Kommentar Rentenpläne: Mütter diesmal privilegiert
Die Idee hinter Ursula von der Leyens Rentenplänen ist gut, aber der Gesetzesentwurf enttäuscht. Geringverdienerinnen ohne Kinder bekommen viel weniger als Mütter.
D ie Idee hinter den Rentenplänen von Bundesozialministerin Ursula von der Leyen (CDU) zur Bekämpfung der Altersarmut ist zwar zu begrüßen. Aber der Gesetzentwurf enttäuscht auch viele Erwartungen. Am Ende ist es nicht spürbar mehr Geld – und vor allem: Mütter werden im Vergleich zu kinderlosen GeringverdienerInnen deutlich privilegiert.
Der Höchstbetrag der Zuschussrente liegt bei 850 Euro brutto, das sind netto nur etwa 80 Euro mehr als die durchschnittliche Grundsicherung im Alter. Eine Bedarfsprüfung gibt es auch bei der „Zuschussrente“, weil das Einkommen eines Partners mit einbezogen wird. Die Erhöhung ist also gering. Ein großes Problem des Entwurfs liegt auch darin, dass die Rente von GeringverdienerInnen ohne Kinder um einen sehr viel niedrigeren Faktor aufgestockt wird als das Ruhegeld von Müttern. Und dies, obwohl Mütter schon den Vorzug genießen, dass bei ihnen zehn Jahre für ein Kind als Pflichtbeitragszeit angerechnet werden.
Ganz heikel wird es, wenn kinderlose GeringverdienerInnen noch einige Jahre Arbeitslosigkeit erleben – dann kriegen sie die 30, später 35 Jahre an Pflichtbeitragszeiten gar nicht erst zusammen. Außen vor bleiben auch Kleinselbständige, die nicht in der Künstlersozialkasse sind, denn sie müssten freiwillig viel Geld in die Rentenkasse einzahlen, um später gegebenenfalls eine „Zuschussrente“ zu erhalten.
ist Redakteurin für Soziales im taz-Inland-Ressort.
Kein Wunder also, dass die Grünen das Konzept als „Herdprämie“ kritisieren und die Gewerkschaften prophezeien, dass nur wenige Leute in den Genuss der Sozialleistung kommen werden. Es ist traurig, dass ein Rentenkonzept zur Bekämpfung der Altersarmut jetzt zu einer Gerechtigkeitsdebatte zwischen Müttern und Kinderlosen führen könnte.
Dennoch wäre es falsch, den Entwurf völlig kaputtzureden. Mit einer „Zuschussrente“ wäre ein Ansatz gemacht zur Aufstockung von Minirenten – und den können künftige Bundesregierungen weiter ausbauen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ungerechtigkeit in Deutschland
Her mit dem schönen Leben!
Neuer Generalsekretär
Stures Weiter-so bei der FDP
Verkauf von E-Autos
Die Antriebswende braucht mehr Schwung
Zuschuss zum Führerschein?
Wenn Freiheit vier Räder braucht
Die HTS in Syrien
Vom Islamismus zur führenden Rebellengruppe
Warnstreiks bei VW
Der Vorstand ist schuld