Kommentar Radikalere Umweltschützer: Greenpeace fängt wieder an
Die Umweltbewegung ist viel zu behäbig geworden. Um heute etwas für den Umweltschutz errreichen zu können, müssen Umweltschützer wieder die Konfrontation suchen.
U mweltschützer müssen radikaler werden, wenn es in Deutschland auch künftig noch eine Umweltbewegung geben soll. Darum ist es gut, dass die Aktivisten von Greenpeace jetzt Felsbrocken ins Meer werfen, um zu verhindern, dass hochtechnisierte Industrieflotten mit ihren unersättlichen Netzen den Ozean leer fischen. Protest braucht neue Inszenierungen. Nur so lassen sich Politiker, die Klimaprobleme und Artensterben vernachlässigen, unter Druck setzen.
In den vergangenen Jahren sind die deutschen Umweltverbände viel zu behäbig und bürokratisch geworden. Die Umweltstiftung WWF gibt sich wirtschaftsnah, der Nabu kooperiert mit Volkswagen, der BUND fällt auch nicht weiter durch Konfrontationen auf. Die Ökoszene verwaltet sich selbst; sie ist fahrlässig unspektakulär. Sicher, beim G-8-Gipfel in Heiligendamm drangen Greenpeace-Boote in die Sperrzone ein. Nur: Das riskante Manöver war medientauglich, machte aber keinen Sinn. Die Aktivisten hatten lediglich eine Protestnote dabei, die sie den Staatschefs überreichen wollten. Ein Schreiben können Politiker schnell überfliegen - und wieder weglegen. Wer die Massen ansprechen will, der braucht Kampagnen, die spektakulär sind und den Verantwortlichen zugleich praktikable Lösungen präsentieren. Anders als früher reicht es heute nicht mehr aus, auf Schlote zu klettern oder mit Schlauchbooten Waljäger zu rammen. Diese Bilder sind so oft ausgestrahlt worden, dass sie keinen Eindruck mehr schinden. Kein Sender schickt dafür noch seine Kamerateams los.
Darum ist die Tausend-Steine-Aktion auch nicht nur ein Mittel gegen Hochseefischer und Sandbagger. Sie attackiert vor allem die regierungsfreundliche Trägheit, die sich unter Ökokämpfern eingeschlichen hat, seit Rot-Grün an der Macht und der Feind scheinbar weggebrochen war. Und während der Umweltminister die Ökoschäden der Aktion prüft und die Fischer Strafanzeige stellen, können sich zudem die Fische im neuen Refugium erholen. Der Politikwechsel bei den Umweltschützern zeigt: Es geht nicht ohne Konfrontation.
Lesen gegen das Patriarchat
Auf taz.de finden Sie eine unabhängige, progressive Stimme – frei zugänglich, ermöglicht von unserer Community. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Protestaktion gegen CDU-Chef Merz
Alle Tassen im Konrad-Adenauer-Haus?
Vertreibung von Palästinensern
Amerikaner in Gaza
EU-Antwort auf Putin und Trump
Zu wenig und zu spät
CDU-Politiker boykottiert Radio Bremen
Zu links, zu grün, zu schlecht
USA in der Ukraine
Geheime Verhandlungen mit der Opposition
Wahlbeteiligung bei Hamburg-Wahl
Wählen geht, wer Geld hat