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Kommentar RiesenboniChampagner-Kapitalismus

Ulrike Herrmann
Kommentar von Ulrike Herrmann

US-Banken haben 2008 mehr Boni an ihre Top-Manager ausgezahlt, als sie eingenommen haben - auf Staatskosten. Leidtragende sind die Steuerzahler und die Aktionäre.

E s ist völlig irre: Diverse US-Banken haben im vergangenen Jahr mehr Boni an ihre Manager ausgezahlt, als sie überhaupt an Gewinn eingefahren haben. Oftmals wurden die Boni sogar gewährt, obwohl die US-Regierung die Banken vor dem Zusammenbruch hatte retten müssen. Wieder einmal zeigt sich, dass die Vergütung der Manager weltweit reformiert werden muss.

Denn ausgerechnet bei den obersten Akteuren der freien Marktwirtschaft funktioniert die freie Marktwirtschaft gar nicht. Unübersehbar haben sich die Gehälter der Manager von ihrer Leistung abgekoppelt, wenn sogar Milliardenverluste mit Millionenboni honoriert werden.

Leidtragende dieses Wahnsinns sind nicht nur die Steuerzahler, die die maroden Institute gestützt haben - sondern auch die Aktionäre, die zusehen müssen, wie die Substanz ihrer Bank geschmälert wird, weil Boni in gigantischer Höhe abfließen.

Bei den Managern ist der kuriose Fall zu beobachten, dass sogar die Eigentümer jeden Einfluss auf das Gehalt ihrer Angestellten verlieren. Die Kapitalisten haben im Kapitalismus nichts mehr zu sagen - so hatte man sich den Kapitalismus nicht vorgestellt.

Es wäre daher geradezu im Sinne der freien Marktwirtschaft, wenn die Managergehälter staatlich begrenzt würden. Zum Beispiel ließe sich vorschreiben, dass Manager maximal 300.000 Euro im Jahr verdienen dürfen. Das wäre immer noch das Zehnfache des Durchschnittsgehalts und deutlich mehr, als Kanzlerin Merkel erhält.

An den Wählern würde ein solcher Plan nicht scheitern; sie sprechen sich in Umfragen immer wieder für eine Begrenzung der Managergehälter aus. Aber die Verfassung und Grundsätze wie Berufsfreiheit oder Vertragsfreiheit stehen dagegen. So bleiben nur moralischer Druck - und höhere Steuern für Spitzenverdiener.

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Ulrike Herrmann
Wirtschaftsredakteurin
Der Kapitalismus fasziniert Ulrike schon seit der Schulzeit, als sie kurz vor dem Abitur in Gemeinschaftskunde mit dem Streit zwischen Angebots- und Nachfragetheorie konfrontiert wurde. Der weitere Weg wirkt nur von außen zufällig: Zunächst machte Ulrike eine Banklehre, absolvierte dann die Henri-Nannen-Schule für Journalismus, um anschließend an der FU Berlin Geschichte und Philosophie zu studieren. Sie war wissenschaftliche Mitarbeiterin der Körber-Stiftung in Hamburg und Pressesprecherin der Hamburger Gleichstellungssenatorin Krista Sager (Grüne). Seit 2000 ist sie bei der taz und schreibt nebenher Bücher. Ihr neuester Bestseller heißt: "Das Ende des Kapitalismus. Warum Wachstum und Klimaschutz nicht vereinbar sind - und wie wir in Zukunft leben werden". Von ihr stammen auch die Bestseller „Hurra, wir dürfen zahlen. Der Selbstbetrug der Mittelschicht“ (Piper 2012), „Der Sieg des Kapitals. Wie der Reichtum in die Welt kam: Die Geschichte von Wachstum, Geld und Krisen“ (Piper 2015), "Kein Kapitalismus ist auch keine Lösung. Die Krise der heutigen Ökonomie - oder was wir von Smith, Marx und Keynes lernen können" (Piper 2018) sowie "Deutschland, ein Wirtschaftsmärchen. Warum es kein Wunder ist, dass wir reich geworden sind" (Piper 2022).
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7 Kommentare

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  • D
    DirndlMadl

    "Aber die Verfassung und Grundsätze wie Berufsfreiheit oder Vertragsfreiheit stehen dagegen. So bleiben nur moralischer Druck - und höhere Steuern für Spitzenverdiener".

    Aber diese Verfassung, die von den Herrschenden bei jeder passenden Gelegenheit geändert wird, rechtfertig die Ausplünderung des Volkes und die Verscherbelung von Volksvermögen?

    So kann die Verfassung wohl nicht gemeint sein, Frau Herrmann.

  • A
    Amos

    Der Staat musste sich verschulden damit die Banken die verbrecherischen Managergehälter auszahlen konnten? In welchem Irrenhaus leben wir hier eigentlich?

  • R
    Rebegade

    Werte Frau Herrmann,

    Sie sagen es ja indirekt selbst, aber behaupten dennoch das Gegenteil: Wie kann es sich denn bei den Banken, die durch ein -staatliches- Rettungspaket vor dem Zusammenbruch gerettet wurden und nun Geld aus diesem Rettungspaket an ihre Manager auszahlen, um Akteure in einer -freien- Marktwirtschaft handeln? In einer freien Marktwirtschaft wären die Banken krachen gegangen und die, die es überlebt hätten, hätten vielleicht geschaut, was sie anders machen und vielleicht auch die Managergehälter begrenz oder zumindest nicht noch Boni für Inkompetenz und Versagen ausgezahlt.

     

    Es ist nämlich auch die -staatliche- "too big to fail" Doktin (kann man sogar bei Wikipedia nachlesen), welche dafür sorgt, dass solche "moral hazards", wie sie uns die Finanzkrise vor Augen führte, stattfinden, übertriebene Risiken eingegangen werden, etc. Ganz zu schweigen von der -staatlichen- Finanzpolitik und Gelddruckerei.

     

    Eine freie Wirtschaft, Frau Herrmann, sieht anders aus, also kann man sie schlecht für das Versagen von Politik und staatlich beeinflussten Unternehmen in die Pflicht nehmen.

  • V
    vic

    Was spricht dagegen in diesem Fall die Verfassung und bisherige Grundsätze zu ändern? Ansonsten sieht man das doch auch nicht so eng.

    Die Gier, gepaart mit Dummheit und der Sicherheit dass nichts schief gehen kann, veranlasst die Finanzjongleure doch erst zu ihren Taten.

    Die gesamte Branche, inklusive Boni und Einkommen muss gesetzlich reguliert werden. Steuerzahler sind nicht das Backup für miese Geschäfte und Zockerei.

    Nur sehe ich die Partei nicht, die das ändern würde.

    Zumindest keine, die "das Volk" akzeptiert.

  • C
    Carsten (Berlin)

    Na das wird Manager, die mehr an Geld für sich aus einem Unternehmen ziehen, als dieses überhaupt verdient, sicher beeindrucken: Moralische Apelle? Sind wir dermaßen am Ende?

  • LS
    Lutz Schreiter

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    Welche Verfassung steht gegen die Einflussnahme auf die Vergütung von Managergehälter?

  • DG
    Dirk Gober

    Da gibt es nichts zu reformieren. Wer als Manager oder Aufsuchtsrat das ihm anvertraute Unternehmen aussaugt und Existenzen bedroht oder gar vernichtet, handelt kriminell. Daher kann es zu diesem Thema nur einen Weg geben: solche Vorgehensweisen ins Strafgesetzbuch aufnehmen und nicht nur Kassiererinnen verurteilen, die angeblich Bons für ein paar Cent "klauen", sondern Kriminelle in Unternehmen für einige Jahre ins Gefängnis schicken. Sie begehen durch ihr Handeln schließlich u. a. hundert- und tausendfache Körperverletzung, indem sie Menschen, die in Existenznot geraten, auf jede erdenkliche Weise schädigen und sie auch körperlich krank machen.

    Ist das schon Sozialismus? Im Gegenteil - das wäre wirkliche Marktwirtschaft, denn ein Markt kann nicht mit negativen Werten arbeiten.