Sehr geehrter Herr Rath,
ich gebe meinem Kommmentarvorgänger recht. Aber ohne weitere Hinweise ist sein Beitrag nicht sehr überzeugend. Ich möchte hiermit den Versuch unternehmen, ihnen ein paar Informationen oder Denkanstöße zu geben, in der Hoffnung, dass Sie ihre geäußerte positive Meinung über die Schuldenbremse überdenken.
Auf den ersten Blick hört es sich natürlich verführerisch an, durch Sparen davon weg zu kommen, dass der Staat nennenswerte Teile seines Haushalts für Schuldentilgung oder gar Zinslast verwenden muss. Doch was für einen Durchschnittsverdiener-Haushalt das Angebrachte ist, ist auf den Vielmillionen-Akteurs-Staatshaushalt nicht ohne weiteres übertragbar. Auch wenn die Mainstream-Medien - und mit diesem Kommentar waren sie ein Teil davon - dies landauf landab glauben machen möchten.
Der Staat ist eben nicht ein gleichgroßer unter zig-Millionen Haushalten, sondern mit einem Haushaltsvolumen von ~300 Mrd. Euro der bei weitem größte "Investor" im Land, noch dazu mit enormer Vorbildwirkung:
Wenn der Staat mal eben, um Schulden abzubauen, 30 Mrd. Euro einsparen wollte, würde er damit gleichzeitig, sagen wir 30 Mrd. Euro geteilt durch gut gerechnet 50.000 Euro Jahresgehalt gleich 600.000 Arbeitsplätze weniger finanzieren. Hatten sie in den letzten Jahren den Eindruck, dass die ins Land geholten ausländschen Investoren beispielsweise bei Grohe, Märklin, Schießer und wie sie alle heißen, solche Szenarien mehr als nur wettmachen?
Um genauer in die Zusammenhänge einzusteigen, wünsche ich Ihnen einige Stunden Zeit, um die zugehörigen Zusammenhänge detailierter in den ww.nachdenkseiten.de nachzulesen (Suchfunktion benutzen: Keynes, Schuldenbremse, Sparen, Konjunkturpaket, Makroökonomie, Nachfragepolitik, Angebotspolitik)
Und auf einen zweiten Gedankengang möchte ich sie noch bringen:
Eine gute Konjunktur ist für hohe Steuereinnahmen und damit möglichst hohen Staatshaushalt die beste Voraussetzung. Doch der Staat nimmt durch seine Steuerpolitik wesentlichen Einfluss auf die Verteilung der Lasten. Folgend dem Glaubensmantra der vergangenen Jahre (fast Jahrzehnte) "Die Gewinne der Unternehmen sind die Investitionen von morgen und die Arbeitsplätze von übermorgen" hat der Staat in den letzten Jahren die Besteuerung von Unternehmen und sonstiger Geschäftstätigkeit drastisch herunter gefahren. Studium des verfügbaren Zahlenmaterials würde das Mantra jedoch widerlegen. Das den Investoren und Unternehmen gelassene Geld wurde entweder (soll ich sagen "bestenfalls"?) in weitestgehend steuerfreie Niedriglohnjobs oder - unversteuert - in den internationalen Finanzsektor gesteckt. Das heißt, auf die möglichen hohen Steuereinnahmen in guten Zeiten hat der Staat freiwillig weitgehend verzichtet. Hiermit hätte man schon Schulden abbauen können.
Und wenn Sie zu diesem Aspekt noch weitere Stunden investieren können, empfehle ich Ihnen die Lektüre der Untersuchung des Langenhagener Zahnarztes Dr. Petschow http://www.egon-w-kreutzer.de/Petschow/Einleitung.html, der detailiert dargelegt hat, was in diesem Lande noch schneller wächst, als die immer wieder zitierte Staatsverschuldung (durch angeblich zu hohe Soziallasten): Nämlich die Zinslast insgesamt (staatlich und privat), die in sämtlichen Krediten zusammen steckt. Und wer kriegt die eigentlich? Die Beantwortung dieser Frage überlasse ich Ihrem journalistischen Scharfsinn.
Mit freundlichem Gruß
Dr. Ingolf Schröder
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