Kommentar Rüttgers: Zielstrebig dem Filz zugearbeitet

Die Verwischung der Grenze zwischen Partei und Staat hat bei Rüttgers System. Bei dem aktuellen Skandal geht es im Kern um nichts anderes.

Jürgen Rüttgers ist eine der erstaunlichsten Hervorbringungen politischer Imagebildung. Jenseits von NRW hat er es geschafft, sich als eine Art soziales Gewissen der CDU zu vermarkten. Irgendwie, um es so präzise wie möglich zu sagen, gilt er als Nachfolger von Norbert Blüm.

Diesen Ruf hat sich Rüttgers mit einer geschickten Ankündigungs- und Meinungspolitik erworben. Ob Kritik an Hartz IV, dem verkürzten Arbeitslosengeld oder an Managerboni - stets besetzte Rüttgers einträgliche diskursive Felder, die ihn nichts kosten. Dass Schwarz-Gelb in NRW uninspirierte konservative Politik exekutiert, hat sich bundesweit noch nicht richtig herumgesprochen.

Außerdem hat Schwarz-Gelb in NRW ein Beeinflussungssystem etabliert, das mit Selbstbedienungsmentalität Hand in Hand geht. CDU-Generalsekretär Hendrik Wüst kassierte lange widerrechtlich Zuschüsse vom Landtag. Die Staatskanzlei betrieb vor ein paar Monaten die Beobachtung der SPD-Oppositionsführerin Hannelore Kraft. Das war nicht nur unappetitlich, sondern auch ein rüder Verstoß gegen die Trennung von Regierungs- und Parteiarbeit.

Genau diese Verwischung der Grenze zwischen Partei und Staat hat bei Rüttgers System. Bei dem aktuellen Skandal geht es im Kern um nichts anderes. Die CDU hat Geld für Termine mit dem Ministerpräsidenten kassiert. Diese Art von Polit-Marketing hat nicht nur den üblen Beigeschmack von Einflussnahme. Es zeigt, dass die CDU unverfroren das Amt des Ministerpräsidenten ausnutzt, um die eigene Kasse zu füllen.

Solche Verwischung kennt man von Staatsparteien, die jahrzehntelang an der Macht sind. Die CDU in NRW hat diese Strukturen in kaum fünf Regierungsjahren aufgebaut, was von äußerster Zielstrebigkeit zeugt. Bislang schienen alle Skandale an Rüttgers abzuperlen. Jetzt ist sein Generalsekretär Wüst zurückgetreten. Das so erstaunlich perfekte System Rüttgers hat einen kleinen, ersten Riss bekommen.

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Stefan Reinecke arbeitet im Parlamentsbüro der taz mit den Schwerpunkten SPD und Linkspartei.

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