Kommentar Rücktritt Anthony Weiners: Das dumme Geschlecht
Der US-Abgeordnete verschickte Fotos seines Gemächts und das kostete ihn die Karriere. Zu Recht – die Affäre beweist seinen Mangel an Selbstkontrolle.
U nd wieder ist ein Politiker über seinen Schwanz gestolpert. Was den demokratischen US-Abgeordneten Anthony Weiner dazu bewogen hat, Frauen Fotos von seinem Gemächt zu schicken, werden wir wohl nicht erfahren - und es geht eigentlich auch niemanden was an.
Warum aber scheitern immer wieder hoffnungsvolle und aufstrebende Männer, denen große politische Karrieren prophezeit werden, an ihrem Sexualtrieb? Ist das die sexuelle Hörigkeit, wie sie einst Bert Brecht bedichtete - "So mancher Mann sah manchen Mann verrecken - Ein großer Geist blieb in ner Hure stecken"?
Weiner wusste so gut wie jeder andere Politiker, dass es das Ende seiner Karriere bedeuten würde, wenn diese Art der sexuellen Kontakte - bislang behauptet niemand, dass es sich um strafrechtlich relevante sexuelle Belästigung gehandelt habe - bekannt würde. Warum macht er das trotzdem? Ist unser Geschlecht wirklich so blöd? Nach Bill Clinton, Dominique Strauss-Kahn, Anthony Weiner und all den anderen bleibt nur die Folgerung: Ja, Männer, mächtige Männer zumal, sind so doof, und zwar parteiübergreifend.
BERND PICKERT ist Amerika-Redakteur im Auslandsressort der taz.
Über eine Woche lang hat Weiner nach dem Eingeständnis, dass es sich auf den Fotos um ein Teil von ihm handelte, noch versucht, seinen Kopf zu retten - dabei wusste jedeR, dass das nicht klappen würde. Die Öffentlichkeit ist unerbittlich, was solcherart Verfehlungen angeht. Zu Recht: Nicht weil das Verschicken der Fotos an sich so verwerflich wäre - das ist vor allem dumm und ein bisschen abstoßend.
Sondern weil die ganze Affäre, bei deren Bekanntwerden Weiner zunächst alles abzustreiten versuchte, einen solch eklatanten Mangel an politischem Einschätzungsvermögen und Selbstkontrolle bedeutet, wie man es keinem Politiker durchgehen lassen sollte.
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