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Kommentar Sicherheitsprüfung AKWAl-Qaida als Argument

Reiner Metzger
Kommentar von Reiner Metzger

Im Machtkampf mit den Atommanagern muss die Regierung starke Argumente aufbieten, um diese von Klagen abzuhalten. Das hat sie mit der AKW-"Checkliste" getan.

D ie heiß erwartete "Checkliste" der Bundesregierung für die Sicherheit deutscher Atomkraftwerke liegt nun vor. Und siehe da, sie ist nicht schlecht, weil sie die Liste der potenziellen Bedrohungen, denen AKWs ausgesetzt sind, auf den aktuellen Stand bringt.

Neben Erdbeben wie in Fukushima sind da auch Computerangriffe wie auf die iranische Urananreicherungsanlage Busher berücksichtigt, durch Klimawandel bedingte Stürme ebenso wie ein lange währender Stromausfall: alles Gefahren, auf die Kritiker der Atomenergie teilweise schon seit Jahrzehnten hinweisen.

Am schwersten wiegt aber die Gefahr, die durch abstürzende Flugzeuge droht. Ausgerechnet al-Qaida liefert der bedrängten Regierung also nun das wichtigste Argument, um den Betrieb deutscher Reaktoren zu stoppen. Die Gefahr durch Flugzeuge ist seit der Terrorattacke vom 11. September 2001 offensichtlich. Aber erst jetzt, nach der Katastrophe in Japan und den verlorenen Landtagswahlen, steht die Regierung so mit dem Rücken an der Wand, dass sie zur Begründung ihrer Politik auf die Gefahr durch mögliche Flugzeugangriffe verweist.

REINER METZGER ist stellvertretender Chefredakteur der taz.

Denn sie muss sich wappnen: Nicht unbedingt gegen die Wähler, denn die wichtigste Wahl in diesem Jahr ist für Union und FDP ja schon verloren. Wichtiger ist es, in den kommenden Monaten Front gegen die alten Verbündeten, die Stromkonzerne, zu machen. Deren Chefs sind sauer, weil sie nun auf das mit ihren AKWs leicht verdiente Geld verzichten müssen und auf Jahre komplizierte und teure Investitionen sowie piesackende Landesministerien und klagende Bürger fürchten.

Im Machtkampf mit den Atommanagern muss die Regierung möglichst starke Argumente aufbieten, um die Unternehmen von Schadenersatzklagen abzuhalten. Dann ist auch irgendwann Gras über die Sache gewachsen, so die Hoffnung.

Das Argument der Regierung, die Konzerne dürften nicht allzu sehr verprellt werden, weil man ihre Milliarden für den Umbau des Energiesystems hin zu Erneuerbaren brauche, ist dabei nur vorgeschoben. Die Energiekonzerne werden in jedes Energiesystem investieren, das ihnen die Regierung vorschreibt. Was sollten sie auch sonst tun? Den riesigen deutschen Markt anderen Produzenten überlassen - bei den riesigen Profiten, die hier erzielt werden? Das glauben nicht einmal die Energiechaoten dieser Bundesregierung.

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Reiner Metzger
Leiter Wochenendtaz
Reiner Metzger, geboren 1964, leitet taz am Wochenende zusammen mit Felix Zimmermann. In den Bereichen Politik, Gesellschaft und Sachkunde werden die Themen der vergangenen Woche analysiert und die Themen der kommenden Woche für die Leser idealerweise so vorbereitet, dass sie schon mal wissen, was an Wichtigem auf sie zukommt. Oder einfach Liebens-, Hassens- und Bedenkenswertes gedruckt. Von 2004 bis 2014 war er in der taz-Chefredaktion.
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7 Kommentare

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  • M
    Militant

    Eine Frage die ich noch nirgends erörtert fand ist: Welche Stärke und Bewaffnung müßte ein Stoßtrupp haben, der die Kontrolle in einem Atomkraftwerk im Sturmangriff übernehmen könnte?

    Von innen und mit dem Personal als Geiseln wäre es sicher kein großes Problem in kürzester Zeit einen Super GAU auszulösen.

  • V
    vic

    Zunächst möchte ich feststellen;

    Al-Qaida mit deutschen Atomkraftwerken in Verbindung zu bringen, ist sehr weit hergeholt und entbehrt jeder Grundlage.

    Der Punkt ist doch:

    Die Bundesrepublik, also wir alle, werden die Klage der Atomkrake RWE trotzdem verlieren.

    Das haben wir Frau Kanzlerin zu verdanken, die allen AKW bescheingte sie wären sicher. Sicher bis einschließlich 10. März.

    Da ist es nur schwer zu vermitteln, weswegen dieselben AKW ab dem 11. März nicht mehr sicher sein sollen.

    Natürlich wusste sie, dass sich am unsicheren Status der deutschen AKW mit dem Ereignis in Fukushima nicht geändert hat.

    Vielen Dank also für keine Chance gegen klagende Atomkonzerne, Frau Merkel.

  • S
    snoopy

    Wer nicht mitmachen will, wird verstaatlicht! So einfach ginge das. Die knobeln ja sonst mit dem Grundgesetz, wenn es darum geht "Zwerge" zu bekämpfen. Jetzt vor den Riesen können sie ja mal zeigen, ob sie nur Pappnasen tragen, oder den richtigen Riecher haben.

    Diese Nimmersatts nehmen doch einen Super-Gau in Kauf-nur um mit 7-Mäulern fressen zu können.

  • R
    r.p.weller

    wie wäre es die betreiber der AKW mit einer haftpflicht

    -versicherung zu belegen, die sämtliche evtl.

    schäden abdeckt- so wie jedes mofa?

     

    frage:

     

    r.p.

  • HW
    Hilfe, wir werden amerikanisiert

    Hey Riener, thanks for writing "al-Qaida". But next time, please use "9/11", too.

    See you for dinner at the Weiner Snitzel Restaurant.

  • M
    Mohammad

    Einfach traurig das die Panikmache mit der sogenannten "Al-Qaida" so gut klappt. Wann wacht das Volk endlich auf und merkt das es mit dieser Terrorgefahr nur verarscht wird?

     

    USrael wird bestimmt kein Flugzeug auf europäische KKW abstürzen lassen, der Schaden wäre zu groß. Beim WTC ging das noch, das hatte ja nur kleine Folgen für die Amerikaner.

  • H
    heiner

    Den wichtigsten Punkt hat die Regierung mal wieder vergessen, dass nämlich nicht weiterhin der Staat und damit der Steuerzahler für Probleme und Unfälle der Atomkonzerne zahlen darf, sondern das Verursacherprinzip (das für jeden Bürger und für jeden Bereich der Industrie gilt) endlich auch in der Atombranche gelten muß:

     

    Die AKW-Betreiber müssen also zu einer vollen Haftpflichtversicherung für jedes AKWs verpflichtet werden.

     

    http://www.atomhaftpflicht.de/formular.php3