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Kommentar „Radverkehrsplan 2020“Halbherzigkeit auf jeder Ebene

Malte Kreutzfeldt
Kommentar von Malte Kreutzfeldt

Der „Radverkehrsplan 2020“ fordert viel, an der Umsetzung hapert es jedoch gewaltig. Deutschland hinkt den Niederlanden und Frankreich hinterher.

A uf 88 Seiten schildert die Bundesregierung im frisch verabschiedeten „Radverkehrsplan 2020“, was alles getan werden könnte, sollte oder müsste, um mehr Menschen zum Fahrradfahren zu bringen. Inhaltlich gibt es da wenig zu meckern.

Viel zu kritisieren gibt es hingegen, wenn man sich die Umsetzung der Wünsche und Pläne ansieht. Denn der Bund, der im Radverkehrsplan weitgehende Forderungen an Länder und Kommunen stellt, versagt bei jenen Bereichen, die er selbst in der Hand hat.

Der Plan fordert mehr und bessere Radwege an Bundesstraßen – die Regierung streicht die Mittel zusammen. Der Plan fordert besseren Schutz vor Unfällen – der Bund verzichtet weiterhin darauf, die besten Spiegelsysteme gegen den „toten Winkel“ von Lkws verbindlich zu machen. Der Plan fordert bessere Vernetzung von Bahn und Rad – die in Bundesbesitz befindliche Bahn verweigert weiterhin den Fahrradtransport im ICE.

Bild: taz
Malte Kreutzfeldt

ist Redakteur für Wirtschaft und Umwelt im Parlamentsbüro der taz. Er twittert unter MKreutzfeldt.

Diese Halbherzigkeit in der Fahrradpolitik in Deutschland findet sich auch auf kommunaler Ebene. Geredet wird viel – doch das Handeln stockt schnell, wenn Gelder in die Hand genommen werden oder Platz und Rechte von Autofahrern beschränkt werden müssten. Während Deutschland sich immer noch als Vorreiter fühlt und Applaus für neue Ankündigungen erwartet, zeigen Kopenhagen und auch Paris mit breiten, durchgängigen und teilweise kreuzungsfreien Radrouten längst, wie moderne Radverkehrsplanung funktioniert.

Das alles wäre auch in Deutschland möglich. Der Radverkehrsplan zeigt, dass die Konzepte vorliegen. Und angesichts der wachsenden Zahl von RadfahrerInnen wären sie politisch auch durchsetzbar. Doch Ankündigungen reichen dafür nicht. Man muss sie schon ernst meinen.

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Malte Kreutzfeldt
ehemaliger Redakteur
Jahrgang 1971, war bis September 2022 Korrespondent für Wirtschaft und Umwelt im Parlamentsbüro der taz. Er hat in Göttingen und Berkeley Biologie, Politik und Englisch studiert, sich dabei umweltpolitisch und globalisierungskritisch engagiert und später bei der Hessischen/Niedersächsischen Allgemeinen in Kassel volontiert.   Für seine Aufdeckung der Rechenfehler von Lungenarzt Dr. Dieter Köhler wurde er 2019 vom Medium Magazin als Journalist des Jahres in der Kategorie Wissenschaft ausgezeichnet. Zudem erhielt er 2019 den Umwelt-Medienpreis der DUH in der Kategorie Print.
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2 Kommentare

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  • L
    LutzL

    Radwege? Ein Euphemismus für Rad-Weg-Sperr-Zone.

     

    In den ersten Jahren meiner all-wetter Rad-Karriere versuchte ich Fußgänger dort mit der Klingel zu vertreiben. Dann merkte ich das ich zu Fuß auch dann und wann dort wandelte wo eigentlich Räder fahren sollten.

     

    Jetzt pfeife ich, auf das Klingeln reagierten die wenigsten, auf das Pfeifen die meisten. Pfeifen scheint das Hirn leichter zu erreichen! Jedenfalls freundliches ... ja und ich kann meine Stimmung dabei übertragen: gelassen, gestresst oder Gefahr!

     

    Wenn ihr demnächst umeinander herum laufende Fußgänger vor den Lenker bekommt probiert mal mit der Melodie die euch in den Sinn kommt, wenn sie nicht reagieren wechsel ich zum kurzen schnellen Gefahr-Staccato.

     

    Zumindest unterbewusst nehmen die Leudz wahr, das jemand kommt, wie schnell er/sie kommt, plus die Stimmung des Nahenden.

     

    Ein mal hatte ich eine negative Reaktion: "Ich bin doch kein Hund!" ich hät' fast über die Schulter gerufen: "Warum tragen sie dann Pelz!"

  • C
    Christoph

    Radwege schützen - Autofahrer vor der Belästigung durch die radfahrende Verkehrskonkurrenz.

     

    Gepflasterte Radwege, im Zickzack um Beete, Glascontainer und Parkbuchten herumgeführt, verschwenden Geld und Muskelenergie. Dann doch bitte lieber die Straßen etwas breiter teeren und rechts Platz lassen für den Fahrradverkehr. Die arbeitslosen Pflasterarbeiter werden dann umgeschult zu Falschpark-Abschleppern, und alles läuft rund!

     

    Neulich träumte ich von einer mehrspurigen Radbahn: wenn wir auf die Überholspur wollten, mussten wir auf mindestens 15 beschleunigen und unsere LED-Blinker setzen. Die hatten wir von Aldi, alle handsigniert von Ramsauer.