Kommentar Radikalere Umweltschützer: Greenpeace fängt wieder an
Die Umweltbewegung ist viel zu behäbig geworden. Um heute etwas für den Umweltschutz errreichen zu können, müssen Umweltschützer wieder die Konfrontation suchen.
U mweltschützer müssen radikaler werden, wenn es in Deutschland auch künftig noch eine Umweltbewegung geben soll. Darum ist es gut, dass die Aktivisten von Greenpeace jetzt Felsbrocken ins Meer werfen, um zu verhindern, dass hochtechnisierte Industrieflotten mit ihren unersättlichen Netzen den Ozean leer fischen. Protest braucht neue Inszenierungen. Nur so lassen sich Politiker, die Klimaprobleme und Artensterben vernachlässigen, unter Druck setzen.
Hanna Gersmann ist stellvertretende Leiterin des taz-Ressorts Wirtschaft und Umwelt.
In den vergangenen Jahren sind die deutschen Umweltverbände viel zu behäbig und bürokratisch geworden. Die Umweltstiftung WWF gibt sich wirtschaftsnah, der Nabu kooperiert mit Volkswagen, der BUND fällt auch nicht weiter durch Konfrontationen auf. Die Ökoszene verwaltet sich selbst; sie ist fahrlässig unspektakulär. Sicher, beim G-8-Gipfel in Heiligendamm drangen Greenpeace-Boote in die Sperrzone ein. Nur: Das riskante Manöver war medientauglich, machte aber keinen Sinn. Die Aktivisten hatten lediglich eine Protestnote dabei, die sie den Staatschefs überreichen wollten. Ein Schreiben können Politiker schnell überfliegen - und wieder weglegen. Wer die Massen ansprechen will, der braucht Kampagnen, die spektakulär sind und den Verantwortlichen zugleich praktikable Lösungen präsentieren. Anders als früher reicht es heute nicht mehr aus, auf Schlote zu klettern oder mit Schlauchbooten Waljäger zu rammen. Diese Bilder sind so oft ausgestrahlt worden, dass sie keinen Eindruck mehr schinden. Kein Sender schickt dafür noch seine Kamerateams los.
Darum ist die Tausend-Steine-Aktion auch nicht nur ein Mittel gegen Hochseefischer und Sandbagger. Sie attackiert vor allem die regierungsfreundliche Trägheit, die sich unter Ökokämpfern eingeschlichen hat, seit Rot-Grün an der Macht und der Feind scheinbar weggebrochen war. Und während der Umweltminister die Ökoschäden der Aktion prüft und die Fischer Strafanzeige stellen, können sich zudem die Fische im neuen Refugium erholen. Der Politikwechsel bei den Umweltschützern zeigt: Es geht nicht ohne Konfrontation.
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