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Kommentar Schuldenerlass für KubaTriumph des kleinen Castro

Kuba unter Raúl Castro ist kein Aussätziger mehr auf den Weltfinanzmärkten. Das ist gut so, denn die Regierung hat große Pläne.

Hat die kubanische Finanzpolitik umgekrempelt: Raúl Castro. Foto: ap

Im Juli 2006 hat Raúl Castro kommissarisch die Macht von seinem charismatischen älteren Bruder Fidel übernommen. Damals drängte er im kleinen Kreis darauf, die Finanzpolitik der Insel auf eine neue Basis zu stellen. Rückkehr auf das internationale Finanzparkett – so lautete das Ziel des ehemaligen Verteidigungsministers. Neuneinhalb Jahre später ist der nunmehr 84-Jährige am Ziel.

Mit der Unterzeichnung der Übereinkunft mit dem Pariser Club, dem internationalen Zusammenschluss der Gläubigernationen, hat Kuba es geschafft, seine gesamten Auslandsverbindlichkeiten umzuschulden und neu zu strukturieren.

Eine finanzpolitische Meisterleistung der Delegation von der Insel, denn sie hat die Gläubiger des Pariser Clubs dazu bewegt, auf 8,5 Milliarden US-Dollar zu verzichten. Bedienen und tilgen wird Kuba, so das Übereinkommen, fortan die restlichen 2,6 Milliarden US-Dollar Schulden. Sie sollen in den kommenden 18 Jahren abgestottert werden.

Ähnlich erfolgreich liefen Ende 2013 die Verhandlungen mit Russland. Moskau verzichtete auf rund 90 Prozent seiner Außenstände mit der Insel, um den Neuanfang mit der Regierung von Raúl Castro einzuleiten.

Die hat sich binnen weniger Jahre des Gros ihrer Schulden im Ausland entledigt und kann die Rückkehr auf das internationale Finanzparkett feiern. Dort hatte Havanna seit 1986 keinen Zugang, weil Fidel Castro die Bedienung der Schulden eingestellt hatte.

Nun ist die Insel den Status des Aussätzigen auf den Weltfinanzmärkten los und kann wieder Kredite zu Marktkonditionen aufnehmen sowie Investoren anlocken. Für die großen Pläne in Kuba, wo der Bau eines neuen Flugplatzes in Havanna, ein neuer Hafen in Santiago de Cuba und ein Industriezentrum bei Mariel geplant wird, ist das unerlässlich und ein Triumph kubanischen Verhandlungsgeschicks.

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18 Kommentare

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  • So, So Der Westen verzichtet auf Zinses-Zinses-.....zinsen -wirklich nett mir kommen die Tränen bei soviel Nachsicht grenzt ja fast an Solidarität...

    • 7G
      73176 (Profil gelöscht)
      @NETS_ROT:

      Mein "Lieblingskampfbegriff": der Zinses-Zins. Er ist wie Regen: Die meisten mögen die Sonne lieber (ohne Zinses-Zins würde die Schere zwischen Arm und Reich vermutlich weniger stark auseinanderklaffen), man kann ihn nicht abschaffen (weil der Zinses-Zins einfach nur Mathematik ist) und trotzdem ist er für einige (bezogen auf Zins = Preis des Kapitals) unabdingbar.

       

      Kleine Ergänzung:

      Wir Menschen haben immer den Reflex auf Seiten der Schwächeren zu stehen. Nur ist derjenige, der Solidarität verweigert automatisch der Böse?

      • @73176 (Profil gelöscht):

        "Wir Menschen haben immer den Reflex auf Seiten der Schwächeren zu stehen"

        Diese, Ihre Aussage scheint mir so lebensfremd, wie Ihre ökonomischen Aussagen verworren.

        • 7G
          73176 (Profil gelöscht)
          @Georg Lydda:

          Gut, widerlegen Sie meine "verworren(en)" "ökonomischen Aussagen".

          • @73176 (Profil gelöscht):

            Knäuel anders zu lösen, als Alexander, den man den Großen nennt, ist sehr mühsam. Mir genügt, dass es Griechenland verwehrt blieb, Schuldenbezahlung gar nicht mehr mit neuen Schulden refinanzieren zu wollen, Kuba hingegen sich ein gutes Stück hat davon befreien können.

            Und der dabei von Ihnen ausgemachte tiefe Fall Kubas, stellt sich in meinen Augen anders dar, ich sehe in Kuba auch Errungenschaften.

            • 7G
              73176 (Profil gelöscht)
              @Georg Lydda:

              Anders gesagt: Ihnen ist es zu mühsam, sich mit meinen Aussagen zu beschäftigen. Somit könnte Ihnen evtl. ein Erkenntnisgewinn entgehen.

              Ihre Haltung zeugt aber auch von einer gewissen Arroganz. Denn zum Einen verwehren Sie mir einen evtl. Erkenntnisgewinn. Und zum Anderen scheinen Sie zu meinen, dass Ihre Erkenntnis so erhaben ist, dass Sie sich mit meinen noch nicht einmal auseinander setzen müssen.

              • @73176 (Profil gelöscht):

                Sie haben recht!

                • 7G
                  73176 (Profil gelöscht)
                  @Georg Lydda:

                  Schade! Eine letzte Frage hätte ich trotzdem noch an Sie: (Ich formuliere einfach mal die Annahme, dass Sie keine VWL studiert haben) Woher nehmen Sie Ihre Erkenntnisse über volkswirt. Prozesse?

  • Alles hat seinen Preis, auch ein Schuldenerlaß. Gehe ich recht in der Annahme, dass Kuba sich im Gegenzug für bestimmte ausländische Großinvestoren öffnen mußte? Ich meine: Neuer Flughafen, neuer Hafen, neuer Industriemoloch - da ist doch einiges zu verdienen.... und wer wird es bezahlen müssen? Kuba, Kuba oder Kuba? Wer wird das Risiko tragen müssen? Kuba, Kuba oder Kuba?

     

    "Triumph kubanischen Verhandlungsgeschicks"? Genau so gut könnte man die Troika-Spardiktate als Triumph griechischen Verhandlungsgeschicks feiern.

     

    Kuba begeht einen großen Fehler oder wird dazu gezwungen: Ausgerechnet in Zeiten endloser neoliberaler Finanz- und Wirtschaftskrise freiwillig auf den kapitalistischen Zug aufzuspringen, wäre blanker Wahnsinn - jetzt, wo nur noch versucht wird, sich auf Kosten anderer gesundzustoßen, bevor das System endgültig kippt.

     

    Kuba wird eine ähnliche Erfahrung machen wie die DDR nach ´89: Ausverkauf, Selbstbedienung und Abzocke, ein kurzer kapitalistischer Plünderungsrausch und danach: "Blühende" Landschaften voller Bauruinen und aufgegebener Projekte und über die Stille wird ein einsamer Wind den Staub des Vergessens decken....

    • 7G
      73176 (Profil gelöscht)
      @DR. ALFRED SCHWEINSTEIN:

      Zu Ihrem dritten Absatz: Wir stehen vor einer gewaltigen Krise. Aber nicht dank des Neoliberal. sondern dank der Neokeynsianer! Die Zentralbanken haben die Leitzinsen auf historisch niedrige Niveaus gesenkt, während sich gleichzeitig Staaten (z.B. USA: dort hat sich die Staatsschuldenquote fast verdoppelt) massiv für Konjunkturprogramme verschuldet haben. Durch die niedrigen Zinsen konnten sich die Akteure aber viel mehr Geld leihen (Bsp.: 10% Niveau bei 100 Schulden = 10 Zinsen. Bei 5% Niveau könnte ich 200 Schulden aufnehmen). Das ist im Staatssektor, aber auch im Unternehmenssektor (Stichwort High Yield Bonds) geschehen. Insbes. Staaten neigen jedoch dazu, ihre Schulden zu refinanzieren (also durch neue Schulden zu begleichen). Solange ich meine alten Schulden zu niedrigen Zinsen refinanzieren kann - kein Problem. Wenn jedoch die Zinsen wieder steigen und ich auf meine neuen Schulden immer höhere Zinsen bezahlen muss, so bricht mir das Genick. Das wird jetzt in den nächsten Jahren passieren. Es haben sich aber nicht nur im Bereich von Anleihen Blasen gebildet. Durch die niedrigen Zinsen gibt es momentan kein Markt (insb. Aktien, Anleihen, Währungen, Commodities), der nicht manipuliert ist. Insb. im Aktienmarkt haben sich teilweise erhebliche Blasen gebildet. Ökonomen (NeoKLASSISCHE) haben davor gewarnt!

      D.h. insb. LINKE Ökonomen (z.B. Krugman) sind meistens Neukeynsianer und nun schreiben Sie (vermutlich ebenfalls dem linken Spektrum angehörig), dass der Neoliberl. schuld sein soll?!?

      Zu Ihrem letzt Absatz: Sie tun ja gerade, als wäre die DDR vor 89 eine blühende Landschaft gewesen - genauso wie Kuba jetzt? So viel tiefer kann Kuba gar nicht mehr fallen - somit hält sich das Risiko in Grenzen.

  • Als würden nicht immer mindestens zwei Partner zu Verhandlungen gehören, als sei der Pariser Club über den Tisch gezogen worden. Der Artikel könnte eins zu eins aus der "Granma" stammen.

    • @Friedel Castrop:

      Scheint so, als wäre ein Stück Handlungsfreiheit zurückgewonnen worden.

       

      Es sollte aber auch außerhalb Kubas ein Interesse daran bestehen, zu zeigen, dass in diesen Breitengraden, wirkliche, heißt soziale Erfolgsgeschichten möglich sind.

      Ob da beide Seiten am Verhandlungstisch dasselbe Engagement hatten?

       

      Die drei angesprochenen Projekte, hätten etwas näher beschrieben werden sollen und natürlich, was darüber hinaus so für die Zukunft gedacht ist, welche Rolle dabei Kubas Wirtschaft und den Kapitalmärkten zukommt.

      • @Georg Lydda:

        "Es sollte aber auch außerhalb Kubas ein Interesse daran bestehen, zu zeigen, dass in diesen Breitengraden, wirkliche, heißt soziale Erfolgsgeschichten möglich sind."

         

        Nun, das kostenlose Bildungs- und Gesundheitswesen wird man wohl alsbald dieser "wirklichen sozialen Erfolgsgeschichte" opfern. Aber danach geht´s dann ganz bestimmt aufwärts, wenn auch nur für ein paar Wenige, the others go to hell.

  • Oh oh, ein neuer Hauptstadtflughafen...

    Ob 8,5 Milliarden USD da ausreichen?

    • @Dorian Müller:

      naj.bei Neureichen ist das üblich, während in Havanna die Häuser verfFalen und 2 Familien in 20m2 Wohnungen hausen baut man erts mal ein paar neue PROTZBAUTEN1

      • @Georg Schmidt:

        Eigentlich sind mir Protzbauten als Signum für die kubanische Führung nicht so bekannt. Aber ich erinnere mich an verschiedene Folgen von Inspektor Columbo (Peter Falk), in denen ihm so ab und wann eine Havanna angeboten wurde, nicht ohne den Hinweis, dass sie nur illegal beschafft werden konnten.

        Eine Hinweis auf die wirtschaftliche Lage, in die Kuba gebracht wurde.

        Sie fand auch Eingang in einer der Folgen von „Bezaubernde Jeannie“, als Major Nelson (durch Zaubertrick) sich samt Flugzeug in Kuba gelandet wiederfand. Man bat ihn möglichst aus eigener Kraft weiterzufliegen, da man selbst knapp mit Treibstoff ausgestattet sei.

         

        Devisenmangel ist nun mal nicht so einfach zu bewältigen und der von Kuba in den USA schon in den 60er und 70er Jahren nicht ohne Grund allgemein bekannt.

    • @Dorian Müller:

      Hoffentlich nicht,

      aber Hauptsache den Kubanern gelingt, dass dort die Ohren nicht all zu sehr leiden müssen, und nicht die Fraport oder ähnliche Kraken die Gewinne abschöpfen.

    • @Dorian Müller:

      Klar! Ist doch alles durchkalkuliert...

       

      ;)