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Kommentar SchwimmpflichtEs geht ums Prinzip

Jan Kahlcke
Kommentar von Jan Kahlcke

Wenn Kinder nachweislich schwimmen können, hat der Staat seine Pflicht getan.

B ei der Bremer Klage gegen die Pflicht zum Schwimmunterricht geht es um alles Mögliche – nur nicht um das Wohl des Kindes. Die Eltern wollen ein Grundsatzurteil erzwingen, obwohl ihre jüngste Tochter davon nicht mehr betroffen sein wird. Der hätten sie einen besseren Dienst erwiesen, wenn sie ihr ein Attest besorgt hätten, das ihre offenkundigen Probleme mit dem Schwimmen belegt.

Aber auch die Schule und die Stadt schalten unnötig auf stur: Für zwei ausstehende Schwimmstunden ließe sich eine geräuschlose Lösung finden, ginge es nicht ums Prinzip. Auf das Verhängen von Bußgeldern könnte die Stadt auch verzichten, nachdem sie juristisch auf ganzer Linie gewonnen hat.

Und ist das eigentliche Anliegen gerechtfertigt? Die islamischen Bekleidungsvorschriften dienen dazu, die Reize einer Frau vor gierigen Männerblicken zu verbergen. Dass Achtjährige keine solchen Reize haben, dürfte klar sein. Die diskutable Frage ist, ab wann das der Fall ist. Die unter Muslimen am weitesten verbreitete Ansicht ist: mit Einsetzen der ersten Periode. Daran könnte auch der Staat sich grob halten.

Und wie weit reicht seine Fürsorgepflicht? Wenn muslimische Eltern nachweisen können, dass ihre Töchter schwimmen können, wäre ihr genüge getan. Alternative: Nach Geschlechtern getrennter Schwimmunterricht. Der würde auch manchem Nicht-muslimischen Mädchen gut tun.

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Jan Kahlcke
Redaktionsleiter
Jan Kahlcke, war von 1999 bis 2003 erst Volontär und dann Redakteur bei der taz bremen, danach freier Journalist. 2006 kehrte er als Redaktionsleiter zur taz nord in Hamburg zurück
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8 Kommentare

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  • J
    Jörn

    Auch bei uns war das getrennte Schwimmen lange die Norm. Schwimmbereiche waren abgetrennt und die Schwimmkleider mehr als nur Daumen- bis Handbreit.

    Die muslimischen Vorstellungen sind also keineswegs fremd und absurd. Allerdings wurden bei uns die christlich geprägten Moralvorstellungen zurückgedrängt und die säkulare Gesellschaft hat sich nicht nur ihre Freiräume sondern die Vorherrschaft erobert. Der Glaube darf das vorschreiben, was das allgemeine Recht nicht unnötigerweise oder willkürlich verbietet.

    Ob Beschneidung oder Sexualkunde - der Staat entscheidet über die Pflichten und die religiösen Spielräume.

    In den muslimischen Gesellschaften funktioniert es andersherum. Die Sharia steht über allem und die Auslegung der Sharia gibt den Spielraum für das staatliche Recht vor. Eine solche Sichtweise würde jedoch nicht nur unsere Gesellschaft 50 Jahre zurückwerfen (was so mancher Konservativer, der den Wertewandel bekämpft, auch möchte), sondern würde das Zusammenleben der verschiedenen Religionen unmöglich machen. Wo eine Religion Gesetz ist, werden Andersgläubige diskriminiert - wenn nicht verfolgt. So geht es nicht nur um die Verteidigung unserer säkularen Gesellschaft, sondern auch um den Religionsfrieden - der bei uns Jahrhundertelang alles andere als selbstverständlich war. Die Hansestadt Bremen ist dabei den religiösen Wünschen bereits weit entgegen gekommen. Keine Jugendlichen werden zum gemeinsamen Schwimmunterricht gezwungen. Das Primat des säkularen Staates ist jedoch die Grenzen festzulegen - und nicht die des Korans.

  • K
    kiddylein

    "Es geht ums Prinzip."

    Richtig! Wenn jetzt bereits Mädchen im Grundschulalter "islamisch korrekt" verhüllt werden und nur noch mit dem eigenen Geschlecht Sport oder Schwimmen möglich sein soll, stellen wir Grundschulkinder auf die Stufe geschlechtsreifer Frauen. Perfider kann man Kinder nicht missbrauchen.

    Ich hoffe, dass auch das Verfassungsgericht dem einen klaren Riegel vorschiebt.

    Die fundamentalistische Grundhaltung von Eltern darf deren Kinder nicht in ihrer normalen Entwicklung beeinträchtigen.Das gilt für christliche Fundamentalisten, und sollte auch für islamistische gelten.

  • S
    Sukram

    Geschlechtlich getrennter Unterricht. Um dann nach der Schule wieder durch gesetzliche Quoten die Frauen in die männlich dominierte Arbeitswelt zu "resozialisieren"?

    Diese Menschen erziehen ihre Kinder gegen die grundlegendsten Prinzipien von Gleichheit in unserer Gesellschaft. Hier könnte man sehr wohl argumentieren, dass das interesse des Kindes an gesellschaftlicher Teilhabe dem Erziehungsrecht der Eltern gegenüber steht.

  • KB
    Kara Ben Nemsi

    Was ist das denn fuer eine Logik?

     

    Konnte auch in der dritten Klasse besser Deutsch und Mathe als mancher Sechsklaessler. Dasd bedeutet doch nicht, dass der Staat seine Schuldigkeit getan hatte, und ich drei Jahre dem Unterricht fernbleiben konnte/sollte.

     

    Fragt man das Kind, hat es bestimmt einen Riesenspass am Planschen. Sobald es irgendwann mal "Reize ausstrahlt", soll es sich nach eigenem Gusto verhuellen wie es lustig ist.

     

    Aber diese falsche Ruecksichtnahme auf den religioesen Fanatismus der ELTERN (wohlgemerkt, nicht der Grundrechtraegerin selbst) stimmt mich sehr bedenklich.

  • T
    Titanic

    "Kinder und Frauen zuerst", das getrennte Schwimmen ist auch in unserer Kultur verankert.

  • S
    siegfried

    Der Vater kommt also aus Jordanien. In seinem Land ist die Junggesellenrate ziemlich hoch. Warum? Weil sich auch ein bereits 40jähriger Mann die Hochzeit nicht leisten kann...und ohne Hochzeit keine Frau. So bleiben ihm nur noch Prostituierte, wenn die armen Jungs denn etwas Geld übrig haben.

     

    Leute, Leute, schaut doch mal genau hin. Aus was für einer kranken Gesellschaft kommt denn dieser jordanische Vater. Da wird von gierigen Blicken gesprochen. Kein Wunder, wenn die Mädels von allem ausgeschlossen werden und kein anständiges Miteinander von Kindheits Beinen an gefördert wird. Wir sollten in Deutschland dem nicht nachgeben. Wenn es manchen Muslimen nicht gefällt, bitte, sie müssen ja nicht hier leben.

     

    Jedenfalls hätte er in Jordanien mit seinem kleinen Gehalt keine Frau und 7 Kinder. Und ich frage mich, wer die Gerichtskosten bezahlt, wenn der Herr noch nicht mal seine Strafe bezahlen kann?

     

    Das kleine Mädchen tut mir leid. Unsere Gesellschaft sollte endlich anfangen die Kinder zu schützen. Muslim hin, Muslin her. Wir sind hier in Europa.

  • G
    GÜNNI

    eigentlich sind mir religionen egal, soll jeder gluecklich werden. hab da vollen respekt.

    aber wenn jemand seit 33 jahren in deutschland lebt, die frau deutsche ist, und man die eigene deutsche tochter, ein 9jaehriges kind, aus PERSOENLICHER religioeser ueberzeugung zur gesellschaftlichen aussenseiterin macht, dann nuetzt die religion hier auch nichts mehr, die ja eigentlich den moralischen kontext einer gesellschaft bilden sollte, vor 700 jahren so, vor 2000 jahren so. die einen essen kein schwein, die anderen keine kuh, und auch dafuer gibt es gruende, eben die hygienestandards von vor 1000 jahren.

    heutzutage gibt es leute, die essen keine tiefkuehlpizza.

    und es gibt eigentlich 1000 mehr gruende, heutzutage am besten gar kein fleisch, und wenn, nur bio zu verzehren, gemuese auch. das ist viel wichtiger als texte aus vergangenen zeiten. das waeren naemlich die heiligen schriften von heute. und mit men´s health und dem koerperkult sollten sich langsam auch mal die maenner verhuellen, um nicht die gierigen blicke der frauen und schwulen maenner auf sich zu ziehen. und man sollte auch die ganzen luxusgueter verhuellen, X5, X6, Q7, villen, handtaschen, and so on. nun gut, ich will hier nicht polemisieren, jedem das eigene.

    aber es geht eben um ein kind, und ein verantwortungsvolle eltern sollten sich fragen, warum sie uralte schriften heiliger finden sollten, als das glueck und die freiheit des eigenen kindes, anstatt es gegen die eigenen klassenkammeraden abzugrenzen. das hat null mit unmoralisch zu tun. echt gar nichts.

  • EW
    Es war einmal

    Es war einmal eine Zeit, da haben wir Kinder und Jugendliche zusammen gebadet im Schulschwimmen, in den Ferien und an die Kinderzeit - ich war 8 - ACHT JAHRE alt- erinnere mich sehr gern, wie auch an die Zeit mit 12 und 14 und 16.

     

    Diese Zeit werden meine Enkelkinder wohl nicht erleben dürfen. Verhüllt und getrennt werden meine Mädchen erwachsen werden müssen, weil die Moralnormen des Islam wohlwollende Befürworter haben.