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Kommentar SpielzeugKontrolle ist besser

Heike Holdinghausen
Kommentar von Heike Holdinghausen

Schutz vor Gift-Spielzeug brauchen gerade die Kinder jeder Eltern, die beim Kaufen stärker aus Geld schauen. Doch für sie ist die Spielzeugrichtlinie keine Hilfe.

Logik sieht anders aus. Bei der Verabschiedung der neuen europäischen Spielzeugrichtlinie sprach sich der konservative EU-Abgeordnete Andreas Schwab einerseits gegen unabhängige Kontrollen der Hersteller aus. Andererseits riet er besorgten Eltern, besser nur Spielzeug mit dem deutschen GS-Prüfzeichen zu kaufen - auch wenn das dann ein wenig teurer sei.

Diese Haltung ist exemplarisch. Wenn die Politik sich um ihre Verantwortung drückt, bemüht sie den Mythos vom mündigen Verbraucher. Der soll sich informieren und dann gute Produkte kaufen, möglichst aus heimischer Produktion. Natürlich gibt es sie noch, die guten Dinge, und sie sind auch leicht zu finden. Um beim Spielzeug zu bleiben: Da prüfen die Stiftung Warentest oder die Zeitschrift Ökotest regelmäßig Wachskreiden und Co. auf deren Unbedenklichkeit, und der Verein "Spielgut" vergibt ein eigenes Gütesiegel. Eltern, die sich informieren und die empfohlenen Spielzeuge bezahlen können - und wollen -, haben somit kein Problem, ihre Geschenke unterm Weihnachtsbaum von Schwermetallen und anderen gefährlichen Makeln freizuhalten. Diese Eltern brauchen auch keine Spielzeugrichtlinie. Denn die Hersteller, denen sie vertrauen, verhalten sich - aus Überzeugung oder unternehmerischem Kalkül - sowieso verantwortungsbewusst.

Es geht vielmehr um jene Kinder, deren Eltern beim Spielzeugkauf in erster Linie auf den Preis achten. Vor allem diese Kinder benötigen den Schutz strenger Gesetze - und den hat Brüssel ihnen verweigert. Denn wo findet sich in der neuen Richtlinie ein Verbot auch nur verdächtiger Chemikalien? Warum gibt es keine unabhängigen Kontrollen? Etwa, weil das Spielzeug dann zu teuer wird? Nur: Wenn es nicht so hergestellt werden kann, dass es für Kinder, Umwelt und Produzenten unbedenklich ist, dann sollte es besser gar nicht hergestellt werden.

Das findet im Grunde ja auch Herr Schwab. Sonst würde er Eltern nicht raten, nur Spielzeug mit dem deutschen Prüfsiegel zu kaufen. Letztlich soll also der Verbraucher leisten, was Herr Schwab sich nicht traut: schlechte Hersteller vom Markt zu drängen. Ein armseliges Bild, welches das EU-Parlament am Donnerstag abgegeben hat.

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Heike Holdinghausen
Redakteurin für Wirtschaft und Umwelt
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1 Kommentar

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  • AR
    Almut Reichel

    Dass der Schutz der Kinder zurückstehen muss gegen die Interessen der Spielzeughersteller und -vertreiber, ist ein Skandal. Sind etwas höhere Preise durch bessere Kontrolle und das Verbot verdächtiger Schadstoffe für Spielzeuge wirklich ein Problem in Europa? Sehr viele Kinder in der EU haben doch eher deutlich zu viel Spielzeug als zuwenig. Darüberhinaus kann man als verantwortungsbewußte/ Verbraucher/in zwar selbst auf Schadstoffarme Produkte achten, aber Kinder bekommen auch von allen Seiten Spielzeug geschenkt - als Werbegeschenke, beim Kindergeburtstag, von wohlmeinenden Verwandten und Bekannten. Und welche Eltern bringen es fertig, dem Kind anschließend das geliebte Gummitier, das fürchterlich nach Weichmachern stinkt, wieder wegzunehmen?