Kommentar Proteste in Warschau: Wirtschaftskrise, jetzt auch in Polen
Der polnische Premier konnte wichtige Reformen aufschieben, weil die Kredite und Investitionen aus der EU kamen. Das ist nun vorbei.
N un holt auch Polen die Wirtschaftskrise ein. Bislang hatte der liberalkonservative Premier Donald Tusk Polen mit Geschick und auch mit Glück durch die weltweite Finanz- und Wirtschaftskrise gelenkt. Nun muss er zugeben, dass im Haushalt 2013 ein mehrere Milliarden großes Loch klaffte.
Plötzlich jagt eine Hiobsbotschaft die andere: Die in der Verfassung verankerte Schuldenbremse muss gelockert werden, weil sonst Zwangssparmaßnahmen greifen. Das Wachstum liegt nur noch bei gut einem, statt bei 4 Prozent, die Arbeitslosigkeit steigt auf 13 Prozent.
Donald Tusk genoss einen großen Vertrauensvorschuss, als er 2011 zum zweiten Mal in Folge die Wahlen gewann. Die Gesellschaft erwartete Reformen von ihm. Die wichtigste, die Reform der öffentlichen Finanzen, hat er bislang vermieden. Tusk setzte auf Investitionen. Die Milliarden-Zuschüsse aus Brüssel lagen gewissermaßen auf der Straße. Die Wirtschaft brummte.
Doch der Eigenanteil an den Infrastrukturmaßnahmen, die Auslandseinsätze der Armee und die enormen Sozialausgaben ließen die Schulden auch immer weiter steigen, selbst in den Jahren guter Konjunktur und steigender Steuereinnahmen.
Polens Wähler und Wählerinnen sind von Tusk enttäuscht. Zu Recht. Denn die Regierung hat das Vertrauen in ihren wirtschaftlichen Sachverstand verspielt. Immerhin haben die drei Parteimitglieder, die in der Vergangenheit immer wieder gegen die Fraktionsdisziplin im polnischen Abgeordnetenhaus verstoßen hatten, inzwischen die Partei verlassen. Will Tusk noch erneut die Wahlen gewinnen, müssen er und seine Regierung jetzt endlich auf Reformkurs gehen.
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