Kommentar Schwarz-Gelb-Pläne: Die Bildung-ist-uns-wichtig-Show
Kein Bürger muss glauben, dass die schwarz-gelben Koalitionäre ihren eigenen wissenspolitischen Versprechungen glauben.
Selten so gelacht. Während die Koalitionäre in Berlin immer neue astronomische Finanzversprechen machen, ist im Hintergrund ein geradezu vergnügtes Kichern der Finanzminister zu hören. Mehr Geld für Bildung, hahaha, nicht mit uns! So die Botschaft an die Kultusminister. In einem Papier der Finanzminister steht quasi wörtlich: Ihr Bildungsfritzen könnt beschließen, was ihr wollt. Rechnen könnt ihr sowieso nicht.
Man könnte das als Frechheit finsterer Finanzpolitiker abtun. Aber damit ginge man den Charakteren auf den Leim, die im kulturhoheitlichen Schmierentheater auftreten. In Wahrheit ist das Bildungswesen in Länderhand eine kühl kalkulierte Angelegenheit. Sie hat ein strategisches Ziel: Das Bildungswesen gut kontrollieren - und klein halten zu können.
Es gibt wissenschaftliche Studien, die zeigen, dass das föderale Bildungssystem wie ein Investitionsblocker wirkt. Zu viel kleine Krepelländer, zu komplexe Entscheidungsabläufe, keinen Blick für die Zukunft der Wissensgesellschaft. Die vom Bund getragenen Ausgaben für den reparierenden Sozialstaat à la Bismarck explodieren seit 30 Jahren geradezu. Die vorsorgenden Ausgaben für den Chancensozialstaat, also Bildung und Wissenschaft, stagnieren.
Das Zeitalter seit dem 2. Weltkrieg ist das der Bildungsexpansion - finanziert ist es nicht. Man muss sich nur die katastrophale Unterfinanzierung von Kindergärten, Grundschulen und Hochschulen ansehen. Schulen sehen teilweise, pardon, ekelhaft aus. Und auch das geht nur in Deutschland: Das heilige 10-Prozent-Ziel für die Zukunftsausgaben wird erreicht - indem man die Pensionen verdienter Lehrer mit einrechnet. Hahaha!
Kein Bürger muss glauben, dass die schwarz-gelben Koalitionäre ihren eigenen wissenspolitischen Versprechungen glauben. Was in Berlin abgezogen wird, ist die große Bildung-ist-uns-wichtig-Show - die morgen schon vergessen sein wird.
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