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Kommentar Rücktritt von Diana GolzeIn Potsdam regiert das Mittelmaß

Kommentar von Martin Reeh

Der Abgang von Sozialministerin Golze war überfällig. Ihr Rücktritt ist nicht das erste Aus in Brandenburg. Was ist dort mit der Linkspartei los?

Diana Golzes Rückzug reiht sich in eine Reihe von Ministerrücktritten auf Seiten der Linkspartei ein Foto: dpa

D iana Golzes Rücktritt war überfällig. In der knappen Erklärung am Mittwoch begründete die brandenburgische Linken-Ministerin ihren Rückzug mit der politischen Verantwortung, die sie für Fehler ihres Ministeriums in dem Medikamentenskandal trug.

Aber weitaus schwerer wiegen die Fehler, die Golze selbst beging. Angefangen vom Abbügeln einer ersten Anfrage des ARD-Magazins „Kontraste“ bis zur gemeinsamen Abwehrfront mit Detlev Mohr, dem Leiter des Landesgesundheitsamts, der behauptet hatte, ihm seien Informationen über die gefälschten Medikamente von seinen Mitarbeitern vorenthalten worden. Das stellte sich später als falsch heraus.

Die von Golze eingesetzte Task Force zur Aufklärung des Skandals hat am Montag ihren Abschlussbericht vorgelegt, in dem sie unter anderem die unzureichend besetzte Arzneimittelaufsicht rügt. Aber wichtige Fragen, die nicht in den Untersuchungsbereich der Task Force fielen, sind offen.

Hat Golze den Bereich Gesundheit ihres Mammutministeriums nicht so wichtig genommen, weil für sie Arbeit und Soziales wichtiger waren? Warum konnten Golzes Staatssekretärin und Parteifreunde ihr nicht zu einem besseren Krisenmanagement verhelfen? Und, ganz grundsätzlich: Was ist mit der brandenburgischen Linkspartei los?

Begünstigung und falsche Abrechnungen

Golzes Rückzug reiht sich in eine Reihe von linken Ministerrücktritten ein. Justizminister Helmuth Markov ging 2016 wegen privater Nutzung eines Dienstwagens, sein Vorgänger Volkmar Schöneburg trat wegen Begünstigungsvorwürfen zurück. Gegen Linken-Landtagsabgeordnete ermittelte die Justiz wegen falscher Fahrtkostenabrechnungen.

Eine originelle politische Idee hat man aus der brandenburgischen Linken – im Gegensatz etwa zu ihrem Berliner Landesverband – seit langem nicht gehört. Der SPD-Referent Nils Heisterhagen hat kürzlich von der “Herrschaft des Mittelmaßes“ bei den Sozialdemokraten gesprochen. Das scheint auch in der brandenburgischen Linken zu regieren.

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Von 2018 bis 2020 taz-Parlamentskorrespondent. Zuvor von 2013 bis 2018 Leiter der taz-Inlandsredaktion, von 2012 bis 2013 Redakteur im Meinungsressort. Studierte Politikwissenschaft in Berlin, danach Arbeit als freier Journalist für Zeitungen, Fachzeitschriften und Runkfunkanstalten, Pressesprecher eines Unternehmensverbands der Solarindustrie und Redakteur der Blätter für deutsche und internationale Politik.
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7 Kommentare

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  • Mehrere Reformen auf Bundesebene (beginnend mit der Reform von Herrn Seehofer) im Bereich Gesundheit haben dazu geführt, dass an Patienten und dem Personal gespart wird. Viele Erkenntnisse in der Medizin wurden unter den Teppich gekehrt, weil die sich nicht rechnen, obwohl Menschen heilen.

    Wer von Patienten von der heutigen Medizin als unheilbar abgeschrieben wird, soll nicht aufgeben. Forschen über Erkenntnisse betreffend Gesundheit und Medizin in der Geschichte der Menschheit kann helfen!

  • Meines Erachtens tut man Frau Golze unrecht. Ich denke, sie wurde aus dem Amt gemobbt.

    • 7G
      76530 (Profil gelöscht)
      @Karavanserai:

      Wo gibt es verifizierbare Fakten für diese Annahme?

  • 7G
    76530 (Profil gelöscht)

    In seltener Übereinstimmung bin ich auf der Seite von @ Janus. Mit einer 'kleinen' Einschränkung: es ist der typische Widerspruch zwischen Opposition und Regierung. Ein Phänomen, das quer durch a l l e Parteien geht. In der Opposition das Prinzip große Klappe, in der Regierung das Prinzip kleine Brötchen.

  • “Und, ganz grundsätzlich: Was ist mit der brandenburgischen Linkspartei los?”

    Mit denen ist nichts los. Das nennt sich Regierungsverantwortung. Erst wenn man in der Position ist Macht missbrauchen zu können zeigt sich der wahre Charakter einer Person.



    Das hochtrabende, moralische Gerede das man von links gewohnt ist hohles gequatsche, dass nichts kostet. Es ist einfach hohe Maßstäbe zu setzen, wenn man sie selbst nie erfüllen muss. Was passiert, wenn man dann doch mal ausversehen in die Verlegenheit kommt Verantwortung übernehmen zu müssen sieht man nun in Brandenburg.

    • @Januß:

      @JANUS

      An Ihrer Aussage mag wohl etwas Wahres zu finden sein. Als Mensch mit Einblicken in die Landespolitik Bbg. muss ich Ihnen aber widersprechen.

      Die im Artikel genannten Rücktritte mehrerer Politiker, welche durch DieLinke "eingesetzt" wurden, ob nun mit deren Parteibuch oder ohne, waren tlw. von langer Hand geplante Scharmützel, welche bei einer genaueren Untersuchung die medial bekannten Versionen stark ins Wanken bringen dürften.

      Eine sogenannte Schlangengrube ist ein Sch...dreck dagegen!!!

      Hintergrund ist in allen genannten Fällen zumeist, dass die Berufs-Beamtenschaft in den einzelnen Ressorts in Brandenburg nicht nur absolut konträre Parteibücher besitzen - vor allem die politischen Beamten, wie z. B. Abteilungsleiter u. Ä. - sondern zudem auch noch aus den alten Bundesländern, zumeist NRW, stammen.

      Soviel zu den Möglichkeiten von linken Spitzenpersonal...Und so mirnichts dirnichts kann das gesamte Personal in den Ressorts mit Störer-Potential nicht ausgetauscht werden (Beamte). Das durfte Schöneberg zum Beispiel sehr sehr schnell lernen...Auch Versetzungen halfen da nichts...Grund: siehe vorheriger Absatz.

      Dann kommt noch dazu, dass es sich hierbei um Menschen handelt, welche wie viele Menschen mit Macht und Einfluss leider typischer Weise oft nur um das Wohl ihres privaten Vermögens bemüht sind (Berufs-Beamtentum).

      Was die Ideenlosigkeit linker Politik in Bbg. angeht, muss ich Herrn Reh leider Recht geben. Jene Menschen in Bbg., welche recht zahlreich DieLinke gewählt haben, wünschen sich linke Politik. Jene Menschen, welche ich im 2. Absatz nannte nicht.

      Nun raten sie Mal, wer von den genannten 2. Gruppen mehr Macht und Einfluss auf die Politik, trotz fehlender demokratischer Legitimation besitzt?!

      LOWANDORDER übernehmen Sie!

    • 8G
      83379 (Profil gelöscht)
      @Januß:

      Das Einzige was ich nicht verstehe ist was warum Leute immer noch schockiert sind?