piwik no script img

Kommentar SachsenwerbungSo een Schnulli

Kommentar von Barbara Bollwahn

Sachsen lässt sich eine Imagekampagne 32 Milionen Euro kosten. Eine westdeutsche Werbeagentur leistet dabei dem Sachsenhass Vorschub. Schluss damit!

Säggsische Werdorbeid: Der Trabant 601 - sogar mit Gofferraum. Bild: reuters

H ört endlich auf, immer und immer wieder die Sachsen und ihre Sprache zur Schnegge zu machen! Kaum machen sie die Gusche auf, kriegen sie eins über den Nischl. Und das nur, weil in der sächsischen Mundart die Weechen die Hardn besiechen und aus einem t ein d wird, aus einem k ein g, aus einem p ein b.

Bis heute werden die Sachsen reduziert auf Sätze des längst verwesten Staatsratsvorsitzenden Walter Ulbricht – „Dor Sozialismus wird siechen“ – oder von Grenzern mit ihrer Frage nach vermeintlichem Gänsefleisch – „Gennse vleischd mal den Gofferraum offmachen?“ Halb Deutschland hat sich auch totgelacht, als einer nach Stuttgart ausgewanderteten Sächsin, die nach Bordo – nach Porto in Bordugal – fliegen wollte, ein Digged nach Bordeaux verkauft wurde.

Isch gloob, mein Schwein pfeifd. Ohne die Sachsen würde es geen Deebeudl geben, geen Gaffeefildor, geen Bordzellan, geen Bierdeggl und och geen Büsdnhaldor. Dazu kommen Bersönlischgeidn wie Martin Luther, Gotthold Ephraim Lessing, Karl May oder Sigmund Jähn, der als erster Deutscher ins Weltall geflochen ist. Nur sind die gemiedlischen Sachsen zu bescheiden, um sich gut zu vergoofn.

Barbara Bollwahn

ist Autorin der taz.

Die weldweid dädische Gommunigadionsagendur, mit Hauptsitz in Düsseldorf, die die neue „Imagekampagne“ für Sachsen verantwortet, die ab Mitte Juni läuft, macht sich nicht über die Sachsen lustig. Es ist noch schlimmer: Sie ignoriert das säggssche Idiom! Unter dem Motto „So geht sächsisch“ werden dröge Anspielungen auf Nordrhein-Westfalen, Hamburg, Baden Württemberg gemacht, „Kraft ohne Hannelore“, „Madonna ohne Skandale“, „Baden ohne Württemberg“. So een Schnulli! 32 Millionen Euro kostet der Spass. Isch gloob, mein Schwein pfeifd schon widdor.

Noch heute ist Sachsen, wo die schönen Mädchen an den Bäumen wachsen, ein Land der Erfinder. Täglich werden drei Erfindungen beim Badendamd angemeldet. Wieso erfinden die Sachsen, bei denen Figgse keene Aufforderung zum Geschlechtsverkehr ist, sondern die Bezeichnung für Füchse, nicht selbst eine Werbekampagne mit allem Bibabo?! Denn noch eine Sache können die Sachsen besonders gut: Sie können sich über sich selbst gabuddlachn.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

14 Kommentare

 / 
  • H
    Holzer

    Mit etwas Mühe und gelegentlichem Nachfragen bei endemischen Begriffen,oder bei unterschiedlichen Bezeichnungen der selben Sache,Thüringen Decke,Baden Teppich zum Bsp.,kann man sich überall in Deutschland gut verständigen!Interesse vorausgesetzt!Und ich persönlich finde es ja sehr amüsant wenn sich ein Stuttgarter in breitestem schwäbisch über den säx'schen Dialekt auslässt!Sogar über seine Frage wo ich so gut deutsch gelernt habe,"Ich dachte ihr sprecht alle russisch" plus seine Witzeleien über die Oschtzone konnte ich noch ein wenig lachen!Über meinen,zugegeben etwas tief angesetzten Konter:"Warum hat in Schwaben jeder Hof ein Zimmer mit dreckigen Fenstern?Da versteckt ihr eure Blöden!" konnte er aus unerfindlichen Gründen weniger lachen!Wer austeilt muß auch...aber das ist schon wieder eine andere Geschichte!Und lieber Arne die Heilsbringer aus dem Westen die ihren zu Haus gebliebenen Kumpels Millionenaufträge zu schanzen,haben uns nicht nur,wie unartigen Kindern,Nachsitzen in Sachen Demokratie aufgebrummt!Sie hatten auch Egoismus,Korruption,Neid,Mißgunst,Raffgier und all die schönen Dinge im Gepäck,die leider auch im Beitrittsgebiet auf fruchtbaren Boden vielen!Die CDU,CSU und die restlichen "Volksparteien" sind statt der Kommuschisten in Wandlitz eingezogen,die Presseerzeugnisse gleichen mittlerweile ND und Co.,die Argsi durchwühlt die Unterwäschelade einer Freundin nach Spuren von irgendwelchen Kerlen,herrlich das Leben in einer Demokratie!Na immerhin kann ich mich damit brüsten das ich ein ganz klein wenig 0,00000000irgendwas,dazu beigetragen habe das der unsägliche Zaun Geschichte isch!Die nächste Revolution überlasse ich den Helden aus Überfluss,die dem Stasioffizier schon erklärt hätten wo der Bartel das Kölsch holt!Orgasmus auf säx'sch....Fertsch!!!

  • IN
    Ihr NameAndreas Techler

    nu!

  • K
    keinsachse

    Genauso toll wie bayrisch, versteht auch kein Mensch.

     

    Wenn ich diese Sprache höre, igitt. Nicht weil ich generell etwas gegen Sachsen hätte, habe aber mit Leuten von da echt schlechte Erfahrungen sammeln müssen.

     

    Es gibt sehr viel wichtigere und interessantere Themen worüber man schreiben sollte, oder hatte man keine Ideen mehr.

  • R
    ridicule

    eiverbibbscht - nää wat ne Gusche!

    Garl May, newahr!?

  • M
    miri

    Endlich mal eine verdiente Würdigung des Sächsischen! Darauf ein Tazzahlich!

  • B
    BulletDeluxe

    Immer gut:

     

    http://parallelnetz.de/Saxophone?source=http://www.taz.de/

     

    Gähd ooch midd alln andrn Webbseidn!

  • T
    tazitus

    Die Grönung ist es, wenn das sächsische und das schwäbische Idiom vermengt werden.

     

    Wie buchstabieren Sachsen "Puppe"?

    Hoarde B, ou, hoarde B, hoarde B, E.

     

    Nix für ungut. Ein NiederSACHSE, der viel in Deutschland unterwegs ist, fast alle Dialekte und Sprachfärbungen kennt, manche liebt und andere erträgt oder erduldet. (Nds., die Hochburg der Callcenter - wg. Dialektfreiheit)

     

    P.S.: Das übertrieben zur Schau gestellte Selbstbewusstsein von Freistaatlern aller Coleur ist vielleicht doch eher überkompensiertes Minderwertigkeitsgefühl. :-)

  • T
    Tubus

    Herrlich! Ich habe diesen wundervoll subversiven Dialekt als Wahlleipziger kennen und lieben gelernt. Jede pathetische Phrase wird auf sächsisch sofort entlarvt. Gebe zu, war für mich als Fischkopp gewöhnungsbedürftig, so wie mancher Käse, dann aber ein Genuss.

  • G
    gerdheise

    "Nu freilisch " selten so gelacht Danke an die TAZ !

  • T
    th60

    Mal (von einem sachsenfernen Wessi) ernsthaft gefragt: Woher kommen eigentlich die alten Stereotypen über Sachsen als provinzielle Spießer mit lustigem Dialekt? Provinz ist ja überall und Dialekte (auch meiner) sind für die anderen ja immer befremdlich. Geht das ursprünglich von der "Metropole" Berlin aus?

  • A
    Arne

    Sehr witzig!

    Ich kann nicht grinsen, wenn ich irgendwo sächsisch höre von irgendeinem Gallsender, das mich technisch beraten sollen. Meine Nachbarin klingelte neulich, ich solle mal schnell zu ihnen rüber in ihr Haus kommen, weil ihr Mann, ein alter hochdeutsch sprechender Norddeutscher, sich einen neuen Router angeschafft hatte und die den Typen von der Hotline der Telekom nicht verstehen würde. Ich war auch damit überfordert und habe dann lieber den Router selbst konfiguriert.

     

    Insgesamt hat Sachsen eigentlich wirklich nicht eine Imagekampagne nötig, sondern andere Wähler.

    Ich denke auch, dass man mal das Thema mit etwas mehr Ernst behandeln müsste.

    Sachsen ist eine Hochburg der Neonazis. Die Polizei verfolgt dort lieber engagierte Antifaschisten als die Nazis. Sachsen hat einen Stasi-Spitzel als Ministerpräsidenten, der auch noch die Kontakte offen zugegeben hat. Sachsen erlaubt sich, ordentlich Gelder aus dem Westen zu kassieren, obwohl sie die niedirgste Pro-Kopf-Verschuldung nach Bayern in der BRD haben. (Haben auch gerade bei der Jugendförderung und anderen Sachen stark alles Soziales in ihrem Land gekürzt.)

    Kurzum:

    Wer aus so einem Freistaat kommt, soll sich nicht wundern, wenn ich ihn schief ansehe, wenn er in Norddeutschland diesen Dialekt nicht unterbinden kann. Sächsisch zu sprechen außerhalb Sachsens (oder von mir aus außerhalb der DDR) ist ungefähr so, wie Deutsch in den Niederlande zu reden und zu verlangen, dass einen jeder versteht. So großkotzige Deutsche, die das machen, kann ich nämlich auch nicht ab.

  • K
    kr........

    Danke für den schönen Einstieg in den Tag! Und recht haben Sie - warum soll eine westdeutsche Werbeagentur besser für Sachsen werben können als eine sächsische?! Unverständlich!

  • JK
    Jörg Krauß

    Isch wes gorne, warum die Weld was gechn de Sochsn hod.

    Also ich find den Dialekt subbr. "Du kannst mr mol n Schuh aufblosn" oder "n´Schälschen Heesen" find ich zumindest zeitweise lustig.

  • HO
    Hotel Ostoria

    Herzlich gelacht. Danke, sagt ein Dräsdnor.