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Kommentar SolarindustriePhotovoltaik ist kein Selbstläufer

Malte Kreutzfeldt
Kommentar von Malte Kreutzfeldt

Die Werksschließung der First Solar in Deutschland zeigt einen bedrohlichen Trend. Um ihn aufzuhalten, bedarf es intelligenter Förderung und schnellen Handelns.

M it dem Rückzug von First Solar aus Deutschland erreicht die Krise der Solarindustrie einen neuen Höhepunkt. Schließlich geht es nicht um irgendeine Firma, das von der aktuellen Entwicklung überfordert ist, sondern um das zweitgrößte Solarunternehmen der Welt, das Deutschland den Rücken kehrt - und zwar explizit unter Verweis auf die veränderten politischen Rahmenbedingungen.

Obwohl die Branche bei der Vorstellung der neuen, drastischen Kürzungen der Solarvergütung vor massenhaften Entlassungen und Standortschließungen gewarnt hat, kommt die Entwicklung für die Politik offenbar überraschend. Und das ist durchaus nachvollziehbar: Schließlich hatten die Solar-Lobbyisten bisher vor jeder Kürzung den Untergang an die Wand gemalt – und anschließend mehr Solarzellen verkauft als zuvor. Doch diesmal hat die Politik den Markt tatsächlich überfordert.

Zuvor hatte mit Q-Cells bereits der ehemals größte Solarzellenhersteller der Welt Insolvenz angemeldet, auch Solon und Odersun sind pleite. Kritiker der Solarförderung argumentieren, dass die Probleme der Firmen in Deutschland eine völlig normale marktwirtschaftliche Entwicklung sind.

Bild: taz
Malte Kreutzfeldt

ist Parlamentskorrespondent der taz.

Deutschland oder China

Wenn Solarzellen in China deutlich billiger hergestellt werden können als hierzulande, dann wandert die Produktion ab – genauso wie bei vielen anderen elektronischen Geräten. Und wenn das wichtigste Ziel der Förderpolitik ist, möglichst viel Solarstrom ins Netz zu bekommen, um Atomkraft und Kohle zu ersetzen, könnte es ja eigentlich egal sein, ob die dafür notwendigen Geräte in Deutschland oder China hergestellt werden.

Diese Diskussion verkennt aber, dass es für die Akzeptanz der Ökostrom-Umlage, die alle Verbraucher zahlen, entscheidend ist, dass diese zumindest teilweise der Schaffung heimischer Arbeitsplätze dient. Doch selbst wenn die Politik nun aufwachen würde und alles versuchte, die Industrie im Land zu halten: Eine höhere Solarförderung in der bisherigen Ausgestaltung würde das Problem nicht lösen. Denn diese kommt den chinesischen Herstellern in gleicher Weise zu gute wie den deutschen.

Die Lösung könnte ein Fördermodell sein, das die Vergütung teilweise daran koppelt, wo die Solarzellen hergestellt werden. Gerechtfertigt werden könnte dieser Verstoß gegen Freihandelsprinzipien damit, dass China seine Solarindustrie ebenfalls staatlich fördert, etwa durch vergünstigte Kredite und Grundstücke. Während in den USA deshalb bereits eine Anti-Dumping-Untersuchung läuft, ignoriert Deutschland das Problem bisher. Wenn die Zukunftstechnik das Land nicht komplett verlassen soll, ist schnelles Handeln gefragt.

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Malte Kreutzfeldt
ehemaliger Redakteur
Jahrgang 1971, war bis September 2022 Korrespondent für Wirtschaft und Umwelt im Parlamentsbüro der taz. Er hat in Göttingen und Berkeley Biologie, Politik und Englisch studiert, sich dabei umweltpolitisch und globalisierungskritisch engagiert und später bei der Hessischen/Niedersächsischen Allgemeinen in Kassel volontiert.   Für seine Aufdeckung der Rechenfehler von Lungenarzt Dr. Dieter Köhler wurde er 2019 vom Medium Magazin als Journalist des Jahres in der Kategorie Wissenschaft ausgezeichnet. Zudem erhielt er 2019 den Umwelt-Medienpreis der DUH in der Kategorie Print.
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9 Kommentare

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  • MD
    Matthias Diehl

    Lieber Michael Schütte,

    Ihr ironisch vorgebrachtes Argument, Solarenergie dort zu nutzen wo mehr Sonne scheint, wäre dann richtig, wenn der Transport der Energie kostenlos wäre. Bis allerdings eine griechische Solar kWh in Deutschland angekommen ist, ist sie teurer als eine Deutsche. Da man inzwischen in Deutschland Solarstrom auf dem eigenen Dach billiger herstellen kann als die großen Stromanbieter, ist ihr Argument, durch die Entwicklung der letzten Jahre, eindrucksvoll widerlegt.

  • DM
    Dieter Metk

    "Dumping" der chinesischen Hersteller, "Staatskapitalismus", ist die eine Seite. Die andere, dass mit dem EEG-Gesetz die Verbreitung der Erneuerbaren ein dermaßenes Tempo erreicht hat, dass es jetzt schnellstmöglich gestopt werden muß. Wo kämen wir denn hin, wenn auf jedem geeigneten, auch Mietshaus, eine PV-Anlage den Strom, der dort verbraucht wird, auch selbst produzieren würde?

    Entsprechende konzipierte Netze, verbunden mit neuen Speichertechniken, könnten in kurzer Zeit die vorgeblichen Netzprobleme beseitigen. Mann müßte nur wollen.

    Dezentrale Anlagen sind aber nicht im Interesse der Großkonzerne. Da wäre nichts zu verdienen. "Offshore" für Wind "rechnet" sich für diese besser. für die Netzanbindung müssen Staat und (Klein)verbraucher löhnen. Wie man sieht, sind Atomkraftwerke überflüssig - und unwirtschaftlich. Kohlekraftwerke ebenso. Überflüssiger Netzausbau wird von der Allgemeinheit bezahlt, genutzt werden die Netze von den Großkonzernen, um den Strom europaweit gewinnbringend zu vermarkten.

    Siemens & Co. verkaufen ihre Windanlagen lieber ins Ausland, als dass sie für dezentrale (Bürger)Windprojekte im unterentwickelten Bayern, BaWü und Hessen genutzt werden, und damit Super-Stromtrassen überflüssig werden. Und die anti-Lobbyisten sind schon seit Jahren aktiv, finden ganz schnell eine bedrohte Tierart, wenn auch nur der Gedanke an Windanlagen irgendwo bekannt wird.

    Es wird Zeit, diese unverantwortlichen Politiker dahin zu schicken, wo sie ihre ach so tollen Mammutanlagen installieren wollen: in die Wüste!

  • P
    patzele

    Die Presse zu FirstSolar bietet auch noch andere Gründe für den Stellenabbau als die europäische Reduktion des Engagements in Sachen PV... Einfach mal die Suchmaschinen bedienen falls Interesse besteht!

     

    Vor was wollen wir uns eigentlich schützen?

    Vor günstigen und zuehmend guten Solarmodulen? Davor, dass der Wohlstand in China wächst? Vor der Rettung der Welt, durch wettbewerbsfähige erneuerbare Energie?

     

    Haben wir wirklich das Recht uns auszusuchen, bei welchen Produkten wir den Preiskampf in Asien und somit günstige Ware in den Regalen wollen und bei welchen wir die Hosen anbehalten wollen...?

  • A
    anton

    Nach dem Beschluss zur CO2-Senkung und zum Atomausstiegs die Solarindustrie durch massive Subventionskürzung aus dem Land zu treiben, ist kriminell. Die ursprüngliche Idee des EEG die Innovation in der Solartechnologie bei gleichzeitigem Ausbau der Solarflächen durch abnehmebde Subventionen zu fördern, war, mit leichten Anpassungen, gut. Sich jetzt praktisch davon zu verabschieden ist ein ähnlicher politischer Schwachsinn, wie der Ausstieg aus dem Ausstieg. Hoffen wir, dass jemand den Mut findet umzukehren.

  • Y
    yberg

    wer fördermittel mit rückforderungsverfall nach 5 jahren vergibt,muß sich nicht wundern,daß jetzt die zelte abgebrochen werden.

     

    wer selbst den aufbau von vorher absehbaren überkapazitäten fördert hat halt nix begriffen.

     

    wer dann noch hochrentable flächenkraftwerksbetreiber

    mit stromkundengeldern pampert und nicht auf förderung und einsparungen der endverbraucher setzt,schafft falsche anreize.

     

    wie wär es denn damit,jedem stromkunden je nach anzahl der haushaltsmitglieder,ein durch den stromlieferanten beschränktes selbstkostendeputat zuzugestehn und bei höherer abnahme die preise ansteigen zu lassen und ein teil dieser einnahmen zur förderung alternativer energiegewinnung einzusetzen und zwar mit höheren subventionen beim endverbraucher geringeren bei flächenproduktion

     

    die jetzige förderung macht hauptsächlich reiche reicher,zumal im spotmarkt die technische ausrüstung weit unter preis eingekauft werden kann, so daß sich so erstellte großanlagen auch ohne zuschüsse bereits rechnen.

  • C
    Corvin

    Zu den ersten Leserkommentaren hier wäre Folgendes von mir als Leser anzumerken: China macht es vor wie durch Staatskapitalismus Zukunftstechnologien gesichert werden. Bravo, Deutschland verpennt mal wieder den Anschluss beim Thema Zukunftstechnologie, da die Märkte ja frei sind und nicht durch Regeln und Subventionen verwässert werden sollen. Wo wir ja auch wirklich global eine freie, nicht subventionierte und nicht reglementierte Marktwirtschaft haben, auf dem ein Polypol besteht, wie sich dies Adam Smith vorgestellt hat. War auf die Neoliberalen hört, hat bereits gegen China verloren.

  • P
    Piefke

    "Die Lösung könnte ein Fördermodell sein, das die Vergütung teilweise daran koppelt, wo die Solarzellen hergestellt werden."

     

    So ein Quatsch. Wenn man die Solartechnologie sinnvoll fördern möchte, dann wäre der einzige Weg der, dass man gerade besonders effiziente Anlagen fördert. Eine Föderung an den Produktionsort zu koppeln würde den Fehler den man in der Vergangenheit gemacht hat einfach auf eine andere Art und Weise fortführen. Die Hersteller hätten keinen Anreiz ihre Anlagen effizienter und kostengünstiger zu gestalten.

  • S
    spiritofbee

    ......kommt die Entwicklung für die Politik offenbar überraschend.....

    Eventuell für die zumeist in detaillierten Sachfragen etwas tumben Politiker, aber keinesfalls für die Lobbyisten der Energiemonopolisten. Sie sind diejenigen, die diese Gesetze wohl mitgeschrieben haben. Alles andere zu glauben wäre m.E. vollkommen naiv und an der Realität vorbei.

     

    Hierzu ein Zitat:

     

    Die Folge wird sein, dass in 20 oder 25 Jahren die dann nächste Generation fragen wird: Konnte die Welt wirklich nicht einigermassen lebensfähig erhalten werden? Und die Antwort wird sein, wenn es so weitergeht wie bisher: Es wäre zwar möglich gewesen, wenn es nicht den internationalen Wettbewerbsbedingungen widersprochen hätte, wenn es nicht den wirtschaftlichen Idiologien, dem Marktprinzip, widersprochen hätte. Herman Scheer

  • MS
    Michael Schütte

    Schon lange warte ich auf die deutsche Banane. Bitte liebe Grünen, schafft ein Subventionssystem, dass den deutschen Bananenanbau fördert.