Kommentar Schlammkatastrophe: EU-Standards durchsetzen
Die Umweltgesetze in Ungarn und anderen osteuropäischen Staaten sind auf dem neuesten Stand. Doch was nützt das, wenn die Auflagen nicht umgesetzt werden?
D ie Umweltgesetze in Ungarn und den anderen Ländern der letzten Beitrittswelle sind auf dem neuesten Stand. Denn bevor die jungen osteuropäischen Demokratien der Union beitreten konnten, mussten sie ihre Umweltgesetze an EU-Standards anpassen.
Doch Auflagen, die nicht umgesetzt werden, nützen nichts. Wenn, wie jetzt bekannt wurde, Luftaufnahmen schon vor Monaten ein Leck im Damm des Rückhaltebeckens von Ajka anzeigten, dann hätten die ungarischen Behörden sofort reagieren müssen. Wäre damals ein Entlastungsdamm gebaut worden, hätte die Katastrophe vermieden werden können.
Die EU-Kommission muss nun dafür sorgen, dass alle osteuropäischen Risikodeponien kartografiert und kontrolliert werden. Erst wenn das Risiko für die Umwelt besser eingeschätzt werden kann und die Besitzverhältnisse klar sind, kann die EU über einen Notfallplan entscheiden.
Natürlich liegt die Verantwortung für Industrieabfälle zunächst bei den Anlagebetreibern. Doch für zahlreiche stillgelegte Minen und Rohstoffbetriebe in den neuen Mitgliedsländern kann kein Unternehmen mehr haftbar gemacht werden.
Daniela Weingärtner ist Brüssel-Korrespondentin für die taz.
In einem solchen Fall ist zunächst der jeweilige Mitgliedsstaat in der Pflicht. Doch wenn ein Land mit dem Ausmaß der Altlasten überfordert ist, muss Brüssel einspringen. Solidarität liegt dabei im europäischen Eigeninteresse, denn Quecksilber oder Arsen machen vor Landesgrenzen nicht halt.
Parallel dazu muss die EU-Kommission dafür sorgen, dass geltende Gesetze besser durchgesetzt werden. Wenn wie im aktuellen Fall Warnungen monatelang unbeachtet blieben, müssen die zuständigen ungarischen Kontrolleure zur Rechenschaft gezogen werden. Sorgt Budapest nicht selbst für Ordnung in seinem Apparat, sollte Brüssel als letztes Mittel ein Vertragsverletzungsverfahren einleiten.
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