist Russland-Korrespondent der taz.
Klar ist: Auch in Sotschi wird der Gastgeber selten auf dem Treppchen stehen. Parteien lassen sich in Russland im Nu klonen, Meister des Sports noch nicht. Zu hoffen bleibt, dass der Zweierbob Putin/Medwedjew und seine Mannschaft bis 2014 zumindest lernen, würdige Verlierer zu sein.
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