Kommentar Sicherheitstransfer Afghanistan: Mythos Sicherheit
Die geplante Übergabe der Sicherheitsverantwortung an die afghanische Regierung ist Symbolpolitik. Hinter der Qualität der Streitkräfte stehen große Fragezeichen.
D ie für den kommenden Juli geplante Übergabe der Sicherheitsverantwortung von der Nato an die afghanische Regierung in drei Provinzen und vier weiteren Städten ist vor allem Symbolpolitik.
Dieser Schritt soll die im Westen vorherrschenden Vorstellungen untermauern, dass es Fortschritte gibt in Afghanistan und dass damit allmählich auch der Weg frei wird für einen Rückzug der meisten westlichen Truppen und für eine Umwandlung des verbleibenden Rests von einer Kampf- in eine Beratertruppe bis 2014. Es ist mehr oder weniger ein Schlafmittelchen für die Wähler in den Entsendestaaten, die - vor allem in Europa - mehrheitlich ein Ende des Afghanistaneinsatzes wollen.
Denn hinter der Qualität der afghanischen Streitkräfte stehen nach wie vor große Fragezeichen. Gerade durch ihr in letzter Zeit rasantes Personal-Wachstum werden ihre Fähigkeiten weiter verwässert statt verbessert, indem den wenigen guten Soldaten und Polizisten eine wachsende Anzahl oberflächlich ausgesuchter und ausgebildeter Neulinge zur Seite gestellt wird.
Noch bis vor kurzem hielten die Neueinstellungen nicht mit den Desertations- und sonstigen Verlustraten mit. Das soll sich jetzt geändert haben, behauptet jedenfalls die Nato. Ob die afghanischen Truppen bis 2014 landesweit die nötige Eigenständigkeit erreichen werden, bleibt bestenfalls eine offene Frage.
Deshalb wurden zunächst auch relativ unproblematische Gebiete ausgesucht. In denen wird sich ab Juli voraussichtlich erst einmal wenig ändern. Afghanische Armee und Polizei rücken etwas mehr in den Vordergrund, die US- und sonstigen Isaf-Truppen - wie es im O-Ton der Nato heißt - "hinter den Horizont".
Dort bilden sie aber weiterhin ein Sicherheitsnetz, auch nach 2014. Verhandlungen über Stützpunkte werden zwischen Washington und Kabul ja schon geführt. Aber ist das dann überhaupt noch ein Abzug? Und ohne Abzug werden die Taliban wohl weiterkämpfen.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Wahlentscheidung
Mit dem Wahl-O-Mat auf Weltrettung
Jugend im Wahlkampf
Schluss mit dem Generationengelaber!
CDU-Chef Friedrich Merz
Friedrich der Mittelgroße
Gedenken an Hanau-Anschlag
SPD, CDU und FDP schikanieren Terror-Betroffene
Trump, Putin und Europa
Dies ist unser Krieg
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Russland und USA beharren auf Kriegsschuld des Westens