Kommentar SPD: Die Europartei sind wir
Das Thema Europa bleibt anfällig für Populismus. Trotz gegenteiliger Bekundungen. Und davor ist auch das Programm der SPD nicht sicher.
D ie SPD hat ein neues politisches Spielfeld entdeckt, es heißt: Die Europapartei sind wir. Mit großer Geste haben sich die Sozialdemokraten am ersten Tag des Parteitags zum eigenen Kontinent bekannt, die europäische Solidarität über eigene nationalstaatliche Interessen gestellt. Das ist verantwortungsvoll - und wohlfeil zugleich.
Dass sich die Sozialdemokratie das Thema Europa greift, ist an sich nicht überraschend. So wie Kanzlerin Angela Merkel in der Europäische Union nationale Interessen in den Vordergrund stellt, das provoziert Kritik. Es ist als eklatante Schwäche in der Bundesregierung enttarnt.
Auf der anderen Seite stehen in der Troika der SPD mit Sigmar Gabriel, Peer Steinbrück und Frank-Walter Steinmeier Personen mit einem staatstragendem Habitus an der Spitze, die sich über internationale Themen und verantwortungsvolles Handeln profilieren wollen. Das wird die Attacke der Sozialdemokraten auch in Zukunft prägen und internationaler machen.
ist Parlamentskorrespondent der taz.
Aber was bedeutet eigentlich das, was die SPD dort verlangt, also: die vollkommene Solidarität mit Europa? Es bedeutet, dass Deutschland bereit sein muss, Geld auszugeben. Und auch wenn die SPD so tut, als sei es die Lösung: Eine Finanzmarktsteuer allein wird dafür niemals ausreichend sein. Denn weder ist klar, wann und wie diese Steuer kommt, noch ist absehbar, was europäische Solidarität in der aktuellen Finanzkrise kosten wird.
Woher das Geld kommen soll, darauf liefert auch die SPD bei ihrem laufenden Parteitag keinerlei Antwort. Sie flüchtet sich ins Vage. Sie ist sich auch nicht schlüssig, ob Eurobonds und ein stärkeres Eingreifen der europäischen Zentralbank der richtige Weg sein soll.
Die Krise Europas ist tief, und sie bleibt unberechenbar. Deshalb gibt es keine einfachen Antworten. Im Gegenteil: Das Thema Europa bleibt anfällig für Populismus. Trotz gegenteiliger Bekundungen: Davor ist auch das Programm der SPD nicht sicher.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Debatte um SPD-Kanzlerkandidatur
Schwielowsee an der Copacabana
BSW und „Freie Sachsen“
Görlitzer Querfront gemeinsam für Putin
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Papst äußert sich zu Gaza
Scharfe Worte aus Rom
Aktienpaket-Vorschlag
Die CDU möchte allen Kindern ETFs zum Geburtstag schenken
Wirtschaftsminister bei Klimakonferenz
Habeck, naiv in Baku