Kommentar Schulsystem: Gnadenlos ungerecht
Der jüngste Ländervergleich der Bildungsforscher belegt eindrucksvoll, in wie vielen Dimensionen deutsche Schulen scheitern können.
D er große Vorteil des Föderalismus ist, dass sich anhand des Wettbewerbs von 16 verschiedenen Schulsystemen herausfinden lässt, was funktioniert und was nicht. Das jedenfalls behaupten Föderalismus-Fans gern. In der Tat belegt nun der jüngste Ländervergleich der Bildungsforscher eindrucksvoll, in wie vielen Dimensionen deutsche Schulen scheitern können.
Leider lässt sich kaum anders als so zynisch zusammenfassen, welcher Stand von Bildungsungerechtigkeit zwischen Flensburg und Passau erreichbar ist. Dass in der Bundesrepublik Schulerfolg nicht an der Intelligenz, sondern am Beruf der Eltern hängt, hat sich herumgesprochen.
Doch lohnt erneut ein Blick auf die Details. Im Meinungskampf Gymnasium gegen Gemeinschaftsschule liefern die Bundesländer, die sich immerhin bemühen, dem Ideal des längeren gemeinsamen Lernens näher zu kommen, eher ambivalentes Argumentationsmaterial. So schaffen es in Berlin zwar relativ viele Kinder aus Nichtakademikerhaushalten in die Gymnasien, doch werden in Berlin auch besonders viele Kinder durch die Schulformen heruntergereicht.
Ulrike Winkelmann ist Co-Leiterin des Inlands-Ressorts der taz.
Bayern oder Baden-Württemberg halten es nicht für notwendig, Nichtakademikerkinder ins Gymnasium zu lassen – dort werden im Ergebnis dann auch weniger Absteiger produziert. Wer nicht wagt, der nicht verliert.
Doch ob Bayern oder Berlin – hier wie dort werden um ein Vielfaches mehr Schüler zu Versagern als zu Aufsteigern gemacht. Im Schnitt kommen auf einen Aufwärtswechsel 4,3 Abwärtswechsel. So viel für die Behauptung der Verteidiger des geheiligten Gymnasiums, wonach die Selektion von Neunjährigen in gymnasialtauglich und -nichttauglich doch gar kein abschließendes Urteil sei. Stimmt: Nach unten steht den Kindern alles offen.
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