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Kommentar RingenSelber schuld!

Andreas Rüttenauer
Kommentar von Andreas Rüttenauer

Die Ringer werden demnächst wohl vom Internationalen Olympischen Komitee aus dem Olymp geschmissen. Eine richtige Entscheidung.

Zutritt verboten: Ringer müssen künftig draußen bleiben Bild: dpa

R ingen ist raus! Das Internationale Olympische Komitee will eine der Ursportarten der Spiele aus dem Programm streichen. Es ist eine Entscheidung, die nur allzu gut in die geschichtsvergessene Politik passt, die die Funktionäre der fünf Ringe in den vergangenen Jahrzehnten verfolgt haben. Es geht ihnen ums Geschäft.

Der Mattensport ist schlecht zu verkaufen. Das Ringen bringt keine Weltstars hervor. Es lässt sich gewiss nicht so gut vermarkten wie der Golfsport, dessen superreiche Profis mit ihren Reklamegesichtern 2016 in Rio de Janeiro um olympische Medaillen putten dürfen.

Dem Ringen fehlt gewiss auch die Jugendlichkeit, die den BMX-Radlern einen Platz im olympischen Programm beschert hat, die den Wakeboardern oder den Boulder-Profis den Weg nach Olympia bahnen könnte. Mit diesen Fun- und Risikosportarten lassen sich gute Geschäfte machen.

Der Limohersteller Red Bull hat um derartige Spektakel-Events eine eigene Sportwelt gebaut und wird sich sicher freuen, dass die von ihm exklusiv vermarkteten Aushängeschilder dieser Disziplinen immer öfter zu olympischen Ehren kommen. Das IOC will an die Töpfe des Funsportmarktes. Die Ringerverbände sind verständlicherweise entsetzt über ihr olympisches Aus und organisieren Widerstand. Dabei sind sie gewiss nicht ganz unschuldig daran, dass es ausgerechnet ihren Sport erwischt hat.

Bild: taz
ANDREAS RÜTTENAUER

ist Sportredakteur der taz.

Rätselhafter Sport

Es gibt andere Sportarten, die sich auch nicht besser vermarkten lassen. Wer interessiert sich schon ernsthaft für die olympischen Schießwettbewerbe? Doch die Ringer hat es auch deshalb erwischt, weil sie es nicht geschafft haben, ihren Sport von den zahlreichen Korruptionsvorwürfen zu befreien, mit denen er dauerhaft konfrontiert ist.

Bestochene Kampfrichter, kubanische Kämpfer, die für Niederlagen bezahlt wurden, russische Ringerhünen, die urplötzlich völlig kraftlos auf der Matte stehen, und ein immer wieder reformiertes Regelwerk haben das Ringen zu einem rätselhaften Sport gemacht. Wer kein Fachmann ist, versteht meist nicht, warum ein Ringer gewonnen hat. Am Kampfgeschehen liegt es oft nicht. Ein Blick auf die Besetzung des Kampfgerichts hilft indes meistens weiter.

Das Ringen hat sich selbst zerstört. Dass es geopfert wird, wenn das IOC seinem Modernisierungswahn folgt, muss niemanden wundern. Wenn dereinst über die Wiederaufnahme des Ringens ins olympische Programm entschieden wird, sollte sich der Sport gewandelt haben. Der Rausschmiss aus Olympia kann eine Chance sein.

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Andreas Rüttenauer
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11 Kommentare

 / 
  • MF
    Michael Faller

    "Der Rausschmiss aus Olympia kann eine Chance sein" ... eine wahre Schlussfolgerung, Herr Rüttenauer. Es gibt durchaus Kommunikationsprobleme, ein verwirrendes Regelwerk und ein angestaubtes Image, dass der Ringersport und deren Verbände angehen sollten.

     

    Doch ist Ringen auch eine der ehrlichsten Sportarten, die auf jedem Kontinent ausgeübet werden kann. Eine Einzelsportart in der jeder Athlet mit gleichen Mitteln kämpft, das Equipment nicht entscheidend ist und man sein Leistungsvermögen offen zeigen kann. Eine Sportart, die im Kinder und Jugendbereich zu einer idealen physischen und psychischen Ausbildung führt.

     

    Die von Herrn Rüttenauer erhobenen Vorwürfe von bestochenen Schiedsrichtern, gedopten Athleten und verschobenen Kämpfen halte ich für unwahr, reisserisch und für ein Wissen, dass er nicht haben kann als Fussballexperte aus Berlin, der sich meines Wissens nicht als Kenner des Ringsports einen Namen gemacht hat.

  • I
    ion

    Wo bleibt der Volxzorn der Griechen(‽), die ja nicht nur immer wieder als die Erfinder einer, sorry: DER Demo-kratie (lol!) präsentiert werden, sondern auch als Erfinder, Urheber der Olympischen Spiele gelten und deren Land: Griechenland, in seinen vormaligen Grenzen als ‘Wiege Europas’ (¿⸮ lol!) gilt; Im Grunde sind die so genannten O.S. ohne eine der Ur-Disziplinen: "Ringen" eigentlich undenkbar.

    Abgesehen davon, dass ich die neuzeitlichen O.S. ohnehin für absolut abgef***ten Mega-Kommerz und v.a. auch menschenverachtende Hochleistungs-Dressur halte, plädierte ich für die Aufnahme einer sehr zeitgemäßen, zukunfts-(!)-orientierten Disziplin: 24/7 Drohnenschießen, denn das antike Gebot der Einstellung jeglicher Kriegshandlungen während der O.S. gilt ja ohnehin nicht mehr.

  • R
    Rothebuscher

    Angedeutete Korruptionsvorwürfe und Doping-Ezesse werden wohl kaum der Grund gewesen sein: Dann würde man die olympischen Spiele bald an einem Tag abhalten können. Die meisten anderen Sportarten sind nicht sauberer, auch nicht ein bisschen.

     

    Und KOMISCH? Eine der ursprünglichsten Sportarten der Menschheit ist komisch, Dressurreiten, Synchromschwimmen, BMX-Radfahren, Segeln in verschiedensten Booten und Schießen mit verschiedensten Flinten sind es nicht?

     

    Als Ersatz dann vielleicht Klettern an künstlichen Kletterwänden. Lässt sich auch viel besser vermarkten. An Ringeranzügen in blau und rot kann ja selbst NIKE nichts mehr designen.

  • M
    Martin

    PS

    ...fällt mir noch ein, was die Ursprünglichkeit des Ringens belegt >>

    Alle olympischen Sportler,welcher Sportart auch immer(sicher auch Herr Rüttenauer im privaten Sport)wollten

    >> einen Sieg e r r i n g e n

  • M
    Martin

    von sophokles

    >>> Ringen hat auch etwas mit Intelligenz

    und Schnelligkeit zu tun und ist damit

    dem griechischen Ideal von Körper......

    ---

    Danke lieber Sophokles.

    Ich bin schon ziemlich etwas älter;

    1955-65 betrieb ich als Heranwachsender diesen Sport...gegen den Willen meiner Eltern. Die meinten, für einen Schüler eines humanistischen Gymnasiums passe das nicht so.

    Ich kann nur sagen --und zehre noch immer davon--

    dieser(wie z.B. auch Boxen) Sport formt.

    Und ein Kampf auf einer Matte(wie im Ring) unter vielen Leuten ist ein Schmiedefeuer fürs Leben.

     

    Ich denke mit Liebe an meinen Latein- u. Griechischlehrer, der im Gegensatz zu meinen frustierten Eltern mal zu meinem zeitweiligen Gipsarm fragte:" ach , Martinus, isses den wenigstens beim Griechisch-Römisch passiert"

  • N
    Normalo

    Wenn man einen Punkt glaubwürdig rüberbringen will, hilft es, fair zu bleiben.

     

    Das IOC schaut arg aufs Geld - da besteht kein Zweifel. Aber die Entscheidung gegen das Ringen nur an diesem einen Nagel aufzuhängen, greift zu kurz (dass das dann folgende Herumhacken auf den Ringern zwar das Mütchen des Autors kühlt, aber real wenig mit der Entscheidung des IOC zu tun hat, sei nur am Rande vermerkt).

     

    Die Olympischen Spiele sollen die "Jugend der Welt" im sportlichen Wettkampf zusammenführen. Man kann jetzt mit etlichen Fingern auf andere Sportarten zeigen, die diesem heren Ziel auch nur höchst marginal gerecht werden, aber eins ist klar: Ein Sport, den auf der Welt kaum noch jemand betreibt, der selbst während der olympischen Spiele (fast) niemanden interessiert, der eigentlich nur aus Tradition auf dem Programm steht, erfüllt den Anspruch ganz eindeutig nicht.

     

    Was hilft umgekehrt das Meckern gegen die elitären Golfer oder die Klebedrink-gesponserten BMXler, wenn man eingestehen muss, dass beide nicht nur kommerziell sondern auch zahlenmäßig eine um mehrere Größenordnungen bedeutendere Gruppe im Weltsport sind? Funsportarten sind nun einmal das, was bei der "Jugend der Welt" dieser Tage den größten Zuwachs vorweisen kann (und deshalb kommerziell interessant ist). Also räumt man das olympische Programm ein wenig auf, um Platz für sie zu schaffen.

     

    Für eine Zeitung, die gestern noch die "reaktionäre" Haltung eines scheidenden Pontifex mit harten Worten geißelte, klingt der erste Teil der des Artikels übrigens gefährlich nach einer Warnung vor der sklavischen Anpassung an den Zeitgeist. Sportarten wie Ringen sind aber noch nicht einmal Religionen mit Ewigkeitsanspruch. Also steht es auch dem IOC noch weniger als dem Papst zu, sich als Gralshüter irgendwelcher überkommenen Bilder davon aufzuspielen, wie die Welt auszusehen hat.

  • B
    Bruno

    Da hat wohl die Lobby gefehlt, was dafür sprechen könnte, dass die Ringer doch nicht so korrupt sind wie geglaubt. Denn während Ringerwettbewerbe durchaus im Fernsehen zu sehen sind, habe ich trotz aktiver Suche bei den letzten Olympischen Spielen die Übertragung des Modernen Fünfkampfes schmerzhaft vermisst. Möglicherweise hätte man auch das gesamte Programm einmal ausmisten sollen. Denn die Frage, ob es wirklich notwendig ist, dass z.B. in 7 Segelbootsklassen um olympischen Gold gerungen wird, darf durchaus gestellt werden. Ebenfalls hat meines Wissens die olympische Königsdisziplin des Segelns mit der Einhandjolle der Herren auch keinen wirklichen Weltstar hervorgebracht. Und obwohl der Fußball mit Weltstars ohne Ende gesegnet ist, treten die weltbesten Teams bei den Spielen seltsamerweise immer mit iher C-Besetzung an. Was soll's, vielleicht bleiben uns die Ringer doch noch erhalten wenn sie uns ab 2020 mit coolem Beach-Schlamm-Ringen der Damen beglücken. Dagegen sollen dann mal Tontaubenschützen anstinken. Wobei ich ehrlich sagen muss mein heimlicher Star der letzten Spiele war, mit Abstand, Kimberly Rhode.

  • S
    sophokles

    Der dopingverseuchteste und physisch

    zerstörerischste Sport ist Gewichtheben.

    Dieser gehört vor allen anderen verboten!!!

     

     

    Ringen hat auch etwas mit Intelligenz

    und Schnelligkeit zu tun und ist damit

    dem griechischen Ideal von Körper und Geist

    wesentlich näher, als pures Gewichtestemmen

    mit diversen verbotenen Substanzen!

     

    Die Entscheidung ist nur nach kapitalistischen

    Regeln getroffen worden ohne ein Mindestmaß

    an Intelligenz. Bestechlichkeit

    wurde vom olympischen Komitee zur Tugend

    ausgerufen. Olympische Spiele sind Scheiße!

  • M
    Martin

    "Ringen ist korrupt, kryptisch, komisch"

    ...korrupt wahrscheinlich, kryptisch nur für Uninteressierte,... aber k o m i s ch ??

     

    Haben Sie mal Kinder(Jungens) im Kindergarten gesehen, wenn sie sich balgen ? Wenn jemand etwas nachdenklich beobachtet, sieht er dabei die ursprünglichsten Ringergriffe, wie sie heute noch angewendet werden. Ringen ist die Form des urtümlichen, menschlichen sich Behauptens.

     

    Neben der Stadionrunde und dem Diskuswurf gehörte es zum antiken olympischen Wettkampf.....also

    schade.

    Ach, und wie würden Sie denn Dressurreiten, Synchronschwimmen, usw. usw. benennen ?

     

    Ansonsten stimme ich mit dem Inhalt des Artikel

    -leider- überein.

  • B
    Bauli

    Die unklare Dopingstrategie der Ringer könnte ein Übriges getan haben.

  • IS
    Iiiihhh, Sport!

    Ja, Ringen, nu, was soll's...

     

    Stattdessen können sie ja Counterstrike olympisch machen, oder Fifa13, oder was da so gespielt wird.

    Gefordert wird's ja schon ne Weile. Und da gibt's zumindest noch keine großen Doping-Skandale.

     

    Für Red Bull ließe sich auch daraus was machen, sowas wie: "Kalte Pizza, und dazu Red Bull. So ernähren sich echte Champs!"

     

     

    Ansonsten bleibt mein Votum klar: Hallenhalma muss olympisch werden!