piwik no script img

Kommentar Regierung versagt bei KlimaschutzWeltmeister der Ankündigungen

Nick Reimer
Kommentar von Nick Reimer

Die klimapolitischen Anstrengungen der Bundesregierung sind bescheiden: auf großspurige Ankündigungen folgen politische Taten auf Kreisliganiveau.

W er wissen will, wie sich diese Bundesregierung beim Klimaschutz engagiert, der sollte sich die "Klimaschutzinitiative" 2008 ansehen. Mit großen Worten stellte das Kabinett vor einem Jahr dafür 400 Millionen Euro in den Haushalt ein. Nach acht Monaten wurden gerade einmal 0,53 Prozent von diesem Etat ausgegeben. Nicht, weil es an sinnvollen Projekten fehlen würde, die man fördern könnte. Was fehlt, ist der Wille, das Geld zu verteilen.

Bild: taz

NICK REIMER ist umwelt- und energiepolitischer Redakteur bei der taz.

Das ist das Wesen deutscher Klimaschutzpolitik: Großspurigen Ankündigungen folgen politische Taten auf Kreisliganiveau. Seit Jahren betrachtet sich Deutschland als "Weltmeister" in Sachen Klimaschutz. Seit Jahren aber mangelt es an politischen Instrumenten, die geeignet wären, den Ausstoß von Treibhausgasen tatsächlich drastisch zu reduzieren. Der Weltklimarat, der für sein Wirken mit dem Friedensnobelpreis bedacht wurde, warnt seit Jahren: Bis 2020 muss der Einstieg in eine kohlendioxidfreie Wirtschaft vollzogen sein. Doch seit Jahren hält die bundesdeutsche Politik an den fossilen Strukturen fest.

Das klägliche Scheitern der Klimaschutzinitiative ist nur ein kleiner Mosaikstein, der sich ins fatale Gesamtbild fügt. Gestern erst hat Umweltminister Gabriel seine Forderung nach mehr Kohleverstromung bekräftigt. Der Meinung, dass "Kohle gleich schlechtes Klima" sei, müsse entgegengetreten werden. Dabei ist völlig klar: Wer heute noch milliardenteure Kohleblöcke fordert, der will nicht den Weg ins kohlendioxidfreie Zeitalter beschreiten. Denn neue Kohlekraftwerke kosten Milliarden, sorgen für Millionen Tonnen an Kohlendioxid und binden zudem Kapital, das für die Energiewende notwendig wäre. Das Problem der Zukunft lässt sich nicht mit Technologien aus dem letzten Jahrhundert lösen. Doch die Politik weigert sich, diesen Lehrsatz zur Kenntnis zu nehmen.

Politische Ziele zu formulieren ist eine Sache. Eine andere ist es, die Voraussetzungen zu schaffen, damit diese Ziele dann auch erreicht werden. Ob bei der Klimaschutzinitiative oder bei den Kraftwerken: das, was diese Regierung vorlegt, funktioniert nicht.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Nick Reimer
Seit 1998 bei der taz (mit Unterbrechungen), zunächst als Korrespondent in Dresden, dann als Wirtschaftsredakteur mit Schwerpunkt Energie, Klima und Landwirtschaft, heute Autor im Zukunftsressort.
Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!