Kommentar Russland und NGOs: Feinde des russischen Staates
Organisationen der Zivilgesellschaft sollen in Russland diskreditiert und eingeschüchtert werden. Sie sind für den Kreml Feinde – und verdienen keinen Respekt.
D ie Büros zweier deutscher Parteistiftungen in Moskau und St. Petersburg bekommen unangemeldeten Besuch von Vertretern der russischen Staatsanwaltschaft, und schon ist die Aufregung groß. Dabei hätte man diesen Gang der Dinge bereits in der vergangenen Woche erahnen können, als hunderte von russischen Nichtregierungsorganisationen Durchsuchungen, flankiert von den üblichen dümmlichen und abstrusen Begründungen, über sich ergehen lassen mussten.
Worum es bei dieser konzertierten Aktion geht, ist einigermaßen klar: Organisationen der Zivilgesellschaft sollen in der Öffentlichkeit diskreditiert, eingeschüchtert und in ihrer Arbeit möglichst effizient behindert beziehungsweise ganz zum Schweigen gebracht werden.
Genau das ist ja auch das erklärte Ziel des Gesetzes über aus dem Ausland finanzierte Nichtregierungsorganisationen vom vergangenen Juli, das diese als ausländische Agenten abstempelt. Und diese Agenten haben nichts anderes zu tun, als mit ihrer subversiven Tätigkeit die gelenkte Demokratie von Staatspräsident Wladimit Putin zu unterminieren.
st Co-Leiterin des Auslandsressorts der taz mit dem Arbeitsschwerpunkt Osteuropa.
Wer daher jetzt, wie Vertreter der Bundesregierung, Respekt und eine faire Behandlung von NGOs einfordert, verkennt die Sachlage: Nichtregierungsorganisationen sind für den Kreml Feinde des russischen Staates. Und Feinde verdienen keinen Respekt und keine Fairness.
Genau aus diesem Grund dürften die jüngsten Unmutsbekundungen westlicher Politiker Putin nicht sonderlich beeindrucken. Er weiß um die Bedeutung seines Landes, nicht zuletzt als gefragter Handelspartner. So gesehen sind Befürchtungen von Menschenrechtlern, die Razzien könnten erst der Auftakt zu weitaus härteren Repressionen gegen sie sein, leider alles andere als unbegründet.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Bis Freitag war er einer von uns
Elon Musk und die AfD
Die Welt zerstören und dann ab auf den Mars
Magdeburg nach dem Anschlag
Atempause und stilles Gedenken
Bankkarten für Geflüchtete
Bezahlkarte – rassistisch oder smart?
Tarifeinigung bei Volkswagen
IG Metall erlebt ihr blaues „Weihnachtswunder“ bei VW
Nordkoreas Soldaten in Russland
Kim Jong Un liefert Kanonenfutter