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Kommentar Sorgerechts-EntscheidungVäter-Recht auf Elternsorgen

Heide Oestreich
Kommentar von Heide Oestreich

Beim Sorgerecht wird in strittigen Fällen in Zukunft das Gericht bemüht werden - nicht der schlechteste Weg.

Ein getrennt lebender Vater, der bei der Erziehung seines Kindes mitmischen will, bedeutet Ärger. Diese Auffassung vertreten nicht wenige MitarbeiterInnen der Jugendämter. Sie raten ledigen Müttern deshalb, diesen Vätern nicht ein gemeinsames Sorgerecht einzuräumen.

Die Rechtslage kommt ihnen bislang entgegen: Eine ledige Mutter hat das alleinige Sorgerecht, der Vater kann keinen Einspruch erheben. Eine solche Ungleichbehandlung ist diskriminierend: Denn während geschiedene Eltern sich bei wichtigen Entscheidungen für das Kind einigen müssen, weil bei ihnen das "gemeinsame Sorgerecht" die Regel ist, sind unverheiratete Väter im Nachteil. Gut, dass sich dies nun ändern soll.

Bild: taz

Heide Oestreich ist Inlandsredakteurin der taz.

Bisher geht das deutsche Recht von der Annahme aus: Wäre der Vater kooperativ, würde die Mutter ihm doch das Sorgerecht nicht verweigern, so sagt das deutsche "Mutterrecht" sinngemäß. Wer da erst klagen müsse, trage mit dem Konflikt sicher nicht zum Kindeswohl bei, meinte das Bundesverfassungsgericht noch 2007. Es bat aber um eine empirische Überprüfung dieser Annahme.

Die Untersuchung läuft noch. Deshalb lässt sich schwer sagen, ob die beiden Extremfälle, die immer gern bemüht werden, tatsächlich so viel mit dem Alltag zu tun haben: Die einen beschwören das Bild des väterliche Querulanten herauf, der nie im Kinderzimmer erschienen ist, nach der Trennung aber plötzlich über die Wahl der Schule oder das Feriencamp entscheiden will. Die anderen suggerieren, dass viele Mütter nach der Trennung schlicht keine Lust hätten, sich weiter mit ihrem Expartner auseinanderzusetzen. Letzteres wäre nicht gut fürs Kind, das, wie gerne vergessen wird, schließlich ein Recht auf beide Elternteile hat.

Zur Realität gehört aber auch, dass 90 Prozent der Alleinerziehenden in Deutschland Mütter sind. Ihr größtes Problem sind bislang eher Männer, die sich zu wenig um ihre Kinder kümmern - und nicht Männer, die sich gern mehr einbringen wollen. Letztere gilt es jedoch zu fördern und nicht abzuschrecken.

Ob nun ein automatisches Sorgerecht für beide oder ein Antragsrecht für Väter kommt, ist dabei nebensächlich: In strittigen Fällen wird in beiden Fällen in Zukunft das Gericht bemüht werden. Eine Verrechtlichung des Konflikts ist in solchen emotional hoch aufgeladenen Situationen aber nicht der schlechteste Weg.

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Heide Oestreich
Inlandsredakteurin
Jahrgang 1968, ist seit langem Redakteurin für Geschlechterpolitik in der taz und im kulturradio vom RBB. Von ihr erschien unter anderem das Buch „Der Kopftuchstreit. Das Abendland und ein Quadratmeter Islam“. 2009 wurde sie mit dem Preis „Der lange Atem“ des Journalistenverbands Berlin Brandenburg für die Berichterstattung über Geschlechterstereotype ausgezeichnet.

6 Kommentare

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  • KK
    Karl K

    nen launiges Gedicht einrücken,ist das eine.

     

    Aber mein entfernter Kommentar ist mir in der Sache wichtiger. Hab ich doch - sogar als ordentlicher Vater - erfahren müssen, dass auch das nichts nützt.

    Hinweis meiner erfahrenen FamRi-Kollegen:

    "Das kannste dir erstreiten, so wie´s aber aussieht kannstes dir es auch anschließend über´s KLo hängen.Sie ist schlau genug, alles zu sabotieren."

    So kam´s denn für lange,lange Zeit.

  • KK
    Karl K

    Da reibst du dir die Äugelein:

    erst keine taz am morgen

    und jetzt im taz-netz mein kommentar:

    oh gott – fott.

    Gestern war er doch noch da -?

    jetzt wohl in – Amerika !?

    Da rufste laut – ici, Vespucci !

    doch der bleibt einfach – futschi !?

     

    Ja, mai - muß ich mir statt Frühstück - Sorgen machen?

    Abo-weg und solche Sachen?

    doch nein – die ringeln doch um jedes

    wer zahlt sonst den micedies ?

     

    Nur, weil ich was viel gemosert habe:

    „Chef“reporter - dieser Tage ?

    Ja, das ist - seit Adolf echt ne Plage:

    Selbst Justiz-Chefs reden gerne von “Beritt“

    - und kriegen ihre Zeit nicht mit;

    Reitstiefel, harter Hintern – sozusagen,

    das - laßt doch lieber Gräflein sagen !

     

    Und des ollen Zensors Muff ?

    SED – sitzt ener druff !

    Aber nein und nein – ich träume

    so ! in den Himmel wachsen keine Bäume !?

     

    Karl - hör auf, dumm rum zu schwatzen -

    - hock´ dich zu die Wasserratzen.

     

    Doch, werden meine Freund- und Sangesbrüder/schwestern

    von Betrifft Justiz am Kopf sich – kreatzern ?

     

    Ach nein – zu viel der Ehre, - nein nicht wirklich:

     

    Denn es bleibt Chefkommentator Christian R. ganz unbenommen

    am 16.01.10 – nach Karlsruh`- “25 Jahre BJ“ zu kommen !

     

    Unterm Strich:

    meine Selbst-Evaluierung: 2,87 auf der nach oben offenen Pu-Skala

     

    - und staunenend liest´s der anbetroffene Chef

  • C
    Comment

    Es scheint, als würde sich bei Frau Oestreich derzeit der Wind drehen, aber nur langsam und unstet.

    Ja, aber ... !

    Es entspricht nicht nur meiner Erfahrung, dass Männer generell in Bezug zum Familienleben benachteiligt werden und niemand der LeserInnen bestimmter Autoren glaubt wirklich, dass sich bei Frauen wie Schmollack oder Oestreich plötzlich ein Sinneswandel einstellt.

    Nein, ich hatte mich gekümmert, wollte mich weiter kümmern und wurde abserviert - eiskalt, von einer wamrherzigen und fürsorglichen deutschen mustergültigen Mutter.

    Sorgerecht? Querschießen?

    Wie denn, wo doch alle der aremen alleinerziehenden Mutter beistehen.

    Kiga anmeldung? Kein Problem, keine Unterschrift von beiden Sorgerberechtigten gefordert!

    Gesundheitsvorsorge? Dito!

    Ausübung der Religion? Gerade bei den größten sogenannten christlichen Konfessionen null Problem!

    Vermögenssorge? Was ´n dass?

    Muti und Kind erhalten bis zum Selbstbehalt hinunter Unterhalte - nix mehr übrig, weil Umgangskosten sind Rummel-Runden gleichgestellt.

    Erziehungsfragen insgesamt? Klar, bei spärlichem Umgang auf großer Distanz!

     

    Wenn Frauen erkennen, dass es sich bei Männern auch um Menschen handelt, wird sich überhaupt erst etwas zum besseren ändern können, wenn´s dann nicht doch langsam zu spät ist, weil Männer wie ich schon heute ihre Hoffnungen auf ein sinnerfülltes Leben begraben haben.

    Ich, nach deutschem Familienrecht noch Kinder zeugen?

    Nie, nie wieder!

     

     

    MfG

  • K
    kritzer

    Es existieren ja empirische Daten: in 2008 gut 40.000 Gerichtsverfahren, meist von Vätern, die mehr Umgang möchten. Die Anzahl dieser Fälle steigt jährlich stark an.

  • BB
    Bernhard Band

    Hallo Frau Oestreich, unabhängig von Rechten unverheirateter Väter und Mütter gibt es das Recht der Kinder. Sie haben es in Ihrem Kommentar auch bemerkt. Die deutsche Regelung benachteiligt Kinder nichtverheirateter Eltern mit alleinigem Sorgerecht der Mutter gegenüber den Kindern verheirateter Eltern. Letztere haben im Fall der Trennung der Eltern erheblichen Einfluss auf die Entscheidung über den eigenen künftigen Lebensmittelpunkt. Erstere haben dies -grundsätzlich und ausnahmslos!- nicht. Das Urteil bedeutet daher auch eine Stärkung der Kinderrechte - wenn es denn zu einer Rechtsänderung in Deutschland führt. Diese Problematik ist in der BRD allerdings schon seit 1998 (Reform) und spätestens seit 2003 (BVerfG-Urteil) bekannt. Geändert hat sich seitdem nichts.

  • R
    RichardT

    obwohl, wie sie ja selber sagt, empirische Daten fehlen weiß Frau H.Oestreich, daß sich die meisten ledigen Väter nicht um ihre Kinder kümmern wollen.

    Bösartige Menschen würden soetwas ein Vorurteil nennen.

    Und wenn es so wäre wie behauptet, könnte es nicht auch daranliegen, daß ein Rechtlosen Status nicht gerade das Engagement föprdert?

     

    Ledige Väter haben null Rechte (wenn man vom Recht zu zahlen mal absieht) aber sollen vorbildliche Väter sein.