Kommentar Rassismus in Italien: Hass wird geschürt

Parolen an den Hauswänden, Leserbriefe in Zeitungen und ein Politiker, der den "Rumänen-Notstand" ausrift. Die mitte-links-Regierung Italiens riskiert rassistische Pogrome.

Rumänen raus, Tod den Rumänen - solche Parolen pragen in den letzten Tagen immer häufiger auf den Hauswänden in Rom. Und es ist nicht etwa eine kleine Minderheit der italienischen Bürger, die so denkt. Ob am Tresen der Kaffeebar, an der Bushaltestelle oder an der Kasse im Supermarkt: Die Menschen überbieten sich in Tiraden gegen das "Gesocks", und eine gemäßigte Zeitung wie der Corriere della Sera veröffentlicht einen Leserbrief, dessen Schreiber von der "Gefährlichkeit der rumänischen Bevölkerung" schwadroniert.

Hass macht sich breit, der zuerst und vor allem von den Medien geschürt wird. Wann immer in den letzten Monaten ein Rumäne als Täter in Erscheinung trat, wurde die Berichterstattung zur politischen Kampagne. Und die Politiker, vor allem von rechts, hängten sich gerne dran. Jetzt aber, nach dem letzten Mordfall in Rom, hat Walter Veltroni die Initiative an sich gerissen. Er ruft den Kampf aus gegen den "Rumänen-Notstand". Schließlich läuft er sich warm als Nachfolger Romano Prodis, und deshalb meint er wohl, er könne sich eine offene Flanke auf der Rechten nicht leisten.

Doch seine Rechnung wird nicht aufgehen. Denn eine Politik, die Ängste ernst nimmt, indem sie den Notstand verkündet, trägt kaum zu größerem Sicherheitsempfinden bei. Im Gegenteil: Sie trichtert den Menschen ein, die Lage sei hochdramatisch - auch wenn Italiens Kriminalitätsstatistiken das gar nicht hergeben. Dafür erzeugen die Bilder von den Großeinsätzen gegen Roma-Camps das Gefühl, Italien sei gleichsam im Krieg gegen die "heranbrandende Flut" der Elendsgestalten.

So auch macht Veltroni die Flanke nach rechts nicht zu, sondern öffnet sie bloß noch weiter. Schon fragt der Chef der rechten Alleanza Nazionale Gianfranco Fini: Warum bloß kriminelle Ausländer rausschmeißen, warum nicht durch die Bank alle Habenichtse? Da wundert es kaum mehr, wenn brave italienische Bürger schon die Antwort parat haben und gleich selbst auf Rumänen losgehen. Von der Pogromstimmung ist es nicht weit zum Pogrom. MICHAEL BRAUN

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Promovierter Politologe, 1985-1995 Wissenschaftlicher Mitarbeiter an den Unis Duisburg und Essen, seit 1996 als Journalist in Rom, seit 2000 taz-Korrespondent, daneben tätig für deutsche Rundfunkanstalten, das italienische Wochenmagazin „Internazionale“ und als Wissenschaftlicher Mitarbeiter für das Büro Rom der Friedrich-Ebert-Stiftung.

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