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Kommentar RentenpläneMütter diesmal privilegiert

Barbara Dribbusch
Kommentar von Barbara Dribbusch

Die Idee hinter Ursula von der Leyens Rentenplänen ist gut, aber der Gesetzesentwurf enttäuscht. Geringverdienerinnen ohne Kinder bekommen viel weniger als Mütter.

D ie Idee hinter den Rentenplänen von Bundesozialministerin Ursula von der Leyen (CDU) zur Bekämpfung der Altersarmut ist zwar zu begrüßen. Aber der Gesetzentwurf enttäuscht auch viele Erwartungen. Am Ende ist es nicht spürbar mehr Geld – und vor allem: Mütter werden im Vergleich zu kinderlosen GeringverdienerInnen deutlich privilegiert.

Der Höchstbetrag der Zuschussrente liegt bei 850 Euro brutto, das sind netto nur etwa 80 Euro mehr als die durchschnittliche Grundsicherung im Alter. Eine Bedarfsprüfung gibt es auch bei der „Zuschussrente“, weil das Einkommen eines Partners mit einbezogen wird. Die Erhöhung ist also gering. Ein großes Problem des Entwurfs liegt auch darin, dass die Rente von GeringverdienerInnen ohne Kinder um einen sehr viel niedrigeren Faktor aufgestockt wird als das Ruhegeld von Müttern. Und dies, obwohl Mütter schon den Vorzug genießen, dass bei ihnen zehn Jahre für ein Kind als Pflichtbeitragszeit angerechnet werden.

Ganz heikel wird es, wenn kinderlose GeringverdienerInnen noch einige Jahre Arbeitslosigkeit erleben – dann kriegen sie die 30, später 35 Jahre an Pflichtbeitragszeiten gar nicht erst zusammen. Außen vor bleiben auch Kleinselbständige, die nicht in der Künstlersozialkasse sind, denn sie müssten freiwillig viel Geld in die Rentenkasse einzahlen, um später gegebenenfalls eine „Zuschussrente“ zu erhalten.

Bild: taz
BARBARA DRIBBUSCH

ist Redakteurin für Soziales im taz-Inland-Ressort.

Kein Wunder also, dass die Grünen das Konzept als „Herdprämie“ kritisieren und die Gewerkschaften prophezeien, dass nur wenige Leute in den Genuss der Sozialleistung kommen werden. Es ist traurig, dass ein Rentenkonzept zur Bekämpfung der Altersarmut jetzt zu einer Gerechtigkeitsdebatte zwischen Müttern und Kinderlosen führen könnte.

Dennoch wäre es falsch, den Entwurf völlig kaputtzureden. Mit einer „Zuschussrente“ wäre ein Ansatz gemacht zur Aufstockung von Minirenten – und den können künftige Bundesregierungen weiter ausbauen.

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Barbara Dribbusch
Redakteurin für Soziales
Redakteurin für Sozialpolitik und Gesellschaft im Inlandsressort der taz. Schwerpunkte: Arbeit, soziale Sicherung, Psychologie, Alter. Bücher: "Schattwald", Roman (Piper, August 2016). "Können Falten Freunde sein?" (Goldmann 2015, Taschenbuch).
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11 Kommentare

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  • M
    Mutter-Rentnerin

    "Und dies, obwohl Mütter schon den Vorzug genießen, dass bei ihnen zehn Jahre für ein Kind als Pflichtbeitragszeit angerechnet werden."

     

    Zur Information:

     

    Ich erhalte als recht junge Erwerbsminderungsrentnerin bereits heute meinen Renten-"Vorzug" durch die beiden angerechneten Kinder (bei mir 2 x 9 Jahre). Und was soll ich sagen, es sind insgesamt sage und schreibe 116,65 EUR "aus persönlichen Entgeltpunkten für Zeiten der Kindererziehung". Wow, welch ein Vorzug vor den kinderlosen!

     

    Und da die Rente natürlich nicht zum Leben reicht, auch noch mit ein paar anderen, angerechneten Rentenpunkten nicht, ist es für mich und viele andere sicher auch so egal, wie nur etwas, ob diese ca. 60 € je Kind das Sozialamt zusätzlich als Aufstockung zahlt oder die Rentenversicherung aus den Kindererziehungszeiten. Die Rente wird selbstverständlich komplett auf die Grundsicherung etc. angerechnet.

     

    Zur Information: Die Rente wird bei EM-Rentnern so berechnet, als wenn sie bis zum Rentenalter so weiter gearbeitet hätten und nun ihre Altersrente erhalten würden.

     

    Die meisten Eltern werden daher erst mit 67 sehen, wieviel ihnen die angerechneten Kindererziehungszeiten für die Rente gebracht haben. Es steht übrigens seit neuestem auf dem Bescheid extra vermerkt, wie hoch dieser Betrag ist!

     

    Wenn ich für die 18 Jahre als erziehende und organisierende Mutter ein Manager- oder Pädagogengehalt erhalten hätte bzw. die Kindererziehungszeiten als solches im Wert berücksichtigt werden würden, dann könnte was dran sein an dem Ausspielen der Mütter gegen die kinderlosen Rentner. Nüchtern gesehen ist es aber nicht so. Ob mich oder andere ca. 100 € Rente 10 Jahre am "Herd" halten, bezweifle ich doch sehr.

  • J
    Jenny

    "Der asoziale Zynismus der Sozialministerin von der Leyen"

     

    Wieso stehen in der taz nicht so interessante, kritische Artikel wie oft auf den nachdenkseiten???

     

    Siehe:

     

    http://www.nachdenkseiten.de/?p=14141#more-14141

     

    "Der asoziale Zynismus der Sozialministerin von der Leyen

     

    Die „Zuschussrente“ täuscht über den Skandal hinweg, dass langjährig Versicherte wegen der massiv gesunkenen Einkommen vor allem im Niedriglohnbereich mehr und mehr auf einem Rentenniveau unterhalb der Sozialhilfegrenze und damit in der Grundsicherung landen, also im Alter in die Bedürftigkeit fallen.

    Gerade die in die Millionenzahl steigende Personengruppe, die in absehbarer Zukunft von Altersarmut betroffen sein wird, dürfte angesichts der hohen Hürden nicht oder kaum von dieser Art „Zuschussrente“ profitieren. Menschen die gebrochene Versicherungsbiografien haben, weil sie länger oder öfters arbeitslos waren, geringfügig oder Teilzeitbeschäftigte, Hunderttausende, die in die Scheinselbständigkeit gedrängt wurden, oder Kranke werden die erste Hürde, nämlich 35 Beitragsjahre in „Vollzeitarbeit“ niemals erreichen."

    (...)

    Die Bedingung langjährig in eine Riester-Rente einbezahlt zu haben und die Regelung dass die Zuschussrente nicht mit der privaten Vorsorge verrechnet werden soll, ist also nichts anderes als ein weiteres Zuführprogramm von Beitragszahlern an die Versicherungswirtschaft und zwar von niedrigen Einkommensgruppen, die sich bisher eine private Vorsorge nicht leisten konnten oder wollten. Die „Zuschussrente“ ist somit ein weiteres Subventionsprogramm für die Finanzindustrie.

    Das Pathos von der Anerkennung einer, „lebenslangen Arbeitsleistung“ ist zudem hohl, weil jemand der in einer Bedarfsgemeinschaft lebt, die ein Gesamteinkommen über der Bedürftigkeit hat, nicht in diesen „Genuss seiner Lebensleistung“ kommt. Außerdem muss alles, was ein Leben lang angespart worden ist, vor einem Anspruch auf Zuschuss aufgezehrt sein. Es wird also eine weitere Hartz-Bürokratie geschaffen.

    Von der Leyen tut so, als ob die „Zuschussrente“ eine staatliche Wohltat sei, dabei wird der Zuschuss von der „Rentensolidargemeinschaft“, also weitgehend von den Beitragszahlern bezahlt. Und was der Staat „bei der Grundsicherung und Sozialhilfe für Rentner im Bundeshaushalt spart, geht in die Zuschussrente“ kündigt von der Leyen an. Es geht ihr also wieder einmal nur um „Umverteilung im Armenhaus“.

    Hinzu kommt noch, dass von der Leyen die Zuschussrente mit einer Senkung der Beiträge für die Rentenversicherung von derzeit 19,6 % (paritätisch finanziert) auf 19,0 % verknüpft.
Das bringt selbst bei einem Bruttogehalt von 3.000 Euro gerade einmal 9 Euro im Monat, also gerade mal ein Imbiss in einer Fastfood-Kette.

    Diese Beitragssenkung ist genau der Weg in die falsche Richtung. Denn man kann Voraussehen, dass die momentanen Überschüsse in der Rentenkasse aufgrund der demografischen Entwicklung bald wieder abgebaut sein werden, und dann wird – wenn sich der rentenpolitische Kurs nicht grundlegend ändern sollte – wieder über den Zwang zu weiteren Rentenkürzungen diskutiert werden. Statt über die Beiträge, das Rentenniveau zu erhöhen, statt es weiter herunterzufahren und statt als Arbeitsministerin für einen angemessenen Mindestlohn zu sorgen, den Niedriglohnsektor abzubauen und für ordentliche Löhne einzutreten – alles Maßnahmen die das Bürokratiemonster „Zuschussrente“ unnötig machten – macht von der Leyen eine reine Placebo-Politik."

  • LC
    lara croft

    Ich weiß nicht weiß an den Rentenplänen der sozial eiskalten Frau von der Leyen "eine gute Idee" sein soll.

     

    Die Sache soll doch nur der Versicherungswirtschaft dienen. Wie schon die Versager-Riester-Rente. Letztere läuft verkaufsmäßig nicht nicht mehr gut, da muss was neues her um die Menschen abzukassieren und die Lobby zu bedienen.

     

    Hier ein Fass aufzumachen und Mütter gegen Kinderlose auszuspielen ist Schwachsinn. Das ganze Konzept taugt nichts.

     

    Um ein existenzsicherndes bedingungsloses Grundeinkommen kommt die arbeitsmäßig zunehmend prekäre deutsche Verlendungsgesellschaft auf die Dauer nicht herum.

  • T
    tinnef

    Es würde sich schnell was ändern, wenn die CDU in den Wahlprognosen nur noch ihre 20% bekäme.Mehr hat sie ohnehin nicht verdient.Die von der Leyen sollte sich irgendwo als Kommisweib verdingen.

  • O
    Ookami

    Wenn die Herrschaften etwas gegen die Altersarmut tun wollen sollten die Rentenbeiträge für Arbeitslose und Hartz IV wieder gezahlt werden.

  • H
    Hasso

    Wie viel mag die CDU wieder an Parteispenden bei den nächsten Wahlen von den Versicherungen bekommen? Wer nicht privat vorsorgt bekommt also nichts!? Ergo: Die Menschen die Riestern oder anderweitig vorsorgen, Zahlen indirekt die Parteispenden mit. Außerdem ermuntern sie die Banken beim zocken.Die von der Leyen ist nichts anderes als ein Popanz, die sich dazu noch auf ihre Impotenz was einbildet.

  • BG
    Bernd Goldammer

    Divide et impera sagten die Römer.Teile und herrsche heißt auch das gemeinsame System von CDU, FDP, SPD und Grünen. Wenn sozial Schwache sich nicht für Politik interessieren, wird alles so bleiben. Wählen gehen und so verändern was die Gesellschaft kaput macht ist der einzige Weg.

  • E
    Eulenspiegel

    Was will man mit 850 Euro Rente bei 500 Euro Miete? Das System ist krank, weil die Verhältnismäßigkeit nicht mehr stimmt. Das System ändern und endlich mal mit der Flickschusterei in der Politik aufhören! Wie die, aus der Politik sich selbst gut bedienen können, wissen sie allemal, da gibt man sich nicht mit Krümeln ab. Man baut mehrend Verwaltung auf, anstatt allen Menschen nach getaner Arbeit ein Grundeinkommen zu geben. Mehr Beamte heißt auch gleichzeitig mehr Wähler für die CDU.Wer nicht privat vorsorgt bekommt nichts. Man gibt also wieder den "Sesselfurzern" bei den Versicherungen. So landet das Geld wieder bei den Banken und wird womöglich wieder verzockt. In diesem System verdienen die Sesselfurzer immer.Und die selbstgefällige, eingebildete arrogante Zicke will den Menschen weismachen sie hätte da was.

  • T
    theo

    Kinder sind unsere Zukunft und Sie sind

    das wichtigste, was ein Mensch überhaupt hinterlassen

    kann, wenn die Person die nicht Menschheit

    durch epochale Leistung zum positiven verändert hätte. Das trifft auch nur für extrem kleinen

    Teil der schon eh winzigen Schar zu, die überhaupt

    eine Veränderungswirkung im großen Stil

    durchgesetzt haben.

    Natürlich müssen wir die Mutterschaft belohnen.

    Auch Ihre Renteneinnahmen werden von den Müttern

    mitfinanziert, die ihr Leben einer Familie

    mit untergeordnet haben oder den Spagat

    aus Beruf und Familie auslebten.

    Die Aufhebung der Benachteiligung der Mutterschaft

    ist schon seit Jahrzehnten überfällig!

    In unserer desaströsen Lage ist sogar eine

    Privilegisierung der Mütter gegenüber anderen

    Frauen ohne Kinder oder Singles und homosexuellen

    Paaren ohne Kinder durchaus gerecht.

    Ohne die Mütter mit guten Bildungsabschlüssen

    und einer sicheren Integration im Erwerbsleben

    fehlt uns die Zukunft!!

    Ihre Kritik ist vollkommen haltlos.

  • D
    Detlev

    Ich geben dem Kommentar hier absolut recht:

    Das Ganze geht am zentralem Problem, steigende Altersarmut durch Niedriglöhne und Arbeitslosigkeit, vollkommen vorbei.

     

    Aber die hier erwähnte "Bedarfsprüfung" wird sogar viele Frauen, die ja Zielgruppe sein sollen, davor zurückschrecken, überhaupt einen Antrag zu stellen.

    Weil das nämlich eine intensive Ausforschung aller relevanten Vermögenswerte der Betroffenen inklusive Partner, Kinder und Enkelkinder nachsich ziehen könnte.

    Und auch beinhaltet, dass solche Menschen ihre gesamten Vermögenswerte so lange liquidieren, bis sie die Untergrenze erreicht haben. Andernfalls besteht eben kein Bedarf.

    Diese Prozedur wird zudem von vielen Betroffenen als unmenschlich, überheblich und überzogen empfunden werden. Ganz ähnlich dem Antragsverfahren für Kinder und Jugendliche in den Jobcentern, das mehr abschreckt, als Betroffene tatsächlich dazu bringt, sich um diese Möglichkeiten zu bemühen.

     

    Und so beschleicht mich der stille Verdacht, dass die Tochter von ex-Ministerpräsident Ernst Albrecht ganz bewusst ein Angebot macht, das keiner haben will oder aushalten will. Dieser Ministerin hat bei Kinder und Jugendlichen von ALG-II-Bezieherinnen genauso gehandelt und dafür gesorgt, dass Millionen von Geldern nie bei den Betroffenen landen.

     

    Und das könnte hier auch so sein, aber bisher wird der Vorschlag ja auch noch von der FDP geblockt, weil der zu teuer sei. Na ja, so viel zum Sachverstand der Liberalen.

  • A
    and

    Vielen Dank für den sehr informativen und differenzierten artikel!