piwik no script img

Kommentar SerbienSie können nicht anders

Kommentar von Andrej Ivanji

Die Wirtschaft in Serbien kriselt. Die Regierung ist unerfahren und will das Problem mit der Notenpresse regeln. Ob das funktioniert, ist äußerst zweifelhaft.

D ie Eile, mit der sich die Regierung Serbiens die Notenbank unterstellen wollte, zeigt die ganze Trostlosigkeit der wirtschaftlichen und sozialen Lage: die Staatskasse ist leer, das Haushaltsdefizit beträgt 2,2 Milliarden Euro, die Wirtschaft steht still, die Arbeitslosigkeit liegt bei 25 Prozent und wird täglich größer, das Gesundheitssystem ist am Ende, und um Renten und Gehälter für Staatsbeamte im Oktober überhaupt auszahlen zu können, wird sich Serbien noch mehr unter denkbar schlechten Konditionen verschulden müssen.

Für diese Situation tragen die neuen Machthaber Serbiens keine Verantwortung. Und wegen dem kriegshetzerischen, nationalistischen Ballast eines Teils der regierenden Koalition, die sich gewandelt hat und sich nun als prowestlich ausgibt, ist ein Streit mit der EU und internationalen Finanzinstitutionen zu Beginn des Mandats sicher das letzte, was sie wollen. Doch sie können einfach nicht anders.

Premier Ivica Dacic war Pressesprecher von Slobodan Milosevic. Die neue Gouverneurin der Notenbank war Privatisierungsministerin unter ihm. Die meisten neuen Staatsfunktionäre haben Karriere gemacht, als die Politik die Wirtschaft und die Finanzen noch kontrollierte. Andere sind reine Theoretiker. Mit Marktwirtschaft hat keiner Erfahrung.

Der Autor

ANDREJ IVANJI ist Autor der taz. Er lebt in Belgrad.

Nach dem Motto „Schwierige Zeiten fordern unorthodoxe Maßnahmen“ wollen sie nun die Notenbank einspannen, um die Wirtschaftskrise zu überwinden. Um ehrlich zu sein, so manche fordern das auch von der Europäischen Zentralbank.

Im Falle Serbiens sollte das heißen, kontrolliert die Notenpresse laufen zu lassen und gezielt Investitionen aus Devisenreserven zu finanzieren. Es ist ein Spiel mit dem Feuer und schwer korruptionsverdächtig. Die Biografien der Entscheidungsträger flößen auch kein Vertrauen ein.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Auslandskorrespondent Belgrad
Mehr zum Thema

2 Kommentare

 / 
Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • O
    optant

    Und der österreichischen Geschichte gibt es Beispiele dafür, wie ein Umdenken dfoprineli Erfolg von Österreich!

  • C
    Carlo

    Lieber Herr Ivanji,

    lesen Sie doch mal die Nachdenkseiten, dann dürfte es auch mit dem Volkswirtschaftlichen wieder klappen...