Kommentar Schwarz-Gelb: Freude ist erlaubt
Es geht hoch her in der Koalition. Union und FDP schieben sich gegenseitig den Schwarzen Peter zu - doch am Ende werden sie gemeinsam verantwortlich gemacht.
J a, das rührt zu Tränen. Beinahe. Da wünscht sich der Unionsfraktionsvorsitzende im Bundestag, dass die Koalition einfach mal ein Jahr in Ruhe arbeiten könnte: Gesetz schreiben, Hand heben, Gesetz schreiben - das könnte so schön, das könnte wahrhaftig leichter sein als aktuell dieses groteske Hin und Her bei Schwarz-Gelb! Wenn nur die eigene Politik, wenn nur das eigene Personal nicht wäre, nicht wahr?
Was für ein durchsichtiger Versuch, der FDP den Trottelstempel zu verpassen und sich selbst zur Bastion der Vernunft zu erklären. Selbstverständlich hat die FDP, hat namentlich Wirtschaftsminister Philipp Rösler diesen Stempel verdient. Nichts weist darauf hin, dass Rösler seinem Job gewachsen ist.
Doch darf die Union ihm auch dankbar sein. Durch seine freimütige Äußerung, dass man Griechenland auch pleitegehen lassen könnte, hat Rösler dafür gesorgt, dass er allein auf ewig für jeden Cent haftbar gemacht werden wird, den die Eurorettung noch kostet. Schwarz-Gelb muss aber durchaus als Ganzes für den grotesken Zustand der deutschen Regierungspolitik verantwortlich gemacht werden. Diese Koalition hat die eigene Fallhöhe mit ihrem Geschwätz von Bürgerlichkeit, Verlässlichkeit und Orientierung selbst definiert.
ist Co-Leiterin des Inland-Ressorts der taz.
Doch auch wenn klar ist, dass die sogenannten bürgerlichen Werte, wenn irgendwo, dann im linken Lager wohnen - niemand braucht es dort nun mit Anstand und Taktgefühl zu übertreiben. Triumph muss nicht immer billig sein. Bei allem Respekt vor der Größe des Schuldenproblems hat die schwarz-gelbe Truppe genau diesen Respekt nicht mehr verdient. Union wie FDP haben selbst stets den größten Wert auf die Unterscheidung zwischen Leistungsträgern und Minderleistenden gelegt. Daher werden sie einer Würdigung ihrer Minderleistung aufgeschlossen gegenüberstehen - spätestens bei den nächsten Wahlen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Greenpeace-Mitarbeiter über Aufrüstung
„Das 2-Prozent-Ziel ist willkürlich gesetzt“
Keith Kelloggs Wege aus dem Krieg
Immer für eine Überraschung gut
Ampel-Intrige der FDP
Jetzt reicht es sogar Strack-Zimmermann
Antisemitismus in Berlin
Höchststand gemessen
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Rauchverbot in der Europäischen Union
Die EU qualmt weiter